Ich erwache. Der Stein hat aufgehört zu leuchten, stattdessen fällt helles Sonnenlicht in die Höhle. Ich stehe auf und strecke mich. Mein Rücken schmerzt etwas von dem harten Boden, auf dem ich geschlafen habe.
Da fällt mir ein -War es vielleicht alles nur ein Traum? Habe ich nur von diesem Löwen geträumt? Möglich. Was mir allerdings Sorgen bereitet ist, dass sich dieser Traum so unnormal echt angefühlt hat.
Ich sehe mich um. Weder Tamirat, noch ein anderes Stammesmitglied sind in der Höhle. Ich mache mich auf den Weg zum dunklen Tunnel, durch den ich bereits zum Stersklip gekommen bin.
Jetzt ist es im Gang nicht mehr ganz so finster, wie noch letzte Nacht. Trotzdem muss ich mich mit Mühe die Wand entlang tasten, um nicht irgendwo gegen zu laufen.Ich sehe Tarji, als ich die Höhle verlasse. Ich habe mir dabei sicher die ein oder andere Beule eingehandelt. Tarji lächelt. Sie scheint nicht zu glauben, dass ich den Stamm verraten würde. Vielleicht könnte sie die Anderen davon überzeugen, dass ich unschuldig bin. Wobei, so genau weiß ich das selber nicht. Vielleicht werde ich den Stamm ja noch verraten. Vielleicht werde ich gefoltert werden und so dazu gezwungen, Verrat zu begehen.
Denk sowas nicht, Ava. Das wird schon nicht passieren. Du must dir auch immer grundlos Sorgen machen. Die innere Stimme in mir hat gut reden. Grundlos mache ich mir definitiv keine Sorgen.
"Ava", begrüßt mich Tarji. Sie nimmt mich bei der Hand und führt mich weg. Ich hoffe, dass sie mich zu Tamirat bringt. Der kann mich zumindest verstehen.Tatsächlich bringt sie mich zum großen Lager, wo ich weitere Stammesmitglieder sitzen und essen sehe. Als sie mich sehen, beginnen sie leise miteinander zu tuscheln. Ich schnaube. Sollen sie doch. Ich weiß ja, dass ich unschuldig bin. Das reicht mir vollkommen aus. Sollen die doch denken, was sie wollen, mir egal.
Ich versuche so selbstbewusst, wie möglich an einer Gruppe junger Mädchen vorbei zu schreiten.Leider stolpere ich unbeabsichtigt über einen Stein und stürze. Das Blut schießt mir in den Kopf und ich werde rot. Man, ist das peinlich! Die Mädchen, an denen ich eigentlich so cool vorbeistolzieren wollte, kichern leise über mein Missgeschick. Eines der Mädchen steht von ihrem Stein auf und hilft mir auf. Nach kurzem überlegen kann ich sie als Sama identifizieren.
Tarji bedeutet mir, weiter zu gehen. Ich folge ihr weiter bis zu einem großem Felsen. Dort stehen Tamirat und eine Frau. Die Frau, sie ist sicher schon Mitte sechzig, trägt eine lange Brandnarbe auf dem Rücken. Sie schaut zu uns, als sie uns kommen hört. Ihre Augen mustern mich von oben bis unten. Sie bleiben an meinem Hals hängen. "Das ist sie also." , meint sie.
Überrascht sehe ich sie an. Noch jemand, der meine Sprache spricht? Warum konnte ich nicht mit der Frau reden, wo sie doch noch besser meine Sprache beherrscht, als Tamirat?
"Sie war beim Silber-Löwen?" , fragt sie schließlich Tamirat. Sie wendet ihren bohrenden Blick von mir ab und mustert nun den alten Mann. Dieser nickt. "Ja."
"War ja klar. Er scheint ihr zu vertrauen, sonst hätte er ihr nicht die Kette gegeben."
Kette? Ich habe doch keine Kette bekommen. Oder?
Ich fasse mir an den Hals. Und tatsächlich: Ich spüre eine Schnur mit einem Anhänger um meinen Hals. Ich streife die Kette ab und betrachte sie. Das Band scheint aus dünnen Schnüren geflochten zu sein. Der Anhänger gleicht dem Eckzahn eines Raubtiers, nur viel kleiner. Er ist gerade mal so groß, wie der einer gewöhnlichen Hauskatze.
"Du solltest gut auf ihn acht geben." , sagt die Frau schließlich noch, bevor sie verschwindet.
Tamirat kommt auf mich zu. Er sieht sehr ernst aus. "Das Shaona." , stellt er die Frau vor.
"Sie Frau von Naledi, dem Führer." Ich nicke. Ich hatte verstanden. "Kommen. Erzählen, was passieren bei Mondseele."
Ich lasse mich auf dem Boden nieder. Tamirat lässt sich gegenüber von mir auf den Boden sinken."Was du gesehen?" , fragt Tamirat schließlich. Ich zögere kurz, bevor ich damit beginne, Tamirat von meinem Erlebnis mit der Mondseele zu erzählen.
"Dieser Löwe kam auf mich zugeschwebt und rief meinen Namen. Ich hatte Angst, und wich zurück. Doch der Löwe, er gab sich als Mondseele aus, meinte, ich müsse keine Angst haben.
Er erzählte mir vom Gepardenstamm und vom Hyänenstamm, die vorhaben, den Löwenstamm anzugreifen. Er meinte, die Mondseelen der beiden Stämme hätten mein Flugzeug zum abstürzen zu bringen, weil ich den Untergang des Löwenstammes verhindern könne."Nachdem ich Tamirat alles erzählt habe, steht er auf und geht.
Ich sehe ihm nach. Ein bisschen verwirrt bin ich schon, weil er meine Geschichte nicht kommentierte. Auch ich erheb mich nun. Ich strecke meine müden Glieder und mache mich auf den Weg zu den anderen Stammesmitgliedern.Ich sehe Shaona und gehe zu ihr. Sie unterhält sich gerade mit Naledi, ihrem Mann, wenn ich mich recht entsinne. Sie verstummen, als ich an sie herantrete. Naledi wirft mir einen misstrauischen Blick zu, bevor er sich abwendet und geht. Ich glaube, er mag mich nicht besonders. Doch warum er mich dann hier im Stamm behält, ist mir ein Rätsel. Meinen Informationen nach ist er nämlich der Anführer des Stammes. Folglich könnte er mich doch einfach der Natur und den wilden Tieren überlassen, oder?
"Nimm es nicht böse." , meint Shaona und sieht mich entschuldigend an. "Er ist manchmal so." Beim Lächeln bekommt sie leichte Lachfältchen um die Augen herum. Nicht, dass sie so nicht auch schon Falten hätte, aber -
Ich glaube ich sollte lieber damit aufhören, über die Menge an Falten in Shaonas Gesicht nachzudenken. Das kommt nicht gut.
Plötzlich taucht ein Junge neben Shaona auf. "Yuven, was ist los?" , wendet sich Shaona an ihn.
Ich stöhne genervt auf. Das darf doch nicht war sein. Den kenne ich doch. Yuven war doch der, der so guckt, wie ein bockiges Kind!
Der dunkelhaarige wirft mir einen tödlichen Blick zu. Sofort muss ich an die Dame vom Flughafen denken. Yuvens Todesblicke machten den ihren schon Konkurrenz. Ich grinste bei dem Gedanken daran, wie ich sie immer weiter provoziert hatte. Ja, es war vielleicht nicht ganz nett gewesen, das muss ich im Nachhinein zugeben, aber es hatte wirklich viel spaß gemacht, die Frau so zu reizen.
Yuven wendet aufgrund meines Grinsens verwirrt den Kopf und sieht nun Shaona an. Ha! Das hatte er nicht erwartet.
"Shaona, Herrin. Ich wollte mich erkundigen, was nun mit unserem ungebetenem Gast geschieht. Es ist ja offensichtlich, dass sie uns früher oder später verraten wird, so wie es schwache Menschen immer tun."
Ich schnaube. Das kann er doch nicht wirklich ernst meinen? Ich und schwach? Wenn der wüsste, wie viel ich schon durchgemacht habe! "Yuven, es besteht Grund zur Annahme, dass sie nicht die ist, die uns verraten wird. " , beschwichtigt Shaona Yuven. Oder er versucht ihn zu beschwichtigen. Denn Yuven denkt gar nicht daran, sich von Shaona beschwichtigen zu lassen."Und wie kommst du darauf?" , entgegnet Yuven mit einem wütendem Funkeln in den Augen. "Yuven. Respekt."
"Shaona, Herrin. Wie kommst du darauf, dass dieses Ding keine Bedrohung für den Stamm darstellt?"
"Der Löwe vertraut ihr."
"Meinst du Chuk? Der vertraut doch jedem!" Yuvens Stimme wird wieder lauter.
"Nein, Yuven. Die Mondseele vertraut ihr. Der Sternenlöwe. Siehst du nicht die Kette?"
Das Bockige Kind schnaubt, als Shaona die Kette unter meinem Shirt hervor zieht.
"In dem Fall ist der Sternenlöwe genauso töricht und naiv wie der Rest des Stammes! Wer sollte uns denn sonst verraten? Kein Löwe würde sowas tun!"Yuven dreht sich auf dem Absatz um und stürmt davon.
"Er will nur das, was wir alle wollen." , murmelt Shaona leise. Sie wirkt betrübt. "Er will doch auch nur das Beste für den Stamm." Sie wirft mi einen prüfenden Blick zu. Dann ergreift sie meine Hand. "Komm. Tamirat soll dir alles erklären. Immerhin ist er der Einzige, der deine Sprache ..."Moment! Aber ich hatte doch alles verstanden! Wenn Tamirat auf einmal der Einzige war der meine Sprache spricht ...
Hies das dann nicht , ich weiß es klingt verrückt, dass ich die Sprache des Stammes auf wundersame Art und Weise gelernt hatte?
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The new Lioness
AdventureAva Green landet bei einem Flugzeugabsturz mitten in der Wildnis Afrikas. Schwer verletzt wird sie vom Löwen-Stamm, eine Gruppe aus einheimischen Afrikanern gefunden und gesund gepflegt. Sie wird quasi ein Mitglied des Stammes. Doch nicht jeder ist...