Zweifel

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Ich wollte in den Wald, dort wo ich meine Ruhe hatte, aber es sollte nicht so sein. Ich hörte Motorgeräusche und kurz darauf fuhr Carlisle in seinem Auto auf das Grundstück.
Er war nicht mal ganz ausgestiegen, als er meine schlechte Laune bemerkte. War es denn so offensichtlich?
,, Was ist passiert, Kind?", fragte er und schloss die Autotür. Ich zögerte. Wald oder Carlisle?
,, Wieso hast du mich in einen Vampir verwandelt?", fragte ich nach kurzer Überlegung. Nur einen Moment später bereute ich meine Frage und wollte sie zurück nehmen. Mein Kopf brummte, warum fragte ich so einen Schwachsinn? Ich sollte Carlisle dankbar sein, dass er mich gerettet hatte und mir dieses Leben ermöglicht. Rose hatte mich unheimlich schnell beeinflusst.
,, Du hattest es nicht verdient zu sterben", antwortete er und kam auf mich zu.,, Was ist passiert?", fragte er mich nun, als er vor mir stand.
,, Woher wusstest du das? Wieso hatte ich es nicht verdient?", erwiderte ich die Frage. Ich war vollkommen ernst und meine vorherigen Zweifel an der Frage waren verflogen. Vielleicht hatte Rose doch recht.
Carlisle kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.,, Wollen wir rein gehen? Dort können wir in Ruhe reden." Schwermütig nickte ich und ging mit gesenktem Kopf hinter ihm in sein Büro. Glücklicherweise trafen wir keine meiner Geschwister.
Im Zimmer angekommen öffnete mein Dad die Tür und wir traten ein, leise schloss er sie wieder und stellte sich dann nachdenklich, mit verschränkten Armen, vor seinen Schreibtisch. Ich stellte mich zwei Meter entfernt von ihm an die Wand und lehnte mich dagegen.
,, Ich beantworte dir alles, Samantha. Du kannst mich alles fragen", begann er irgendwann. Er suchte meinen Augenkontakt, den ich mied. Unnötigerweise atmete ich einmal tief durch.
,, Denkst du nie über den Sinn nach? Für immer zu leben, das ist so... lang. Ich bin zwar noch nicht mal volljährig und alle anderen schon mindestens 100 Jahre alt, aber... Ich war nicht einmal 15 als ich zum Vampir wurde. Versteh das bitte nicht falsch, aber denkst du, das war es wert?"
,, Für mich bestanden nie Zweifel daran, ob es ein Fehler war. Andererseits wärst du gestorben und das mit viel zu jungen Jahren. Mein Entschluss stand damals, nachdem du mir direkt in die Augen gesehen hattest. Du hattest unheimliche Schmerzen und ich fühlte mit dir." Er schwankte weiter in seinen Erinnerungen. Vorsichtig unterbrach ich ihn.
,, Ich kann mich kaum daran erinnern, dass du auch dort gewesen bist. Emmett und Jasper sind immer die ersten, an die ich denke, wenn ich mich an meine Verwandlung erinnere. Ich weiß, dass Emmett mich getragen und Jasper mich vor den Schlägen des Vampirs geschützt hatte. Ich hatte solche Angst und Schmerzen... Ich verlor später das Bewusstsein und hörte vor der Verwandlung deine und Jaspers Stimmen. Ich fürchtete mich damals so sehr und wollte nur weg, zu meiner Mom."
Die Wort, dass es so vielleicht besser gewesen wäre schluckte ich wieder runter.
,, Wir mussten schnell handeln, auch wenn ich dir unbedingt helfen wollte, war ich mir nicht unbedingt sicher, ob ich es nicht auch über den medizinischen Weg schaffen würde. Jasper redete auf mich ein, dass ich mich beeilen sollte, da dein Herz kurz davor war stehen zu bleiben und du unheimlich viel Blut verloren hattest. Glaub mir, hätte es eine Möglichkeit gegeben, dich nicht zu verwandeln, hätte ich sie sofort ergriffen. Es war die einzige Chance, mein Schatz."
,, Wenn ich nicht zum Vampir geworden wäre, hättest du mich trotzdem adoptiert?" Das war eine interessante Frage, wie ich fand.
,, Gewollt hätte ich es, gekonnt aber nicht. Es kann kein Mensch in einer Vampirfamilie leben. Es ist zu riskant... Ich hätte aber dafür gesorgt, dass es dir gut gehen würde." Er fuhr sich durch die Haare,  das Gespräch offenbarte so viel.
,, Aber mein Leben ist doch jetzt nicht schlecht, oder? Ich meine, wenn du diese Möglichkeit als letzte Chance sahst?"
Wieder überlegte Carlisle gut, bevor er geduldig antwortete.
,, Ob dein Leben schlecht ist, kann ich dir nicht sagen. Ich kann dir aber sagen, dass du in diesem Leben viel erlebt und erhalten hast. Du hast Seth und du hast uns alle, wir sind deine Familie und immer für dich da. Und zwar wirklich für immer", antwortete er öffnete seine Arme, um mich umarmen zu können. Ich flüchtete buchstäblich hinein und er nahm mich fest in die Arme.
,, Tut mir leid, dass ich so etwas frage. Über solche Sachen sollte ich mir frühstens in 100 Jahren Gedanken machen", nuschelte ich in sein Hemd.
,,Das Alter spielt kaum eine Rolle, Sam. Ich bin fast 400 Jahre alt, Tanya über 1000 Jahre, Emmett ist kaum 100 Jahre alt und du bist fast 16 Jahre alt. Es sind nur Zahlen, dabei steckt viel mehr dahinter und das muss dir bewusst werden. Es ist nicht nur diese unendlich lange Zeit die du miterlebst, es ist ein Leben. Dein Leben."
Er löste die Umarmung und sah mir in die Augen.
,, Es wird mir bestimmt irgendwann bewusst werden", bestätigte ich.
,, Da bin ich mir sicher", lächelte er.
,, Ich hätte aber noch eine Frage, Dad", sagte ich zögernd. Carlisle nickte auffordernd.
,, Wie ist das mit Seth? Werde ich irgendwann ohne ihn dastehen, ich kann mir das gar nicht vorstellen, ohne dass mir alles weh tut", fragte ich besorgt.
,, Du brauchst dir keine Sorgen um Seth zu machen, er ist auf dich geprägt und wird nicht altern, so lange er sich regelmäßig verwandelt. Daran brauchst du auf keinen Fall zu zweifeln, Seth liebt dich so sehr, wie du ihn. Er würde dich nicht alleine lassen", beruhigte er mich.
Ich glaubte Carlisle eher als Rosalie, so fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen.
,, Vielen Dank", bedankte ich mich.
,, Selbstverständlich, du bist meine Tochter." Er lächelte zufrieden.
,, Ich muss noch etwas arbeiten", erzählte er mit einem Wink auf seinen Schreibtisch und einem schiefen Lächeln, das Edwards nahe kam.
,, Ich geh schon, bis später", lachte ich neckisch und verschwand.

Mit wesentlich besserer Laune begab ich mich ins Wohnzimmer, da ich wusste, dass alle anderen jagen waren.
Ich war froh, dass Rose nicht mit allem recht hatte und ich mir keine Sorgen um Seth machen musste.
,, Nicht alle sind jagen, Süße", lachte plötzlich Edward hinter mir.
,, Hmm..."
,, Was war denn mit Rose?", fragte er neugierig und setzte sich neben mich aufs Sofa.
,, Ich will da jetzt nicht wieder drüber reden, Ed. Wo ist deine Bellamäusi?", fragte ich provokativ und lehnte mich zurück.
,, Sachen packen, Mäusi", antwortete er ebenso provokativ.
,, Sachen packen?"
,, Schon wieder vergessen? Wir fliegen dieses Wochenende nach Kalifornien", meinte er spöttisch.
,, Ach ja, das Thema hatten wir ja gerade erst...", brummte ich und erinnerte mich an unseren Streit.
,, Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb ich mit Bella wegfahre", beichtete er.
,, Und der wäre?"
,, Victoria wird hier nach Forks kommen, Alice hat sie in einer Vision gesehen", informierte er mich und ging dann in den Befehlston über,,, Ihr werdet sie jagen und vernichten, Sam. Es ist wichtig, dass ihr das schafft!"
,, Victoria", knurrte ich und mindestens 1000 verschiedene Arten sie zu quälen fielen mir ein.
,, Behalte diese Gedanken im Kopf", meinte er ernst. Ungewöhnlich, dass er so dachte.
,, Sei aber trotzdem vorsichtig, ja?", bat er kurz darauf und strich mir durch die Haare.
,, Dann fang du in Kalifornien nicht an zu glitzern", wies ich ihn in. Er verdrehte die Augen.
,, Ich meine das ernst!", knirschte Edward.
,, Keine Sorge, ich bin ja nicht alleine", besänftigte ich ihn.
,, Kommst du mit jagen? Bella kommt erst morgen wieder", fragte er dann und stand schon auf.
,, Ne, eher nicht. Seth kommt nachher noch vorbei. Ich möchte da sein, wenn er kommt", erwiderte ich.
,, Das gibt es doch wohl nicht, ein Hund wird mir vorgezogen. Du kommst mit, Sam!", meinte er kopfschüttelnd aber lachend. Er packte meinen Arm und zog mich vom Sofa.
,, Edward, aus! Vergiss es!", schrie ich und schlug auf ihn ein. Er lachte immer lauter.
,, Vergiss du es! Wir gehen jetzt jagen!", brüllte er gegen mich an und zog mich mit einen Ruck zu sich.
,, Hör auf!", kreischte ich, als er auch noch versuchte mich hochzuheben.
,, Eh-eh", er schüttelte den Kopf und trug mich tatsächlich aus dem Haus.
,, Ich gebe auf Edward, aber nur, damit ich wieder pünktlich zuhause bin!", murrte ich, damit er mich runter ließ und wir jagen gehen konnte.

Edward, der Klügere gibt nach. Also keine Sorge, ich besitze immer noch die Oberhand.

Ein Kampf um Respekt und Unsterblichkeit? -Die neue Cullen (Twilight fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt