Kapitel 11

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"Könnt ihr mich nicht einfach nach Hause fahren?"

Meine Stimme brach gegen Ende. Ich war einfach erschöpft, dennoch versuchte ich meiner Stimme eine gewisse Stärke zu verleihen.

Auch wenn ich nicht stark war, musste man es mir nicht auch noch ansehen müssen.

Ich schaute nicht in die Richtung der Männer. Mich interessierte die Außenwelt viel mehr als die Situation in der ich nun gefangen war. Ich fand keinen Ausweg, ich könnte natürlich aus dem fahrenden Wagen springen, angeschnallt war ich nämlich nicht, dann könnte man nicht ahnen, dass ich solche Aktionen auch wirklich wagen würde.

Von dem Lachen der vier schreckte ich kurz auf, sie machten sich weiter über mich lustig, ehe sie begannen auf Italienisch weiterzureden.

Sie schienen grade wirklich abgelenkt, wenn ich es wirklich tun sollte, musste ich rennen, egal wie verletzt ich sein würde.

Tief atmete ich ein, schloss für einen Moment die Augen, ehe ich sie entschlossen wieder öffnete.

Noch ein Mal blickte ich zu den Männern und war mir sicher sie achteten nicht auf mich, als ließ ich meine Hand langsam zur Tür wandern ehe ich schnell die Wagentür öffnete und mein Körper sich rausstreckte.

Im inneren hörte ich erschreckendes einatmen und wie jemand nach mir greifen wollte, doch durch die Geschwindigkeit des Wagens konnte ich selbst die Tür nicht mehr schließen, auch wenn ich es gewollt hätte.

Länger konnte ich nicht denken, denn grade als man nach meinem Bein griff ließ ich los und trat demjenigen in sein Gesicht, ehe ich aus dem Wagen fiel.

Auf dem Asphalt drehte ich mich eine Zeit ehe ich mit einem zischen versuchte mich aufzusetzen. Das Auto hatte kurze Zeit später auf der Straße gehalten.

Erneut öffneten sich die Türen und zwei stiegen aus. Panisch schaute ich ihnen entgegen und blendete die Schmerzen aus. Ich schaute nicht nach mir und meinen vermutlichen Verletzungen, ich setzte mich nun umständlich auf und begann erneut das Rennen.

"Bist du dumm, Mädchen?"

Ich zuckte kurz zusammen. Ich konnte noch nicht mal mein Testament schreiben. Gut, ich besaß nicht viel, aber dennoch.

Ich schaute über meine Schulter und sah sie da stehen. Gut ich humpelte mehr oder weniger und war dementsprechend auch nicht schnell genug, aber sie standen da und warteten.

Worauf warteten sie?

Ich würde nicht freiwillig zurückkommen. Ich zeigte ihnen noch eben meinen Mittelfinger ehe ich wirklich begann richtig zu rennen. Auf den stechenden Schmerz in meinem Bein durfte ich nicht acht geben.

Ich schüttelte meinen Kopf, um meine Tränen zurückzuhalten. Mittlerweile hörte ich doch knallende Schritte direkt hinter mir.

Als einer von ihnen mich auf den Boden riss, musste ich dann doch aufschreien und auch meine Tränen stiegen erneut auf.

Stumm stieß ich ein Gebet aus und wusste ich würde diese Nacht sterben.
Weinen wollte ich nicht, also versuchte ich sie mit all meiner Kraft zu unterdrücken.

Der Typ über mir riss mich hoch und trug mich auf seinen Armen zurück zum Auto, der andere lief neben uns her und sah mich stumm an, kurz schüttelte er den Kopf und sah mir fassungslos entgegen.

Verwirrt sah ich ihn an, dachte er etwa ich würde mich nicht mehr gegen sie wehren. Ich hatte zwar darüber nach gedacht nachzugeben, aber dann kamen mir die Stimmen meiner Mutter und meinen früheren Freunden in den Sinn.

Ich würde nur zeigen, dass ich schwach war, dass ich selbst nicht leben wollte, dass das meine eigene Entscheidung war, mein Leben dem Ende zu setzen.

Doch ich wollte leben. Ich musste stark bleiben, für meinen Dad und vor allem für mich. Ich wollte etwas an meinem Leben ändern, dann musste ich erst aufhören es beenden zu wollen.

Ich musste mein Leben für mich leben, nicht für andere und da lasse ich sicherlich nicht mein Leben einfach so beenden.

Sie hatten nicht das Recht dazu jemandes Leben zu beenden, als warum dann meins.

War das mein Zeichen, etwas an meinem Leben zu ändern?

Oder war es dafür schon zu spät?

Erneut wurde ich in den Wagen gesetzt, die Türen zu geschlagen, ehe der Fahrer alle Türen verriegelte.

Ich seufzte erneut auf, es fiel mir immer schwerer meine Angst und auch die Tränen zurückzuhalten.

Das war es jetzt? Das war mein Leben gewesen? Ich hatte doch noch nicht mal richtig gelebt.

"Was hast du?", fragte der Fahrer, der über den Rückspiegel zu mir blickte.

Was ich hatte?!

Sie entführen mich und ließen mich Dinge tun, die ich nie gemacht hätte. Eigentlich hätte ich nie darüber nach gedacht aus einem fahrenden Auto zu springen. Davor hätte ich zu viel Angst gehabt, so wie gefühlt vor allem neuen.

Erschrocken schaute ich auf, sah ihm über den Spiegel hinweg in die Augen und erschrak erneut, wie konnte man nur so leere Augen haben.

Entsetzt sah ich ihm entgegen und fragte mich, ob er das wirklich gefragt hatte. Wieder musste ich mich fragen, ob er den Verstand verloren hatte.

Eine Antwort gab ich ihm darauf nicht. Generell hatte ich Angst, meinen Mund zu öffnen und mit ihm darüber zu diskutieren, wie es mir im Moment geht.
Also hielt ich es für vernünftiger, mich ein Mal auf mein Bauchgefühl zu verlassen und meine Klappe zu halten.

Meine Augen schauten erneut auf die Landschaft, die sich mir draußen bot und wartete einfach die Zeit ab.

Vielleicht sterbe ich heute doch noch nicht.

Auf Folter konnte ich dennoch getrost verzichten. Ihnen wäre das durchaus zuzutrauen. Ich meine, sie hatten nicht gezögert, den Mann zu erschießen.

Toll. Ich wollte ihm helfen und jetzt starben wir womöglich beide.

The new beginning/ You Belong To MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt