Der Abend war angebrochen und ich hatte es vorher nicht bemerkt. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt.
Wie lange war ich nun draußen gewesen?
Vorhin als ich aus dem Haus gestürmt war, hatte ich nicht auf die Uhr geschaut. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte dort drinnen das Gefühl ich würde ersticken. Meine Tabletten waren aufgebraucht und niemand war zu Hause.
Tomathy war mit seinen Freunden unterwegs zum Strand hatte er gesagt und mein Onkel war mit Mary ausgegangen.
Als ich drohte durchzudrehen, entschied ich kurzfristig in Richtung Strand zu flüchten.Tomathy war nicht da. Scheiße, er war nicht da!
Ich musste mich setzen. Ich brauchte Luft. Ich dachte, die Panik käme nicht mehr so schnell zurück, seit ich von zu Hause weg war. Ich hatte wirklich gedacht, es lag an dem Ort.
Es lag an mir. Und jetzt wusste ich es. Ich wusste, meine Mutter hatte nicht mit allem unrecht. Ich war schuld dafür, dass ich es selbst nirgendwo richtig aushielt. Ich war schuld an dem Umzug und an allem darauf folgende.
Der Kloß in meinem Hals wurde immer schwerer. Ich konnte nicht mehr richtig schlucken, mein Hals war trocken und ich rang immer häufiger nach mehr Luft. Mein Hals vertrug das nicht ohne Flüssigkeit, aber such ich ertrug diesen Luftmangel nicht.
Warum war hier nur zu wenig Luft?
Ich musste mich beruhigen. In meinem Kopf zählte ich. Ich zählte bei jedem Atemzug und blendete alles andere aus. Ich schloss meine Augen und reckte mein Gesicht gen Himmel.
Endlich öffnete ich meine Augen und ließ mein Körper wieder entspannen. Ich atmete tief ein und ruhig wieder aus. Meine Augen waren noch immer mit Tränen gefüllt. Und ich war mit meinen Gedanken woanders. Ich starrte hinaus auf das Meer und wünschte mir nichts mehr als irgendwo anders zu sein.
Alleine saß ich da und ruhte mich aus. Ehe ich aufstand und den Rückweg ansteuerte.
Ich war alleine, wie immer. Das einzige, was immer blieb, da war ich mir sicher, war ich selbst.
Tief zog ich die Kapuze auf meinem Kopf, während ich langsam den Weg entlang ging und mir wünschte, dass die Straßen nicht so gruselig aussehen, als sie grade scheinen.
Ich war ein Mädchen, Nachts, alleine auf einer Straße. Mein Handy umgriff ich immer stärker. An manchen Eingängen, der Seitenstraßen hörte ich ein paar Gespräche. Es war einfach nur gruselig.
Wie so oft hatte ich in den Nachrichten gelesen, was in solchen Seitenstraßen passierte. Es war ein erdrückendes Gefühl an ihnen vorbeizulaufen und zu hoffen, das einem so etwas nicht passieren würde.
Grade lief ich an der letzten vorbei, bevor ich nach ihr, um die Ecke gehen und weiter grade aus laufen musste.
Ruckartig blieb ich stehen. Ich hörte rechts neben mir, genau in der Gasse, ein leises Flehen. Ich wusste, ich hätte weiter gehen sollen, nicht drauf achten und ignorieren sollen.
Aber hätte ich nicht auch gewollt, dass jemand mir half, wenn ich dort drinnen fest saß und ich dringend Hilfe gebrauchen könnte.
Ich sah in die Gasse hinein und war mir sicher, dass nicht gut für den auf dem Boden liegenden Mann aussah.Geradewegs sah er in meine Richtung, ich spürte seinen Blick auf mir und, wie er mich flehend darum bat ihm zu helfen. Ich konnte ihn nicht dort liegen lassen.
Hinlaufen konnte ich nicht, vor ihm standen zwei groß gewachsene Männer und ich meine zusehen, wie einer von ihnen eine Waffe rausgeholt hatte. Er hielt sie geradewegs auf den alten Mann, der erneut begann zu flehen.
Erschrocken schaute ich diesem Szenario zu und wusste nicht, was ich tun sollte.
Ich schaltete mein Handy an und wählte die Nummer der Polizei. Ich lief rückwärts und hoffte, man würde mich nicht hören.Ängstlich antwortete ich auf die Fragen des Officers. Er versprach mir, dass seine Kollegen schon auf dem Weg waren.
Ich wollte dem Mann sagen, dass Hilfe kommen wird, doch noch immer standen die zwei Männer vor ihm.
Plötzlich sah einer von ihnen in meine Richtung, hinaus aus der Gasse und erblickte mich.
Grade wollte er in meine Richtung laufen, als die Sirenen der Polizei von weitem zu hören waren. Erschrocken und wütend sah auch nun der zweite in meine Richtung und ehe ich reagieren hätte können, erschoss er den alten Mann.
Ich hatte es gesehen. Jetzt begannen die Männer in meine Richtung zu laufen. Ich schrie auf und begann zu rennen. Ich wusste, ich konnte nicht nach Hause, wenn sie mir hinterher waren. Der Polizeiwagen stoppte vor mir und die beiden Männer kamen neben mir zum Stehen.
Erschrocken blickte ich auf und spürte eine Hand meinen Arm umgreifen. Ich zuckte zusammen und sah in das Gesicht desjenigen.
Das konnte nicht sein. Oh Gott, was hatten Maria und Giulia mit ihm zu tun. Ich erinnerte mich daran, wie er sie an meinem ersten Tag zur Schule gebracht hat.
Vielleicht kannten die beiden Schwestern, seine nächtlichen Erledigungen nicht. Ich durfte jetzt nicht den Teufel an die Wand malen und zwischen ihnen eine Verbindung suchen.
"Sind sie Olivia Harrison und haben den Notruf gewählt?" Ich konnte nur nicken.
"Können sie mir genau sagen was passiert ist?"
"Er ist tot", flüsterte ich nur, zu mehr war ich nicht imstande.
"Haben sie etwas mitbekommen?", wandte sich der Polizist an die beiden Männer neben mir.
Ich riss meine Augen auf, das konnte er doch nicht einfach so fragen. Sie waren es. Sie haben den Mann getötet.
Genau das wollte ich ihm entgegenschreien, konnte es aber nicht. Ich kriegte meinen Mund nicht auf.
Der Druck auf meinem Arm wurde mehr. Er verdeutlichte, dass ich nichts zu sagen hatte.
"Wir haben nur den Schuss gehört und dann kamen sie und wir sahen das Mädchen. Wir wollten Sie darum in Kenntnis setzen, dass etwas passiert sein muss. Allerdings schätze ich, dass dieses Mädchen das schon gemacht hat."
"Gut, können sie mir zeigen, wo das war?"
Die beiden Männer schüttelten den Kopf. Der andere Mann, dessen Hand nicht auf meinem Arm lag, lief um uns herum und legte seine Hand auf meinen Rücken.
Ich blickte zu ihm hoch und sah nur einen ernsten Gesichtsausdruck. Auch ich wandte mich zu dem Polizisten. Grade öffnete ich meinen Mund, spürte aber einen kalten Gegenstand an meinem Rücken.
Ich schluckte einmal kräftigt, als ich erneut ansetzte zu reden.
"Ich weiß nicht genau wo es war", flüstere ich ihm entgegen, bevor ich über mich selbst nur den Kopf schütteln konnte.Ich log grade die Polizei an und nahm die Mörder in Schutz. Ich schämte mich für mich selbst. Hektisch atmete ich wieder ein.
Ich wollte nicht erneut zusammenbrechen.
Fiese Genugtuung würde ich ihnen nicht geben.Dennoch konnte ich nicht verhindern, wie sich trotz allem eine Träne aus meinem Auge löste. Schnell blickte ich auf den Boden und spürte, wie meine Knie drohten einzuknicken.
Die Männer lösten sich von mir und der Polizist nahm unsere Personalien auf, ehe er uns erlaubte zu gehen.
"Dankeschön." Ich bedankte mich dennoch bei ihm, er konnte nichts dafür.
Die beiden Männer folgten mir. Nachdem der Polizist weggefahren war, hielten mich die beiden auf.
Ich musste zugeben, etwas anderes hätte ich nicht erwarten können. Hoffnung auf ein anderes Szenario hatte ich nicht gehabt. Hoffnung starb doch eh. So dachte ich jedenfalls und dennoch hatte ich mich ein paar Mal erwischen können, wie sich ein Stück Hoffnung in mir bildete.
Bei vielen Dingen, hoffte man. Man hoffte auf das beste und das war immer so. Ich verstand das und auch ich hoffte ab und zu, dennoch zerstörte ich sie. Wenn man nicht hoffte und nicht erwartete, dass irgendwas eintritt, konnte man auch nicht enttäuscht werden, wenn es nicht eintreffen würde.
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The new beginning/ You Belong To Me
ChickLitSie war ein gebrochenes Mädchen, welches stumm immer weiter nach hilfe schrie. Welche der realen Welt entkommen wollte und ein neu Anfang brauchte. Verzweifelt sucht sie nach einem reset Knopf, der ihre dunklen Gedanken auschaltet und ihre Ängste ve...