Kapitel 2 [J]

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Jordan Brooks


Ich bringe unsere leeren Kuchenteller zu Lili an die Theke und bemerke schon auf dem Rückweg Eddys verbissenen Gesichtsausdruck. Verwirrt setze ich mich wieder.

„Jordan, du musst jetzt ganz ruhig bleiben, okay?"

Verwirrter als eh schon frage ich ihn was los ist, was er mit einem Kopfnicken in Richtung Eingang beantwortet. Sofort versiegt auch meine gute Laune.

Soeben hat der Junge das Café betreten, den ich noch weniger leiden kann als alle anderen Idioten unserer Schule zusammen – und es gibt wirklich genug davon. Drake Thompson hält sich seit Anbeginn der Oberstufe für den Bad Boy der Lakewood High und verkörpert dies vor allem durch sein machohaftes Auftreten, die typische schwarze Kleidung und das frisch gestochene Tattoo, welches sich über den Oberarm zieht.

Als ob er direkt einem klischeehaften Liebes- oder Gangsterroman entsprungen wäre.

Obwohl ich denke, dass er wohl eher der Gruppe „große Klappe, nichts dahinter" zuzuordnen ist, scheißen sich die Jüngeren trotzdem in die Hosen, wenn er die Gänge entlang läuft. Im Schlepptau immer dabei: Penelope Davis, eines der schönsten Mädchen der Schule und Leiterin der Tanzgruppe der Mädchen.

Schon früh haben wir unsere Abneigung dem anderen gegenüber öffentlich gezeigt. Das Band der Rivalität und das Gefühl der Abscheu besteht seit guten sechs Jahren und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass es nie endet. Richtig schlimm wurde es allerdings erst mit Beginn der neunten Klasse. Wenn ich nur an die ganzen Alpträume denke, die der Wichser mir damals mit seinen widerlichen Aktionen und Pranks verpasst hat...

Aus meinen hasserfüllten Gedanken werde ich erst gerissen, als Drake gemeinsam mit seiner Freundin direkt vor mir steht.

„Ein schöner Ort für den Zeitvertreib am Nachmittag, oder?", grinst er selbstgefällig und ich beherrsche mich jetzt schon, um ihm nicht an Ort und Stelle die Nase zu brechen. Seine Stimme war zwar schon immer ungewöhnlich tief, aber jetzt kommt noch dieses Raue in ihr hinzu. Aber was erwartet man auch, er hängt jede Pause an seinen Zigaretten. Süchtig nach dem Rauchen – wieder eine Eigenschaft, die er sich aus den Jugendbüchern seiner Freundin abgeschaut haben muss.

„Deshalb sitze ich hier. Jedoch in der Hoffnung, dass du deine widerwärtige Fresse direkt aus meinem Sichtfeld bewegst. Leute wie du sind hier eher weniger willkommen."

„Du könntest auch einfach woanders hinsehen, Brooks, wenn ich tatsächlich so widerwärtig bin."

Da Eddy nicht meine Schule besucht und Drake nur vom Sehen und aus meinen Erzählungen kennt, greift er sofort ein. Ich denke, dass er nicht gerade scharf auf eine Live-Performance in Sachen Schlägerei ist.

„Hör mal, meiner Tante gehört dieses Café und wenn du nur hier bist, um Jordan auf den Sack zu gehen, lasse ich dich gerne rauswerfen", er steht währenddessen auf und deutet Drake an, zu verschwinden.

„Komm Drake, lass uns keine Szene machen", wirft Penelope, von allen Penny genannt, mit leiser Stimme ein und zupft, ohne Erfolg allerdings, an Drakes T-Shirt. Er jedoch rollt nur mit den Augen und widmet sich erneut mir.

„Hast du jetzt schon einen Aufpasser angeheuert? Oh man, echt erbärmlich. Traust dich wohl nicht mehr auf die Straßen. Verständlich, schließlich würde ich dort nicht zögern, dir dein Gesicht zu zerquetschen. Mit meinen Fäusten versteht sich hoffentlich."

Wenn dieses Arschloch eines kann, dann ist es provozieren. Er weiß nach all der Zeit natürlich genau, wie er mich aus der Reserve locken kann. Weswegen es auch nicht lange dauert bis ich vor ihm stehe und ihn mit wütenden Blicken bombardiere. „Meinetwegen können wir sofort raus auf die Straße gehen. Dann können alle sehen und gerne mit ihren überteuerten iPhones aufzeichnen, wie ich dir den Arsch versohle und dich ins nächste Krankenhaus befördere."

Das Feuer lodert praktisch in Drake und ich weiß, dass er kurz vorm Explodieren ist. Der Hass in seinem Blick wirkt unendlich; keine neue Situation für uns. Keine Woche vergeht, in der wir uns nicht irgendwo prügeln. Selten auf dem Schulgelände, da uns dies nur einen Verweis oder eine Suspendierung einbringen würde. Stattdessen treffen wir meistens an den Bushaltestellen aufeinander und wenn einer von uns einen schlechten Tag hatte, eskaliert es ziemlich schnell.

„Wäre ja nicht dein erstes Mal dort, oder?"

Damit reißt auch sein letzter Geduldsfaden. „Du kleiner...", augenblicklich hebt er seine Faust für den ersten Schlag, doch wird von Lili gestoppt, welche die Situation von der Ladentheke aus offensichtlich beobachtet hat.

"HEY!"

Ertappt drehen wir uns zu ihr. Sie wirkt erschöpft und zeigt nach draußen. „Wenn ihr euch wirklich weiterhin wie Kleinkinder verhalten wollt, verschwindet aus meinem Café und klärt das weit weg von hier. Die Leute wollen sich hier entspannen und essen, falls euch das nicht aufgefallen ist."

Schnaufend gibt sich mein Gegenüber geschlagen. „Das hier ist nicht vorbei, Brooks", flüstert er mir noch bedrohlich zu und steuert dann den Ausgang an. Penny, die immer noch ängstlich an der Seite steht, rennt ihm augenblicklich nach. Armes Mädchen. Sie ist vielleicht nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber eigentlich echt nett und ausgerechnet auf so einen Kotzbrocken wie Drake fällt ihre Wahl...

Bad Blood [BxBxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt