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Die Nacht schlief ich unruhig, es ist inzwischen die dritte Nacht in Folge. Denn vor vier Tagen erreichte mich die Nachricht das Ezra ein gefallener des Krieges ist. Er stand auf einer Liste die aushing auf unseren Marktplatz. Ich habe jede Woche gebeten das sein Name niemals drauf steht und das ging auch ein halbes Jahr lang gut, bis vor vier Tagen. Helenas Schrei hängt immer noch in meinen Ohren, als sie seinen Namen gelesen hatte. Ich konnte keine Emotionen zeigen, auch wenn unser Dorf weiß wie ich zu Ezra stand. Seine Familie hatte mich damals aufgenommen und mich großgezogen, nachdem seine Eltern starben hatte er mir weiteres Beigebracht. Er hatte mich im Nahkampf und im Bogenschützen gelehrt. Seine Mutter hatte sich bestimmt im Grabe umgedreht, denn es war nicht die Aufgabe einer Frau zu Jagen oder sich körperlich anzustrengen. Doch als das Gerücht eines Krieges los ging, hat er mir alle gelehrt was er wusste. Als hatte er die Ahnung gehabt, dass ich irgendwann auf mich gestellt sein werde.
Ich kann mich nicht beklagen, denn so kann ich mich immer in Sicherheit wissen und jetzt wo ich abreisen muss sowieso. Ich hole meinen alten Koffer unter meinen Holzbett hervor und fange an ihn zu packen.
Die Sonne ist noch lange nicht zu sehen, doch ich kann nicht mehr im Bett liegen und mich an Ezra erinnern. Er ist meine Vergangenheit die ich mit ins Grab nehmen muss, doch er wird mich nicht an meiner Zukunft hindern. Nein im Gegenteil ich werde Leben von seinen Weisheiten, seiner Liebe und seinem Ehrgeiz. Er hätte nicht gewollt das ich so trauere um ihn und doch kann ich es mir nicht nehmen lassen um ihn zu weinen. Ich fahre mit meinen zierlichen Händen über ein Bild von uns beiden, ich kann mich noch erinnern als Ezra mit dem Gerät ankam.

„Damit kann man Momente für immer speichern." Er grinst mich breit an, während ich mich nur vorsichtig an das Gerät, was er Kamera nennt ran wage.
„Und wie geschieht das?" Frage ich, Ezra zieht mich zu sich ran.
„Nicht erschrecken." Ich sehe ihn fragend an, er richtet die Kamera so ein das die Linse zu uns schaut.
„Und schön lächeln, Miri." Ich tue was er sagt und im nächsten Moment werde ich blind. Ein grelles Licht kommt aus dem Gerät, ich kneife meine Augen wenig später zusammen, während Ezra lacht.
„Ist es kaputt?" Frage ich, er lässt meine Hüfte los und läuft zur Kamera.
„Nein meine Liebe, es nennt sich Blitzlicht. Damit wird der Raum erhellt." Erklärt er mir und ich erkenne das er einen kleinen Zettel in der Hand hält. Ich gehe auf ihn zu.
„Sie selbst." Er überreicht mir den Zettel der sich als das Bild herausstellt was die Kamera gemacht hat. Ezra umarmt mich mit seinen Kräftigen Armen und lächelt stolz in die Kamera. Ich halte meine Arme vor mir, die Hände ineinander verschränkt und lächle unsicher. Doch meine Augen glänzen, vor Aufregung?
„Es ist gut geworden." Sage ich ehrlich, Ezra neigt sich zu mir herunter.
„Es sieht nur so gut aus weil du darauf bist." Flüstert er, ich schaue erschrocken in seine Augen.
„Nicht hier." Flüstere ich zurück, doch es scheint Ezra egal zu sein das wir in seinem Wohnzimmer stehen. Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände, während ich sehnsüchtig warte auf seine Lippen und meine Augen schließe. Als sich unsere Lippen berühren wird mir warm im Bauch, mein Herz schlägt schneller und ich ziehe mich zu ihm heran um den Abstand der zwischen uns ist zu verringern. Ezra stöhnt leise und auch ich bebe, bis wir Schritte hören.

Ich lächle bei diesen Gedanken, es war riskant und es war gerade das was uns immer wieder angetrieben hat. Ich lege das Bild in den Koffer, danach nehme ich meine Unterkleider und Hosen und lege sie darüber. Ich schmunzle immer wieder
Bei Sachen die mich an Ezra erinnern, wie zum Beispiel bei dem grünen Kleid. Es war im Sommer, Ezra lud mich zu einem Picknick mitten in der Nacht ein. Ich hatte viel zu spät gemerkt das ich im nassen Gras lag und sich ein großer Grasfleck auf meinem Rücken gebildet hatte. Diesen Fleck hatten Sabrina und ich verzweifelt versucht heraus zu kriegen, doch nichts gelang der Fleck blieb und nun die Erinnerung daran.
Ich lege es zurück, es wird hier bleiben. Ich nehme ein rosafarbenes Kleid mit, ein dunkles und hellblaues Kleid und weitere Kleider die in den kleinen Koffer passen. Das Geld packe ich meinen Unterrock das ich trage, genauso wie meine anderen Wertsachen die ich immer an mir trage, wie das kleine Dolch. Als mein Blick zum Bogen geht, überlege ich kurz. Ich wäre damit viel zu auffällig, also muss ich es wohl oder übel hier lassen. Ich schließe meinen Kopf und mache mich an meine Haare. Ich möchte unbedingt den ersten Zug nehmen der nach Geria fährt und somit muss ich mich beeilen, aber vor allem muss ich Sabrina noch wecken. Wenn ich es nicht tue wird sie mich verfolgen in meinen Träumen und mich Lynchen.

Der kühle Wind pfeift an uns vorbei und lässt unsere Kleider rascheln. Ich halte mich verzweifelt an meinen Koffer fest, während wir auf den Zug warten.
„Ich verstehe nicht warum Helena nicht einfach selber geht." Flüstert Sabrina, ich schaue zu ihr. Sie hat ihr braunes Haar hochgebunden, trägt einen dicken Mantel und einen Schal der sie vor dem Wind beschützt.
„Es ist besser so Sabrina, irgendwann werden wir uns wieder sehen. Ich bin mir sicher." Ich nehme ihre Hand und drücke sie kräftig.
„Ich wünsche es mir so sehr." Sagt sie, wir warten weiter auf den Zug.
„Pass auf dich auf." Mahnt mich Sabrina als wir den Zug einfahren sehen.
„Ich verspreche es dir und du passt auch gut auf dich auf." Sage ich, wir drücken uns nochmal kräftig.
„Verlier nicht deinen Fahrschein." Sie stopft ihn weiter in meine Jackentaschen, damit er nicht weg fliegen kann. Wenn ich den verliere könnte man denken das ich eine Flüchtige bin und mich in einen Kerker werfen.
„Auf Wiedersehen, Sabrina." Sage ich mit bedrückter Stimme, Sabrinas Augen werden glasig und auch ich muss meine Tränen zurückhalten.
„Auf Wiedersehen, Miriam." Ihre Stimme bricht und sie nickt, sie weiß genau dass es das beste für alle ist wenn ich gehe. Ich wäre hier in diesem Land nie sicher gewesen, jetzt wo ich ungeschützt bin, man würde schnell merken wer ich bin und man würde mich umbringen wollen. In Geria kann ich mich darum kümmern das ich endlich mehr über mich und meiner Hexerei herausfinden.
Ich winke Sabrina durch das Fenster zu, sie tut mir nach und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Oh ja, ich werde sie vermissen, aber zu wissen das es ihr bald gut gehen wird beruhigt mich. Sie wird einen tollen Ehemann finden, der sie versorgt und ihr ein gutes Leben schenkt. Wer weiß, vielleicht finde ich ja auch meinen Traummann der mich so nimmt wie ich bin.
Ich setze mich auf einen freien Platz, hole einige male tief Luft. Danach mache ich es mir bequem, vor mir liegen 10 Stunden fahrt. Ob es gut ist in die Hauptstadt von Geria zu fahren weiß ich nicht, aber dort sind die Chancen höher das ich eine Hexe finde. Vielleicht finde ich ja eine Hexe die das gleiche Hexenmal hat wie ich. Ich spüre wie mein Hexenmal unter meinen Kleid pulsiert, ich muss einfach weiter beten.

Glaubt ihr, Miriam gelingt es einen Neustart in einem anderen Land anzufangen?
Eure Soli 💕

Die Hexe des Königs - dein SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt