zwölf

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Als Taehyung wieder zu sich kam, befand er sich nicht länger auf dem nassen, kalten Boden. Er strich mit den Händen über das seidige Material, realisierte erst nach einigen Sekunden, dass er in einem Bett lag. Schwach blieb er im Kissen liegen, hatte nicht die Kraft aufzustehen und von hier zu verschwinden. Er wollte auch garnicht, das Bett war weich und warm und in seiner Wohnung war es kalt und hart.

Er vergrub seinen Kopf tiefer in den Kissen, zog die seidige Bettdecke bis unter seine Nase. Sein Hals tat weh und sein Kopf fühlte sich nebelig an. Hatte er sich also doch was eingefangen, irgendwann musste es ja soweit sein. Wie er wohl arbeiten gehen sollte, wenn er sich wirklich richtig doll erkältet hatte? Taehyung spürte einen Anflug von Panik, war aber schlicht und einfach zu müde um darüber nachzudenken und döste wieder ein.

Einige Zeit später schreckte er dann wieder hoch, die Bilder von vorhin... - oder gestern? Draußen war es hell - in seinem Kopf. Sein Herz begann unangenehm schnell zu schlagen, als er sich an die Situation zurück erinnerte, Tränen traten in seine Augen. Er hatte sich geschworen, dass ihm sowas nie wieder passieren würde, aber ob sowas passiert oder nicht kann man eben selbst nicht regulieren.

Schwerfällig setzte sich Taehyung in dem Bett auf, zog die Beine an den Körper. Sein Hals fühlte sich kratzig an, seine Augen wollten sich eigentlich direkt wieder schließen.

Er fühlte sich schmutzig.

So unglaublich schmutzig.

Tränen begannen seine Wangen herunter zu rollen. Er hatte sich schon oft prostituiert, klar, aber das war was vollkommen anderes.

Taehyung presste seine Lippen zusammen, schluckte den Schluchzer, welcher sich durch seine Lippen zwängen wollte, wieder herunter.

Jungkook.
Wenn er nicht da gewesen wäre, dann-
Taehyung schüttelte den Gedanken aus seinem Kopf, er wollte sich das nicht vorstellen. Eigentlich wollte er einfach nur für immer in diesem Bett liegen bleiben.

Stark zuckte er zusammen, als die Tür plötzlich ruckartig geöffnet wurde.

"Jungkook?! Bist du in deinem Zimmer?" Die fremde Frau sah sich im Zimmer um, bis ihr Blick schließlich an Taehyung hängen blieb, welcher mit großen Augen zurück starrte.

Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem strengen Zopf gebunden und sie trug einen Businessanzug. Taehyung fühlte sich augenblicklich wertlos.

Schließlich realisierte er, wo er war. Das war Jungkooks Zimmer. Natürlich, jetzt erkannte er es wieder.

Jungkook hatte ihn mit zu sich nach Hause genommen.
...und das hier war vermutlich seine Mutter.

"Jungkook!", rief die Frau erneut, ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich, sie musterte Taehyung abschätzig.

Schnelle Schritte waren schließlich auf dem Flur zu hören.

"Mum! Was machst du schon hier-" Etwas atemlos betrat Jungkook ebenfalls den Raum, sein Blick wechselte zwischen seiner Mutter und Taehyung.

"Jungkook, was macht dieser Mann in deinem Bett?! Guck doch mal wie er aussieht, fischst du jetzt schon Leute von der Straße? Hast du's so nötig-"

Jungkooks Gesichtsausdruck wurde kühl, er schob seine Mutter wortlos aus seinem Zimmer und schloss die Tür ab. Eine Weile hörte man es von draußen noch schimpfen, dann entfernten sich die Schritte.

Jungkook ging langsam zu seinem Bett, setzte sich vorsichtig auf die Bettkante.

"Wie geht's dir?", murmelte er, musterte Taehyung, welcher zur Antwort einmal nieste.

Taehyung zuckte zusammen, als Jungkook ihm seinen Handrücken auf die Stirn legte. "Ich denke, du hast Fieber."

"Ähm, ja, ich muss dann auch los", sagte Taehyung mit heiserer Stimme, machte Anstalten aus dem Bett zu klettern, aber Jungkook hielt ihn sanft davon ab.

"Vergiss es, ich lass dich doch so nicht weg." Jungkook sah Taehyung ernst an, welcher sich augenblicklich klein fühlte. Erneut fühlte er sich als der Jüngere, welcher von dem Größeren beschützt werden muss.

"Lauf nicht wieder weg, bitte", flehend blickte Jungkook ihn an, Taehyung nickte schlussendlich leicht.

Eine Weile war es still.

"Passiert sowas öfter?"

Mit seinen großen, rot unterlaufenen Augen schaute Taehyung zu Jungkook hoch, presste die Lippen zusammen und zuckte schließlich vollkommen nichtssagend mit den Schultern.

Jungkook seufzte leise auf. Er wollte Taehyung halten oder ihn berühren, sorgsam über seine Hand streicheln, aber er wollte den Älteren weder überfordern, noch verschrecken.

"Kann ich duschen gehen?", fragte Taehyung schließlich leise.

"Ja, natürlich."

Langsam kletterte Taehyung aus dem Bett, ihm tat alles weh. Seine Beine fühlten sich schwach an, knickten ihm weg. Beinahe wäre er auf den Boden gefallen, wenn Jungkook ihn nicht rechtzeitig aufgefangen und an seine Brust gedrückt hätte.

Taehyungs Herz schlug schnell gegen seine Brust.

"Sorry", sagte Jungkook schnell, wollte seine Hände wieder von Taehyungs Hüfte nehmen, doch dieser schüttelte nur langsam mit dem Kopf, drehte sich in Jungkooks Armen. Eine Weile sahen sie sich nur stumm an, Taehyung war bewusst, dass er schrecklich aussehen musste, aber es war ihm egal.

"Kannst du mitkommen?"

Jungkook nickte langsam mit dem Kopf. "Ja."

Taehyungs Schminke war komplett verlaufen, sein Gesicht voller schwarzer Streifen. Vorsichtig hielt er sein Gesicht unter den Wasserstrahl der Regendusche, wusch die ganze Farbe aus seinem Gesicht. Er schrubbte seine Haut mit Seife, bis sie rot und offen war.

"Hey", sagte Jungkook daraufhin sanft, er stand ebenfalls mit unter der Dusche, passte auf, falls Taehyung wieder fallen sollte. "Das reicht, du bist sauber."

Taehyung fühlte sich nicht sauber, aber Jungkooks Anwesenheit machte es irgendwie besser.

Diese Nacht schlief er nicht auf seiner Matratze mit Jungkooks Pullover in den Armen ein, sondern in Jungkooks Bett, in Jungkooks Armen.

𝐀𝐑𝐓 𝐃𝐄𝐂𝐎 | jjk.kth ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt