XLIII

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Sichtwechsel zurück zu LAILA

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Müde öffnete ich meine Augen und sah mich um. Das war definitiv nicht Darryls Zimmer. Und auch nicht meins! Das blaubezogene Bett war unglaublich weich und die Sonne erhellte das Zimmer mit ihrem natürlichen Licht. Die Vorhänge bedeckten die Fenster nicht mehr und die Terrassentür war auf.

Gähnend setzte ich mich auf und streckte meinen Rücken und meine Arme durch. Als ich die Bilder an der Wand sah, auf denen Familienmitglieder und Saras Katze zu sehen war, wusste ich wo ich mich befand. Bei meiner besten Freundin.

„Na, schon wach?", erklang ihre Stimme. Sie stand im Türrahmen zur Terrasse und hatte ihre Arme verschränkt.

Ich gab ein kurzes Lachen von mir als Bestätigung und schloss nochmal für einen Moment die Augen. Dann tauchten plötzlich die Bilder von letzter Nacht auf. Wie Darryl dem Fremden das Genick gebrochen hatte. Also war das Alles doch kein Traum.

„Wie bin ich hier eigentlich hergekommen?", fragte ich unnötigerweise.

„Das weißt du nicht mehr?"

Ich schüttelte mit dem Kopf. „Naja, nicht so richtig. Ich bin mir nicht sicher." Wieder musste ich bei meiner Antwort lachen, da ich mir selber etwas dumm vorkam.

Sara kam auf mich zu und setzte sich mit aufs Bett. Kurz darauf sprang auch ihre Katze Milli darauf und legte sich auf ihren Schoß. Die weiße Kätzin mit dem langen Fell hatte ich gar nicht bemerkt. Als meine beste Freundin anfing sie zu streicheln, fing sie mit schnurren an, was uns beide schmunzeln ließ.

„Also, was weißt du denn noch?", fing sie an. Ich zuckte mit den Schultern. Sollte sie mir lieber erzählen, was passiert war. Am Ende blamierte ich mich noch unnötigerweise. „Okay, wo fang ich an?", murmelte sie nachdenklich. „Naja, du und David standen letzte Nacht vor meiner Tür und du warst ziemlich aufgelöst. Er meinte nur, dass ich auf dich aufpassen soll und dann ist er wieder gegangen. Und du hast mir dann erzählt, dass Darryl jemanden getötet hat. Jemanden von Ihnen."

Bei der Erinnerung erschauderte ich, jedoch war meine Angst vor Darryl verschwunden.

Er hatte nur versucht mich zu beschützen und das war auch berechtigt. Zwar war ich mit der Art und Weise nicht ganz einverstanden, aber jetzt war es passiert und das würde an unsere Beziehung nichts verändern. Mit anderen Worten ich hatte dem Schwarzhaarigen unbewusst schon längst verziehen. Ich musste dringend mit ihm reden!

„Woran denkst du?", riss Sara mich aus meinen Gedanken.

Ich wurde etwas unsicher, da ich mir sicher war, dass ihr meine Antwort nicht gefallen würde. „Ich habe nur daran gedacht, dass ich... eventuell überreagiert hab und, dass wir dringend miteinander reden sollten."

„Überreagiert?! Laila, der hat jemanden getötet! Da ist deine Reaktion absolut nachvollziehbar!", belehrte mich Sara, aber ich hatte meine Entscheidung schon getroffen.

„Es war auch nicht schön, das mit anzusehen, aber er wollte mich nur beschützen!", verteidigte ich meinen Freund.

Sara beäugte mich kritisch. „Du weißt, dass das nicht sein erster und sein letzter Mord war?"

„Ja." 

Meine Gedanken gingen wieder zu dem Typ, der mich in der Nacht des Sommerfests angegriffen hat. Es war mehr als klar, dass auch er von Darryl getötet wurde.

„Und ich hab es dir immer gesagt, aber du wolltest ja nicht auf mich hören", stellte meine Freundin dann enttäuscht fest, was in mir sofort das schlechte Gewissen weckte.

Bedauernd seufzte ich. „Ich weiß, tut mir leid."

Eine Weile blieben wir einfach so sitzen und streichelten Milli weiter, die bereits fest schlief. Doch dann meldete sich mein Magen mit einem lauten Knurren.

„Haha, Frühstück?", fragte Sara mit hochgezogener Augenbraue.

Begeistert nickte ich und sie verließ das Zimmer. Die weiße Katze ließ sie bei mir auf dem Bett und ich stand auf, um mich fertig zu machen. Schnell hatte ich meine Klamotten wieder eingesammelt und lief ins Bad. Unter der Dusche musste ich unwillkürlich sofort an Darryl denken, wobei mir die Röte ins Gesicht schoss. Als ich fertig war, betrat ich die kleine Küche, wo Sara bereits Brötchen im Backofen warm machte. Ich deckte derweil den Tisch und suchte Nutella, Marmelade und Butter zusammen.

„Was ist jetzt eigentlich mit dir und David?", fragte ich an Sara gerichtet, die darauf sich an ihrem Kaffee verschluckte.

Eine Weile hustete sie, ehe sie mich gekonnt verwirrt ansah. „Was soll zwischen uns laufen?"

„Naja, du wolltest doch etwas von ihm." Meine Miene verfinsterte sich. „Oder war das etwa auch nur gelogen und vorgespielt?" Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme einen anklagenden Ton annahm.

Betreten sah sie auf ihre Finger, die um die warme Tasse gelegt waren. „Nein, das war nicht... ich... ach Laila! Das zwischen mir und David ist mehr als kompliziert", seufzte sie.

„Wie?" Ich legte den Kopf schief.

Doch noch bevor sie antworten konnte, klopfte es laut an der Tür und wir zuckten beide zusammen. Sara signalisierte mir, dass ich sitzen bleiben sollte, also tat ich dies auch. Leise lief sie zum Fenster und zog den weißen Vorhang beiseite, um besser raussehen zu können.

Ihre Augen weiteten sich schockiert, während sie sich hektisch zu mir drehte. „Laila, du musst verschwinden! Sofort!" Ich musste nicht nachfragen. Es war klar, dass derjenige vor Saras Tür uns nicht freundlich gesinnt war und eine Gefahr darstellte. „Geh zur Terrasse raus! Ich versuche ihn abzulenken!" 

Gesagt, getan. Eilig lief ich die Treppe hoch in Saras Zimmer. Dort schlug ich die Tür zu und erschreckte somit Milli, die laut fauchte.

Während ich die Terrasse betrat, die auf der anderen Seite des Hauses war und zum Garten zeigte, wählte ich Darryls Nummer. Ein Glück, dass David mir sie damals eingespeichert hatte. Doch er nahm nicht ab, weswegen ich ihm eine Nachricht schrieb, nachdem ich im Garten gelandet war. Diese kam auch an, wurde aber nicht gelesen.

Ich rannte in Richtung des Trainingsplatzes, von dort aus kam ich am schnellsten zum Lager. Wenn Darryl meine Nachricht lesen würde und ihm noch etwas an mir lag, dann würde er mir hoffentlich entgegenkommen.

Was Sara betraf, auf sie konnte ich mich verlassen. Sie würde den Typ so lange vollreden, bis er endgültig genervt war. Auf der anderen Seite machte ich mir Sorgen um sie. Der fremde Clan schreckte nicht davor zurück, wehrlose Zivilisten zu töten, um ihren Willen zu bekommen.

So schnell ich konnte lief ich durch den Wald und stolperte ein paar Mal über Wurzeln. Jetzt war es zum Glück hell und die Sonne schien warm, so hatte ich es einfacher als sonst. Es dauerte auch nicht lange, da hörte ich Schritte hinter mir. Ob er allein war, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich schneller sein musste und hoffte, Darryl würde meine Nachricht lesen und kommen.

His Green EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt