Kapitel 7 [J]

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Jordan Brooks


„Okay, um wie viel wetten wir?" Tim überlegt und schlägt eine Bestellung im Pizzaladen nebenan vor. „Einverstanden. Du hast bis morgen nach der Schule Zeit, mein Guter." Erics Kumpel grinst nur selbstsicher und stopft weiterhin das Mittagessen in seinen Mund. Tim ist seit Wochen in Heather verknallt – eine gute Freundin von Penny, nebenbei mal angemerkt.

Sie hat eher weniger auf seine Anmachsprüche oder Komplimente reagiert und da er nach dem nächsten Fußballspiel in einer Woche eine große Party feiert, um unseren sehr wahrscheinlichen Sieg zu feiern natürlich, möchte er bis dahin den Weg zu ihrem Herz finden – vielleicht auch nur den in ihr Höschen. Keine Ahnung, wie ernst es ihm ist. Von außen gibt er den coolen Sportler, aber innerlich könnte er ganz anders drauf sein.

Der Kollege soll bis übermorgen ein Date mit Heather klarmachen, um auf Kosten seines besten Freundes Eric im Pizzaladen essen zu können. Klingt wahnsinnig aufregend, nicht? Das sind schließlich die wenigen Dinge, über die an diesem Tisch geredet wird. Mädchen, Fußball, Partys und das Schlafen mit Mädchen. Wobei ich von letzterer Aktivität nichts hören möchte. Dementsprechend vergeht mir auch der Appetit, als Eric von seiner Nacht mit Davina erzählt.

Mit leicht angeekeltem Blick schiebe ich mein Tablett ein Stück von mir weg in die Mitte des Tisches und schaue mich um, den Gesprächen der anderen Fußballspieler keine Beachtung schenkend. Wenige Tische weiter sitzen Drake und Penny mit Heather. Während Penny Drakes Bein streichelt und sich angeregt mit ihrer Freundin unterhält, blättert Drake lustlos durch eine Motorrad Zeitschrift. Ein wandelndes Klischee, ich sage es doch.

Mein Blick schweift zum Eingang, wo ich den süßen Jungen erblicke, der vor zwei Tagen gegen meine Brust gerannt ist – mit dem Kopf voran. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als er unbeholfen das Buffet sucht und an den Ärmeln seines Sweatshirts zupft. Wie niedlich kann man sich eigentlich verhalten?

Wenig später setzt er sich an einen freien Tisch und bekommt Gesellschaft von Georgia. Ein total liebes Mädchen, wenn auch redebedürftig. Der Junge stochert voller Desinteresse in seinem Menü herum und nimmt nur wenige Bissen. Georgia beobachtet ihn währenddessen und versucht sich mit ihm zu unterhalten. Ob er ihr auch so giftige Kommentare zuwirft? Spricht er überhaupt mit ihr?

Ich kenne Georgia selbst schon seit Jahren. Sie ist meistens freundlich und immer hilfsbereit. Aber genauso anstrengend kann sie ebenfalls sein.

Meine Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf meine Teamkameraden, die größtenteils Tischmanieren haben, als hätten sie zwei Wochen in der Wildnis verbracht und nichts richtiges gegessen. Eric schaut mich amüsiert von der Seite aus an.

„Was?", frage ich knapp. „Wer ist es, Jordan?", summt er melodisch und lässt sofort einige andere am Tisch verstummen. Scheiße. „Wovon redest du, Alter?", frage ich und presse ein kurzes Lachen hervor, um die anderen davon zu überzeugen, er hätte sich etwas eingebildet. Wen ich wirklich angestarrt habe wie ein komischer Stalker, das werde ich bestimmt nicht während dem Mittagessen verraten.

„Deine Augen lagen beachtlich lange auf dem Tisch dahinten, wo unter anderem Ruby und Georgia sitzen", antwortet er, woraufhin einige am Tisch beginnen zu grölen und zu pfeifen. „Ach was, ich schaue mir halt die Mädchen an, mehr nicht." „Ich kann es dir nicht verübeln, Brooks. Ruby hat durchaus ihren ganz eigenen Charme."

Da spricht Dean aus Erfahrung, schließlich war er ein halbes Jahr mit der Schwarzhaarigen zusammen. Er sagt auch heute noch, dieser „asiatische Touch" wirkt auf ihn besonders anziehend. „Wenn du selbst die Ex-Freundinnen deiner Teammitglieder angaffst, solltest du echt etwas unternehmen", haut Tim noch raus, „Deine rechte Hand sollte nicht die ganze Arbeit übernehmen." Sofort ist mir wieder zum Kotzen zumute, während die anderen sich vor Lachen den Bauch halten.

Wie man so über etwas Intimes reden kann, bleibt mir ein Rätsel. Dass Sex nicht für jeden ein Akt der Liebe ist, weiß ich. Aber wieso muss sich jedes gottverdammte Klischee aus Liebesromanen im realen Leben bewahrheiten? Wieso müssen es die Sportkanonen sein, die regelmäßig weiblichen Besuch in ihrem Bett begrüßen und darüber reden, als wäre es ein Wettbewerb oder ein Spiel?

Es gibt Ausnahmen, auch bei uns. Leute wie Hugh und Steven, die sich auf ihre Zukunft konzentrieren und mit uns eher weniger abhängen, ebenso die Partys nach den Spielen meiden. Oder Paul, der seit zwei Jahren bereits mit Christine zusammen ist, die im Naturwissenschaftsclub ist und so gar nichts mit Mädchen wie Penny oder Heather am Hut hat.

Aber die meisten folgen nun einmal dem, was sie wahrscheinlich auf irgendeine Art und Weise vorgelebt bekommen haben. Und dann bin da ich. Vor einem Jahr entdeckt, dass ich mir mehr zu Jungs hingezogen fühle und total verängstigt, weil ich nicht weiß, wie die anderen reagieren werden. Ich stehe zu mir selbst, keine Frage. Aber man kennt die typischen Kommentare der Typen, wenn jemand sich als schwul outet. Dieser Typ müsste „sich dann in der Mädchenumkleide umziehen", weil andere „Angst davor haben, bedrängt zu werden".

So ein Dreck.

Bad Blood [BxBxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt