Kapitel 13 [D]

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Drake Thompson


„Ich bin fast down, Leute... Verdammt! Es kann doch nicht so schwer sein, gegen diese Typen zu gewinnen, die sind doch gerade mal Rang 11!" „Wir sind aus der Übung, Drake. Rüste lieber eine Sniper aus und versteck dich, die Mistkerle rennen hier mit Shotguns rum und schießen dir in den Kopf, wenn du nur um die Ecke läufst." Wenige Sekunden später hört man James fluchen und offenbar irgendetwas auf den Boden werfen – ich tippe auf den Controller. Mike hingegen lacht nur. „Jungs, jetzt nehmt das Spiel nicht so ernst", will er uns beruhigen, woran er allerdings kläglich scheitert.

Das erste Mal seit Wochen kann ich mit den Jungs wieder richtig zocken. Neben mir reihen sich die Dosen verschiedener Softdrinks auf, während vor mir auf dem Beistelltisch leere Chipstüten und Kekse liegen, die ich mir zwischen den Runden genehmige. Dazu liege ich in meinem übergroßen Sitzsack und genieße diese Zeit mit den anderen. Die Klausuren haben sie ziemlich auf Trab gehalten, während ich nur wenig dafür getan habe, schließlich wäre das verschwendete Zeit. Seit Jahren hänge ich mit dem Stoff hinterher. Nicht in vielen Fächern, aber in einigen.

Nun sind die letzten Klassenarbeiten für dieses Halbjahr geschrieben und das Wochenende könnte gar nicht besser werden. Obwohl, meinetwegen könnte sich Penny ganz gediegen auf den Weg nachhause machen. Jetzt gerade hockt sie auf meinem Bett, blättert in einem dieser dämlichen Teenie Magazine und schaut nebenbei immer mal wieder zu mir rüber. Trotz meiner Bitte, mich mit meinen Jungs einfach Videospiele spielen zu lassen, hat sie mich wie ein anhänglicher Welpe zu meinem Auto und dann nachhause begleitet. Sie meinte, dass sie „ja nur zugucken und mich nicht stören würde".

Meine Eltern haben sich sogar gefreut, als die Blondine hinter mir das Haus betreten hat. Die sollen bloß nicht denken, dass das jetzt immer so läuft. Langsam reicht es mir, dass das hier ein Schrei nach Aufmerksamkeit, ist offensichtlich. Doch wer mich kennt, weiß: Ich bin gnadenlos. Penny hängt seit Tagen an mir wie eine lästige Zecke und auch wenn sie eigentlich lieb sein kann, sehe ich von dieser Seite zurzeit nicht viel. Ich kann sie leiden, aber mit ihr zusammen wollte ich nie sein. Für mich ist diese ganze Sache mehr eine Freundschaft Plus. Sie sieht jedoch Potential für mehr, doch mehr kann und will ich ihr nicht geben.


Ich will einem der gegnerischen Spieler eigentlichen einen gezielten Kopfschuss verpassen, als mir die Sicht auf den Bildschirm genommen wird. Von Penny, die sich ohne Vorwarnung auf meinen Schoß setzt, was in Anbetracht der Sitzfläche des Sitzsackes nicht gerade angenehm ist. „Penny", meine ich mit warnendem Unterton und sie sieht mich direkt beleidigt an. „Kannst du nicht mal für zehn Minuten Pause machen?" „Nein, verdammt noch eins! Ich bin mitten in der Runde!" Genervt versuche ich, sie von mir wegzuschieben. Sie gibt auf, setzt sich wieder auf mein Bett und fängt an, vor sich hin zu schmollen.

„Oho Drake, ich wusste ja gar nicht, dass du Frauenbesuch hast", kommt James' Stimme aus den Kopfhörern. „Mir wäre es lieber, wenn ich keinen hätte. Schließlich sollte das ein Jungs Wochenende werden", merke ich mit bösem Blick in Richtung Penny an.

„Sei froh, Alter. Seit der Trennung mit Ally läuft bei mir nichts mehr." Und das ist immerhin schon ein halbes Jahr her. Zu Beginn der 11. Klasse hat Ally sein Herz gebrochen. Die beiden waren aber meiner Meinung nach auch nicht wirklich DAS Traumpaar. Ally war schon immer sehr fordernd und bei der kleinsten Streitigkeit so angepisst, dass sie sich eine Woche lang nicht mehr mit James unterhalten wollte.

„Alles zu seiner Zeit, Kumpel. Das weißt du doch", äußert nun Mike, der seit Jahren nach diesem Motto lebt. In unserer Zeit und in diesem Alter noch Jungfrau zu sein, das kommt nicht mehr allzu oft vor. Die meisten haben ihr erstes Mal betrunken erlebt und viele erinnern sich höchstwahrscheinlich nicht mal mehr daran – so wie ich.

„Scheiße!" Der Bildschirm zeigt eindeutig, dass wir diese Runde verloren haben. Ach man, da müssen wir echt wieder mehr üben. „Essenspause? Ich wollte schnell zur Pizzeria fahren und meine Bestellung abholen?" Wir sind mit Mikes Vorschlag einverstanden und verabreden uns für die nächste Runde um 20 Uhr.

Kaum habe ich das Headset neben der Konsole abgelegt, fühlt sich Penny dazu ermutigt, ihre Bluse aufzuknöpfen und mir zuzulächeln; sollte wohl verführerisch aussehen. „Hast du jetzt Zeit?", flüstert sie und knöpft ihr Oberteil weiterhin auf. „Sorry, aber ich habe heute ehrlich keine Lust zu Ficken", antworte ich schulterzuckend und sofort verschwindet ihr Lächeln. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Drake, was ist denn nur los mit dir?" „Was mit mir los ist? Ich wollte einfach nur mit meinen Kumpels zocken, so wie früher. Und obwohl ich dich gebeten habe, mir diese Zeit zu lassen, hängt du dich praktisch an mich heran und versucht die Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen!"

Bevor sie antworten kann, ertönt ein Klopfen an meiner Zimmertür. Meine Mutter kommt in den Raum, ignoriert zum Glück gekonnt Pennys offene Bluse und fragt, ob sie zum Essen bleibt. „Mein Mann und ich haben nach ewig langer Zeit erneut mal gekocht und dabei ist eine köstliche Gemüselasagne entstanden." Ist ja ekelhaft, wie aufgesetzt sie Penny anlächelt und so tut, als sei sie die liebevollste Mutter auf Erden. Wenn alle nur wüssten, wie ihre schlechten Tage aussehen...

„Natür-" „Ich fahre Penny gleich nachhause, ihr braucht nicht für eine Person mehr decken", unterbreche ich sie und meiner Mutter steht die Unzufriedenheit praktisch ins Gesicht geschrieben, ehe sie nickt und den Raum wieder verlässt. Kaum hört man sie die Treppen hinuntergehen, ziehe ich mir einen Hoodie über und schnappe meine Autoschlüssel vom Schreibtisch. Das Blondchen scheint unglücklich zu sein und hält mich am Oberarm zurück.

"Wieso soll ich denn nachhause? Ich hatte mich so gefreut, deine Eltern besser kennenzulernen!" Verwirrt runzle ich die Stirn. „Warum das denn bitte? Du verschwindest immer vor dem Essen oder kommst generell erst später rüber." Penny verschränkt die Arme vor der Brust und geht offensichtlich in den Zicken-Modus. „Nun ja, vielleicht würden deine Eltern gerne mehr über deine Freundin erfahren und wissen, wer genau sie ist."

Bitte? Dieses Mädchen hat echt den Schuss nicht gehört. Ich sehe ihr starr in die Augen, ohne jegliche Emotion. So, wie es bisher immer war. In meinem Blick erkennt man weder unsterbliche Liebe noch generell große Sympathie.

„Ich sage dir das jetzt noch ein letztes Mal, verstanden? Du bist nicht meine Freundin, Penelope. Und sehr wahrscheinlich ist, dass du das niemals sein wirst. Das habe ich dir direkt vor der ersten Nacht zu verstehen gegeben und trotzdem versuchst du, mich irgendwie an dich zu binden. Entweder du verkraftest das und stehst über deinen Gefühlen, oder du beendest das hier, womit ich auch kein Problem hätte. Deine Entscheidung. So oder so fahre ich dich jetzt nachhause, weil ich einfach nur mit meinen Kumpels das Wochenende verbringen will."

Nach dieser Ansage mache ich mich zügig auf den Weg nach unten, ziehe mir meine Sneaker an und warte auf Penny, die nur auf den Boden starrt und wahrscheinlich kurz vorm Heulen ist. Ein wenig tut es mir leid, aber lange konnte das nicht mehr so weitergehen.

Bad Blood [BxBxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt