Kapitel 3

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Meine Mutter stand da grade ernsthaft vor der Tür. Ich beschloss noch nicht runterzugehen. Ich würde mich jetzt einfach fertig machen und dann gehen.

Also strich ich noch einmal über meine Mahagoni braunen Haare und starrte in den Spiegel vor mir.

Meine Atmung ging langsam und gleichmäßig, doch dies könnte sich gleich jederzeit ändern.

Auch meine Augen sahen normal aus, keine Rötung oder extreme Augenringe.

Ich sah gut aus.

Wow das ich mal so über mich denken würde, wusste ich nicht. Dieser Ort hier hat mir gutgetan und doch wurde sie schnell zu einer üblichen, toxischen Atmosphäre, in der man sich nicht wohlfühlen konnte.
Jedenfalls ich nicht. Ich könnte nicht jeden Tag rumlaufen, als wäre nichts. Nicht wenn meine Gedanken, mich förmlich anschrien und ich mich fragen muss, wann das ganze endlich aufhört.

Die meisten Menschen verstecken ihr Ich hinter ihrer Fassade und lassen nicht zu, dass jemand hinter sie blickt. Sie wollen nicht, dass jemand hinter sie blickt. Früher hatte ich diese Menschen nicht verstanden und dachte mir, wieso sagen sie nicht einfach, was sie fühlen und wie es ihnen wirklich geht und heute verstehe ich sie nur zu gut, ich bin sogar einer von ihnen geworden.

Es ist unvorstellbar, wie schnell sich dein Leben wenden kann. Vom einem Moment, indem ich mich wohl und sicher gefühlt hatte, in dem ich keine wirklich großen Sorgen hatte und einfach glücklich war, zum anderen Moment, in dem deine ganze Welt zusammenbricht und du dich fragen musst, was nun die Wahrheit und was eine Lüge gewesen war. Ob deine Welt, deine Realität, die Wirklichkeit waren. Ob das alles ein Spiel war und ob du es hättest ändern können.

Und dann kommt man letztendlich zu dem Schluss, dass all dies doch nur deine Schuld sein kann. All das, was die Menschen dir gesagt haben, sind in deinem Kopf verankert und finden keinen Weg hinaus, doch die Gedanken, indem du dir selbst klarmachst, dass all das nicht deine Schuld ist und du versuchst dich zu überzeugen und dir deinen Wert klarzumachen, werden durch diese eine innere Stimme, die dir sagt, das du eben nicht den Wert hast den, du glaubst zu haben und das du dich fragen solltest, warum die Menschen so mit dir umgehen übertönt. Und doch gibt es trotzdem noch, diese eine Stimme, die dir zuflüstert, dass du recht hast, die dir deinen Wert zustimmt, aber du hörst sie nicht. Du kannst sie nicht hören, dafür ist sie zu leise.

Du willst sie erst gar nicht zuhören, da du dich schon von der anderen hast umstimmen lassen, sie hat ja recht denkst du dir, ich hatte es bestimmt verdient. Es muss einen Grund haben, warum sie so mit mir umgehen und diesen Grund suchst du dann bei dir.

Jetzt erst fällt mir auf, dass ich genau der Mensch geworden bin, der ich nie sein wollte. Der ich nicht sein konnte, mein Leben war ja gut, so wie es war, bis jetzt. Jetzt stelle ich mir immer häufiger die Frage, was ich hier tue. Hat das einen Sinn, was ich tue, was ich bin oder wie ich lebe.

Durch das still werden und das durchgängige beobachten, das nicht mehr an mich heranlassen, ist mir erst aufgefallen, wie schrecklich toxisch diese Welt ist!

Wie viele Menschen sich tatsächlich voreinander und verstecken und nicht sie selbst sein wollen, nicht sie selbst sein können.

Den, wenn sie es sein würden, würden sie ausgegrenzt, nicht verstanden oder ausgelacht werden, aus diesem Grund verstricken sie sich in Lügen und glaube sie später auch noch selbst.

Sie denken dann, dass das, was sie haben, Glück ist und das, dass sie so wie es ist, glücklich sind. Die Einsamkeit in innen blenden sie aus und bemerken gar nicht, wie sie langsam beginnen an den ganzen Lügen zu zerbrechen.

Die Menschen, die ich kannte oder dachte zu kennen, gehen ganz langsam, Stück für Stück kaputt und sie bemerken es gar nicht.

Das einzige, was in solch einer Gesellschaft wichtig ist, ist, dass die Fassaden, welche sie sich jeden Tag aufsetzten, nicht fallen dürfen.

Sie müssen perfekt sein, sie müssen dazu gehören, den Druck, der auf ihnen lastet, halten und bewältigen können. Diese Gesellschaft ist unsere Gesellschaft.

Die Gesellschaft in der ich lebe.
In der ich versuch zu existieren und den eigentlich wichtigsten Bestandteil nicht zu verlieren, mich selbst. Mir kann niemand mein Ich wegnehmen, das bin doch ich, warum will ich dann nicht so sein, wie ich, warum lassen sie mich nicht ich selbst sein. Warum darf ich dann nicht glücklich sein?

Plötzlich aus meinen Gedanken gezogen, fällt mir ein, dass genau meine Mutter, einer der toxischen Menschen ist, die ich kenne. Und sie steht grade unten vor der Haustür meines neuen zu Hauses. Ich schenkte mir noch einmal einen kurzen Blick, ehe ich mich zu den Treppen, nach unten zu begeben.

"Dad, können wir?", versuchte ich so selbstbewusst wie nur möglich zu fragen und auch durch meine Haltung versuche ich selbstbewusst dazustehen.
Und ich denke, dass mir das sogar relativ gut gelungen ist.

"Natürlich Livi, dein Koffer ist schon im Kofferraum."

"Peter, merkst du es nicht, du tust schon alles, was sie will. Siehst du nicht, dass du mit ihr nicht glücklich bist, dass sie der Schuld an allem ist?"

"Victoria, ich bitte dich, das stimmt nicht."

"Bemerkst du nicht, wie sie dir Lügen auftischt. Sie ist an allen Schuld! Sie ist schuld, dass unsere Ehe zu Bruch geht! Sie ist Schuld, dass sich alle von ihr entfernt haben. Sie ist es nicht Wert. Sie wird dich mit in den Abgrund stürzen!"

Ohne ihr auch nur eines Blickes zu würdigen, ging ich an ihr vorbei.
"Ich gehe sowieso", sprach ich ihr entgegen.

"Du tust das doch nur für Aufmerksamkeit! Peter siehst du das denn nicht? Du verletzt dich sogar selbst...", kurz lachte sie auf

Gott, wie kann man nur so egoistisch und gemein sein. Er ist mein Vater. Und sie sollte eigentlich meine Mutter sein.

"Bist du ernsthaft eifersüchtig auf mich?", fragte ich sie ernst und verwirrt.

Für sie muss es aber, provokant geklungen haben, denn ihr Blick verzog sich deutlich, ehe sie mich abschätzend anblickt.

"Auf dich! Auf dich wäre niemand eifersüchtig. Du willst doch nur immer im Mittelpunkt stehen. Du hast sowieso nichts zu bieten."

Krampfhaft versuchte ich die Tränen zu unterdrücken. Was veranlasst sie, so über mich zu denken, das war doch vorher auch nicht so. Ich verstand es nicht. Ich verstand sie nicht. Sie hätte früher mir doch glauben müssen, oder? Sie war meine Mutter, sie hat auf die Gerüchte und Lügen gehört und ihnen Glauben geschenkt. Sie hat Nicht mal nach der Wahrheit gefragt. Wie auch? Es gab ja viele davon.

The new beginning/ You Belong To MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt