Kapitel 32 [D]

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Drake Thompson


Überfordert werfe ich meine Schultasche hinter die Zimmertür und wechsle in meine geliebte Jogginghose und den dazugehörigen Pullover. Die schmutzige Kleidung von heute landet auf dem Schreibtischstuhl. Mit dem Vorhaben ein Nickerchen zu machen, lege ich mich aufs Bett und schalte mit der kleinen Fernbedienung die LED-Lichter über meinem Kleiderschrank an, die nun alle paar Sekunden zwischen den Farben des Regenbogens wechseln.

Tief atme ich aus und wieder ein, verschränke die Hände unter meinem Kopf und schließe die Augen. Ein wenig Ruhe wird meinem pochenden Schädel bestimmt guttun.


Es gibt diese bedeutenden Sekunden kurz vor dem Einschlafen. Wenn man dann, durch welche Quelle auch immer geweckt wird, fühlt man sich wie gerädert. Genau wie ich, denn ich bin durch unsere nervige Türklingel hochgeschreckt. Verwirrt taste ich nach meinem Handy und sehe, dass es noch zu früh ist, als dass meine Eltern bereits zuhause angekommen wären. Bedeutet im Umkehrschluss, dass ich alleine hier bin und der Einzige, der die Tür öffnen kann.

Mit schnellen Schritten flitze ich die Treppe runter, halte mich aufgrund meiner Müdigkeit nebenbei am Geländer fest und reiße unten angekommen die Haustür auf.

Und würde sie sogleich auch wieder zuschlagen, wenn Jennifer nicht ihren Fuß dazwischen geschoben hätte.

"Wie immer herzallerliebst, wie du deine ältere Schwester begrüßt", gibt sie zickig von sich und legt in der Garderobe Jacke und Schuhe ab. "Mum und Dad bezahlen nicht umsonst deine Wohnung. Was willst du hier?"

"Ich vermisse meinen kleinen Bruder, was denn sonst?", ihre Stimme trieft nur so vor Ironie. "Aber ernsthaft, haben die beiden es dir nicht gesagt?" Verwirrt runzle ich die Stirn.

"Ich bin für gewöhnlich der Letzte, der in diesem Haus irgendetwas erfährt. Die meisten Dinge die dich betreffen, will ich auch gar nicht wissen." Jen wirft mir daraufhin einen sauren Blick zu, ehe sie mich von oben bis unten genauestens mustert.

"Interessante Kleiderwahl. Schmeiß dich in Schale, Brüderchen, wir gehen heute gemeinsam mit unseren Eltern essen." "Pah! Auf gar keinen Fall! Der heutige Tag war für mich anstrengend genug, da gebe ich mir sicher nicht noch die geballte Ladung Familiendrama."

Jen grinst fies und zieht ihr Handy aus der Handtasche. Kurz darauf hält sie es mir vor die Nase und ich erkenne ein Bild von ihr und daneben einen Kerl, der so aussieht, als würde er Kellner im Restaurant auf Schreibfehler in der Speisekarte hinweisen. Ein schmieriger Schnösel.

Entnervt stöhne ich auf und schlage mit der flachen Hand gegen meine Stirn. "Bitte sag mir, dass das nur ein Studienkollege ist." Sogleich werden meine Hoffnungen aber mit einem Vorschlaghammer zertrümmert.

"Tut mir leid, Drakey. Das ist Jesper. Wir gehen seit einigen Wochen miteinander und da ich glaube, dass das was Ernstes werden könnte, wollten Mum und Dad ihn kennenlernen."

Und was zum Fick habe ich dort zu suchen?!

Doch meine Schwester kennt kein Erbarmen. Zügig scheucht sie mich nach oben und von Raum zu Raum, damit ich zumindest einigermaßen elegant aussehe. Für den Besuch in einem Restaurant, dessen Außenfassade bestimmt schon laut "Spießer!" schreit. Am Ärmel meines nur provisorisch und auf die Schnelle gebügelten Hemdes zieht sie mich in ihr Auto auf den Beifahrersitz.

Shit, jetzt habe ich auch noch meine Kopfhörer drinnen liegen lassen...

Jen tippt die Adresse des Treffpunktes in ihr Navi ein. Fünfundvierzig Minuten peinliche Stille erwarten mich also. Und danach weitere drei Stunden Folter. Beschissener kann mein Tag nun gar nicht mehr werden.

Bad Blood [BxBxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt