sechsundzwanzig

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"Jungkook?", fragte Taehyung in den Hörer, während er mehrere Lebensmitteltüten auf den Armen balancierte und versuchte, auch noch gleichzeitig den Knopf für den Aufzug zu drücken.

"Ja- ja...bin da", kam es etwas gehetzt aus dem Hörer, woraufhin Taehyung schmunzeln musste. Er hatte es mittlerweile geschafft sich selbst und die Einkäufe in den Aufzug zu verfrachten, das Handy zwischen Ohr und Schulter steckend. "Julyn hat sich für später angekündigt. Sie bringt was zu essen mit. Sie fragt, ob du lieber chinesisch oder Thai willst?"

"Chinesisch."

"Alles klar, richte ich ihr aus. Wann kommst du heim?"

"Ich bin fast da."

"Okay, bis gleich", lächelte Taehyung ins Telefon.

"Taehyung-"

"Hm?"

"Ich liebe dich."

"Ich dich auch."

Der Aufzug hielt genau vor Taehyungs und Jungkooks Penthousewohnung, lächelnd trat Taehyung aus dem Aufzug und begann die Einkäufe wegzuräumen.

Ungefähr ein halbes Jahr war es her, dass Taehyung seinen Namen in der Kumstgallerie das erste Mal unter einem Bild gesehen hatte. Taehyung wäre damals beinahe zusammengebrochen, traute seinen Augen nicht und vorallem nicht dem Fakt, dass sein Bild für Zwanzigtausend Dollar verkauft worden sein sollte. Der Tag war absolut überwältigend und der erste Schritt in ein neues Leben.

Jetzt besuchte Taehyung regelmäßig Kunstgallerien, hatte auch tatsächlich Zeit sich die Kunstwerke anzusehen und konnte auch seine eigenen dort betrachten.

Als Jungkook seinen Schulabschluss in der Tasche hatte und begann zu studieren, Medizin, waren sie zusammen in eine Wohnung in der Nähe des Campus gezogen. Jungkook hatte Taehyung wie eine Braut über die Türschwelle getragen.

Wenn Jungkook in der Uni war, verbrachte Taehyung seine Zeit in seinem persönlichen Atelier, ein Raum in ihrer Wohnung, extra für ihn eingerichtet und malte dort oder besuchte Workshops, um mehr über seine Kunst zu lernen und seine Techniken zu verbessern. So etwas wie eine Ausbildung hatte er schließlich nie gehabt. Aus dem Prostituierten war ein Künstler geworden.

Aber das wohl überraschendste war gewesen, als Jungkooks Mutter, Julyn, auf der Kunstgallerie auf ihn zugekommen war, sein Bild gelobt und sich bei ihm für ihr anfängliches Verhalten entschuldigt hatte. Sie legte für Taehyung alle ihre Vorurteile ab, gerade, als sie seine Hintergrundgeschichte erfuhr, tat sich viel in ihrem Kopf und sie war ehrlich erschüttert. Julyn, wie Jungkook selbst, hatte es in ihrem Leben nie schlecht gehabt und sich dementsprechend nie Gedanken um Menschen gemacht, denen es anders ging.

Sie verstand homosexuelle Liebe nicht. Durchaus nicht. Es war etwas, was in ihrer Kindheit schlecht geredet oder unter den Tisch gekehrt wurde. Sie konnte garnicht anders, als konservativ an die Sache ranzugehen. Aber das Wichtigste war, dass sie versuchte, es zu verstehen. Sie wollte, das Jungkook glücklich war. Und wenn Taehyung der Grund war, warum ihr Sohn glücklich war, dann sprach da definitiv nichts gegen. Mit Jungkooks Vater war es etwas schwieriger, er ließ sich nur auf Familienfeiern blicken, aber sie machten definitv Fortschritte.

Mit Julyn traf Taehyung sich mittlerweile mehrmals die Woche, sie gründeten eine Organisation, die es Frauen, die in Armut lebten, ermöglichte, abzutreiben.

Der Aufzug im Flur ging auf, Taehyung rannte augenblicklich aus der Küche und fiel Jungkook in die Arme. Er mochte zwar jetzt in einer schicken Wohnung leben, genug Geld für die Heizkosten und ausreichend zu Essen haben, aber er würde nie aufhören, das alles zu schätzen. Er würde nie vergessen, woher er kam.

𝐀𝐑𝐓 𝐃𝐄𝐂𝐎 | jjk.kth ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt