Kapitel 38 [D]

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Drake Thompson


"Was hast du denn schon wieder hier verloren?"

Jennifer sitzt mit überschlagenen Beinen am Tisch in der Küche, vor ihr steht ein Laptop, der im Moment Musik von Shawn Mendes abspielt und in ihrer Hand hält sie eine Tasse Kaffee.

"Ich bin deine Schwester, Drake. Ist es so unvorstellbar, dass ich ab und zu vorbeikomme?" Desinteressiert tippt sie weiter auf der Tastatur herum, nimmt zwischendurch einen Schluck aus der Tasse. "Ich habe dich am Wochenende erst gesehen und mein Bedarf an geschwisterlicher Fürsorglichkeit ist somit für die nächsten drei Jahre gedeckt", entgegne ich nur und suche im Kühlschrank nach etwas Essbarem, um meinen immer noch vorhandenen Hunger zu stillen. Das Essen der Schulkantine sättigt jemanden meiner Größe nicht wirklich. Kurzerhand fülle ich eine kleine Portion der gestrigen Spaghetti in eine geeignete Form und stelle diese in die Mikrowelle.

Gekonnt ignoriert meine Schwester meinen zynischen Kommentar. "Sollte ich nicht eigentlich verwundert darüber sein, dass DU hier bist?" Sie wagt einen kurzen Blick zur Uhr. "Ich hoffe wirklich, dass deine letzten Stunden einfach ausgefallen sind, aber wie ich dich kenne, bist du einfach mal wieder undiszipliniert."

Das Nörgeln liegt bei uns echt in der Familie.

"Solange ich nicht durchfalle und das Jahr wiederholen muss, bleibe ich auch so undiszipliniert... Musst du nicht mit deinem Schätzchen irgendwo irgendetwas erledigen? Wundert mich ja, dass er dir nicht komplett am Arsch klebt und dich sogar bis nach Hause verfolgt."

Sie wirft mir einen wütenden Blick zu, ehe sie seufzt und sagt: "Ich weiß, dass du ihn nicht magst. Herrgott, ich frage mich, ob du überhaupt jemanden mögen kannst", der Laptop wird zugeklappt, womit auch die Musik verstummt, "Aber Jesper ist einfach gut für mich. Es macht mich glücklich, in seiner Nähe zu sein. Und obwohl du denken magst, dass wir wie ein altes Ehepaar auf der Couch sitzen und über die politische Lage des Landes oder den Anbau von Gemüse diskutieren, ist es erfrischend und aufregend, mit ihm Zeit zu verbringen."

"Pf, du scheinst meine Gedanken wohl lesen zu können", grummle ich nur und ziehe mein Handy aus der Hosentasche, welches mir meine Schwester allerdings sofort wegnimmt. "Ich bin deine Schwester, du Idiot. Ich kenne dich besser, als du dir vorstellen kannst. Ich kann mir denken, was du von den Typen gehalten hast, die ich auch früher schon angeschleppt habe. Aber Jesper ist anders."

Dass ich nicht lache. Welches Sitcom-Drehbuch hat sie hier auswendig gelernt?

"Entgegen deiner Einschätzung zeigt er mir Dinge, die ich vorher nicht kannte. Ich besuche Orte, von denen ich vorher nicht gedacht habe, dass sie mir so sehr gefallen könnten. Und obwohl er wie ein reiches Muttersöhnchen aussieht und ich weiß genau, dass du diesen Eindruck hattest, bringt er mich immer wieder an neue Grenzen. Ich war mit ihm Fallschirmspringen und du weißt, dass ich seit Kindheitstagen Höhenangst habe!"

Das Bimmeln der Mikrowelle lässt uns beide verstummen. Schnell nehme ich die Schüssel heraus, greife nach Besteck und schultere meinen Rucksack. Bevor ich mich in mein Zimmer verziehe, gähne ich ausgiebig und drehe mich dann nochmal zu Jen um.

"Wenn er dich verletzt, mache ich ihn trotzdem fertig."

Ganz abgestorben ist meine Seele offensichtlich noch nicht.



Mittlerweile ist es kurz vor 18 Uhr. Für mich bedeutet das, meine Sportklamotten anzuziehen und mich zu meinem Job aufzumachen, den ich seit einem halben Jahr ausübe und durch welchen ich mir sowohl das Auto als auch meinen Handytarif monatlich finanzieren kann. Wie man sicherlich bemerkt hat, möchte ich mich so schnell wie möglich von meinen Eltern abkapseln, da sie mir so oder so keine finanzielle Unterstützung für ein Studium oder das Auto unterbreiten würden. Schließlich sind meine Noten gerade mal in dem Bereich, dass man mich mit großzügigem Augen zudrücken in die nächste Stufe schickt.

"Drake, da bist du ja!" "Tut mir leid, Michael, die roten Ampeln wollten mich einfach nicht weiterfahren lassen", erkläre ich total verschwitzt meinem "Arbeitgeber". Michael ist der Sportlehrer in einer Grundschule und bietet hier wöchentliches Basketball Training für 9- bis 14-jährige Schüler an. Nicht immer, aber ab und zu braucht er Verstärkung, weswegen er mich darum gebeten hat, auszuhelfen.

"Kein Problem, wir scheinen heute auch keine allzu große Truppe zu sein. Es fehlen nur noch Tommy und Derek, aber das war zu erwarten", sagt er und verschwindet selbst in der Umkleide. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass mir die Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen auf irgendeine Art Freude bereiten könnte. Es ist erstaunlich angenehm... Bitte lass das nie jemanden aus meiner Stufe erfahren.

Obwohl ich gestehen muss, dass der primäre Grund für diesen Job der Sport an sich ist. Ich selbst habe mit 11 Jahren angefangen, Basketball zu lieben und wer weiß, vielleicht schaffen es Michael und ich auch, diese Liebe für den Sport in einem der Kinder hier zu wecken.

Ich darf zwar nicht mehr in der Mannschaft meiner Schule spielen, aber ganz aus meinem Leben werfen werde ich Basketball nie.

"Hey, Drake. Kannst du uns beiden später wieder helfen?", holt mich eine Jungenstimme aus meinen Gedanken. Gerade in der Sporthalle angekommen sind Derek und Tommy - unsere "Problemkinder". Michael hat als Lehrer natürlich nicht viele Infos über das Privatleben der Schüler und selbstverständlich hält er auch dicht, wenn es um familiäre Probleme geht. Aber er hat schon zu Beginn durchsickern lassen, dass die beiden Jungs es nicht gerade einfach haben. Vor allem Tommy erinnert mich ein wenig an mich selbst, zumindest vom Auftreten her. War aber zu erwarten, dass ausgerechnet ich mit den beiden gut klarkomme, oder?

"Natürlich, wenn Michael heute kein strenges Programm geplant hat. Aber jetzt geht euch erstmal umziehen, ihr wart schon wieder die letzten", antworte ich Derek und sehe den beiden 14-Järigen hinterher, als sie lachend in der Umkleide verschwinden.

Die Zeit vergeht wirklich viel zu schnell.


A/N

Hellooo und willkommen zur "Lesenacht"! :D

Muss leider vorwarnen, dass das nächste Kapitel erst um 22 Uhr ca. kommt, da wir heute überraschend Besuch bekommen haben und ich die Zeit gerne so genießen würde.. :c Hoffe, ihr nehmt mir das nicht übel.

Dafür gibt es mal einen kleinen Einblick in Drakes Privatleben - wir wissen nun, womit er sein Geld verdient und wie er eigentlich über die Beziehung seiner Schwester denkt. Klar, die beiden haben nicht das beste Verhältnis, aber trotzdem ist dieses Geschwisterband anscheinend nicht ganz zerbrochen.. <3

Bis später dann und genießt den Abend, meine Lieben! :))

Bad Blood [BxBxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt