Kapitel 8

790 21 1
                                    

Die nächste Woche war mittlerweile angebrochen und ich fühlte mich angekommen. Hier fühlte ich mich wohl. Es war zwar noch ungewohnt, dennoch genoss ich die Freiheit, die Wärme und die Zuneigung sehr.

Es gab immer weniger 'schlechte Tage', an denen ich nicht aus dem Bett steigen und etwas unternehmen wollte.

Auch die bedrückenden Gefühle, die mich zwingen wollten daheim zu bleiben, wurden weniger.

Ich war froh darüber, keine Frage. Allerdings beschlich mich im nächsten Moment immer die Angst.

Die Angst, dass, das hier nur die Ruhe vor einem gewaltigen Sturm sein könnte. Oder die Angst, dass mich die nächste Welle meiner Emotionen, tief mit sich reißen würde.

Und ich wüsste nicht damit umzugehen. Ich würde immer tiefer fallen und niemand würde es bemerken. Die Stimmungsschwankungen würden schlimmer werden. Den beklemmenden Kloß im Hals würde ich nicht mehr los bekommen.

Dann hätte ich die sorge, nach jedem weiteren Wort in tränen auszubrechen, dann hätte ich keine Erklärung für meine Traurigkeit, die mich einfach überfallen würde.

Ich würde untergehen und langsam, schweigend ertrinken ohne je nach Hilfe zu fragen. Ich würde niemals freiwillig nach Hilfe verlangen, wenn ich nicht schon wüsste, dass sie vergänglich wäre.

Ich hatte es doch schon oft versucht und anfangs fühlte es sich wie Hilfe an, doch dann, als ich bemerken musste, dass nichts weiter passierte, ging es mir noch schlechter.

Ich fühlte mich allein und unverstanden. Ich hätte die Hilfe ehrlich gebraucht und jetzt bin ich so, wie ich nun mal bin.

Ich war kaputt. Zerbrochen, wie ein Glas. Mich konnte man nicht mehr reparieren, nicht mehr heilen und nicht mehr retten.
Wieso auch, wenn ich nur noch auf den Tag warten musste bis all dies ein Ende nimmt.

Ich weiß ich bin noch noch jung und sollte nur so vor Lebensfreude strahlen. So wie der Normalfall eben war. Aber stimmte das? Ich hatte gelernt tiefer zu blicken. Ich sah, was andere nicht sahen. Ich sah die Wahrheit. Ich strebte sie immer an.

Immer öfter sah ich Jugendliche, Kinder, die gar nicht so glücklich waren wie sie sich gaben. So sollte es nicht sein. Es darf nicht so sein.

Ich weiß man sollte erwas daran ändern, aber wie war das möglich, wenn die Gefühle anderer geleugnet oder nicht beachtet wurden.

Wie sollte das funktionieren, wenn wir nicht alle ehrlich sind und zeigen was in uns vor sich geht.
Wie sollten wir wissen, wie wir fühlen?
Wir versteckten uns schon lange. Nicht nur die Traurigen verstanden dies. Was war mit den Menschen, die täglich Schmerz erfuhren.

Wir sollten mehr aufeinander acht geben. Wie soll unsere Zukunft aussehen, wenn es so bleibt? Irgendwann sind wir alle leer. Alle erschöpft.

Wir können so nicht weiter machen. Ich kann das nicht mehr. Ich halte das nicht aus. Ständig diese tiefe leere in mir. Ich weiß nicht, wie es mir geht und ich werde bei fragen nicht ehrlich sein.
Wie sollte ich, wenn die Fragen selbst, oberflächlich waren. Man erwartete eine Antwort, die dem anderen in Wirklichkeit nicht wirklich interessiert.

Ich hörte nicht mehr auf die leeren Worte, derer die mir helfen wollen, es aber nicht schaffen oder es nur dahersagen.
Und ganz sicher warte ich nicht auf das warum. Warum geht es dir so? Ich weiß es nicht. Ich kann das Gefühl in mir nicht beschreiben. Ich kann nicht definieren was ich fühlen soll. Es ist verrückt. Verrückt zu wissen, dass nicht nur ich so fühle. Es sind mehrere, die sich nicht trauen zu sagen, wie es in einem aussieht oder es auch nicht wissen und stattdessen gar nichts sagen. Oder sie setzten eine Lüge nach der anderen.

Ich mache denen keine Vorwürfe. Wie auch, wenn ich selbst so bin. Wenn ich versuche mir selbst zu helfen. Mich selbst am Leben zu erhalten. Wenn ich nur versuche, ich zu sein. Mich nicht zu verlieren.

Wie viele lügen gab es schon? Es wird mehr geben. Und das so lange, bis etwas passiert. Alle werden sagen, das man davon nichts wusste. Du hast die Zeichen nicht gesehen. Kaum Menschen würden angleaufen kommen und von ihrem innerem Gefühl erzählen. Sie werden unauffällig daran zerbrechen und dann sind die Schuld, die es hätten wissen sollen.

Geht das? Einem einfach die Schuld zuzuweisen und ihn damit runter zu drücken. Ein Verlust tut jedem weh. Auch wen man es einem nicht ansieht. Jeder verarbeitet anders.

Das traurige ist, der Schmerz in einem, wird nach seinem Verlust weitergegeben und die, die schon mit dem Verlust leben müssen treffen auf die unendlich Traurigkeit und leere in dem von einem gegangenem liebenden.

Währenddessen muss ich versuchen, den Alltag zu bewältigen und mir nichts anmerken zu lassen.

Wie schaffe ich das nur? Wie schaffen das so viele Menschen? So sollte es nicht sein. Wir sollten es besser wissen. Wie lange schaffe ich das noch?

Ich habe Angst.
Hier war ich und gestand mir das ich Angst hatte. Ich verdrängte nicht. Ich musste akzeptieren, dass ich so war. Die Angst allerdings, sollte nicht mein ständiger Begleiter sein. Ich muss mir eingestehen, dass es auch anders geht. Das ich die Angst in mir nicht wachsen lassen darf. Sie darf nicht Besitz von mir ergreifen und mein Leben leben. Das war mein Leben und es zählte nur was ich aus diesem mache.

Ich musste sie akzeptieren und mich ihr stellen. Immer ein wenig mehr. Ich musste sie besiegen und mir mein Leben zurückholen. Es wird nicht mehr dasselbe sein. Und dennoch, es ist mein Leben. Ich darf es leben, wie ich es will. Ich muss es leben, also warum nicht nach meinen Prinzipien.

Es war so als hätte ich sie nicht verdient. Dabei hatte ich mehr verdient, als ich es jetzt zu glauben pflege.

Früher war ich ein aufgewecktes, zielstrebiges und ehrgeiziges Mädchen, doch wenn ich nun in den Spiegel schauen muss, erblicke ich eine leere Hülle.

Die Hülle eines längst verloren gegangenem Mädchens, dass nichts mehr wollte, als zu leben und jetzt nur noch darauf wartete bis dieses zu Ende geht.

Es ist traurig mit anzusehen, was Jahre mit einem Menschen anstellen können. Die einen werden durch ihr höheres Alter schwach und gebrechlich. Die anderen sind dies schon vorher. Die einen werden mit höherem alter krank und erleiden hohe Schmerzen, während dies auch jüngere Menschen trifft. Und wiederrum andere haben ein unbeschreibliches Gefühl in sich und wissen nicht damit umzugehen. Es reicht bis zum tiefsten Punkt in einem und sie müssen es täglich eigenständig bewältigen können.

Und heute wusste ich war ein 'guter Tag'. Einer von wenigen. Aus diesem Grund genoss ich ihn umso mehr.

The new beginning/ You Belong To MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt