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L U K E

Geschockt sah ich zu Joachim hoch. Verbannung?! Auch Zain klappte die Kinnlade runter. „Was?! Joachim, das kann nicht dein Ernst sein! Luke konnte nichts dafür! Es war ein Unfall!"

„Wir haben es so entschieden. Luke hat sich von Anfang an nicht den Regeln und unseren Sitten gefügt. Die Bestrafung ist noch mild. So hat er wenigstens die Chance doch noch zu überleben", erklärte unser Oberhaupt. Naja, mein ehemaliges Oberhaupt...

Während Zain weiter diskutierte, nahm ich mein Schicksal an. Ich nahm die Bestrafung einfach hin. Was sollte ich auch sonst tun? Bis auf Zain war keiner auf meiner Seite. Nicht einmal meine Eltern. Und nicht einmal ich selbst.

Irgendwann mischte sich der ganze Stamm ein. Alle gaben lautstark preis, dass ich verschwinden sollte, und ich wurde in meiner Haltung immer kleiner. Doch am meisten schmerzte der hasserfüllte Blick meiner Mutter. Klar gab sie mir die Schuld. Ich konnte es ihr ja auch nicht verdenken, da ich ebenfalls so dachte.

„Dann gehe ich mit ihm!", behauptete mein Bruder plötzlich.

Überrascht hob ich den Kopf. Er wollte mit mir kommen? Ins Exil?! Das durfte er nicht machen! Zain war hoch angesehen. Er hatte die Chance auf einen hohen Posten und er würde alles aufgeben dafür.

„Nein, das lass ich nicht zu! Ich kann doch nicht alle meine Kinder verlieren!", schrie unsere Mutter aufgebracht. Sie lief auf ihren ältesten Sohn zu und nahm dessen Gesicht in ihre Hände. „Das kannst du mir nicht antun! Du bist mein Sohn!"

„Ach, aber Luke nicht?"

Sie schüttelte den Kopf und trat einen Schritt zurück. Verachtend blickte sie zu mir. „Nein, er ist nicht mein Sohn."

Das tat weh. Mein Herz zog sich zusammen und ich spürte ein Stechen in der Brust. Ich wusste ja, dass ich nicht ihr Lieblingskind war, aber so? Und wie sah mein Vater das? Er sagte nichts, sondern sah sich die Situation einfach nur an. So, als habe er sich bereits mit dem Ergebnis abgefunden.

„Dann bin ich es auch nicht", gab Zain kalt zurück.

Demonstrativ stellte er sich neben mich. Seine Nähe tat gut. Sie gab mir in diesem Hagel aus Hass etwas Sicherheit. Das Gefühl, dass wenigstens einer zu mir stand.

„Nein! Du kannst nicht mit ihm kommen! Wo willst du denn hin?! Mit ihm stürzt du dich ins Verderben!", klagte die Frau vor uns. Unsere familiäre Verbindung war an einem Abend zerrissen.

Zain zog mich mit sich in Richtung Ausgang. „Das ist mir egal, ich werde ihn nicht allein gehen lassen!" Seine Worte fühlten sich an wie eine warme Hülle, die mich umgab und schützte.

„Dir ist hoffentlich bewusst, dass es dann kein Zurück mehr für dich gibt, Zain. Du kannst dann nie wiederkommen. Offiziell bist du ein Verstoßener", warnte Joachim.

Mein Bruder nickte. „Ich weiß. Ich hab auch nicht die Absicht noch mal wiederzukommen."

„Dann geh!" Joachims Stimme war auf einmal lauter geworden und ich zuckte zusammen. Zain zog mich weiter, doch ich blieb stehen und hielt ihn am Arm zurück.

„Tu das nicht, Zain. Ich weiß deine Worte zu schätzen und das bedeutet mir wirklich etwas, aber du kannst nicht wegen mir alles aufgeben", sagte ich mit Nachdruck in meiner Stimme. Im Inneren wusste ich aber, dass wenn Zain wirklich hierbleiben würde, ich endgültig am Boden wäre. Er war meine einzige Stütze.

Mein Bruder sah mir sanft in die Augen und sein weicher Ausdruck beruhigte mich. „Ich gebe nichts auf, Luke. Das Alles hier hat keinen Wert bei dem Mangel an Weisheit und Gnade."

Damit zog er mich mit sich.

Unsere ehemalige Mutter klagte und schrie. Doch sie hielt uns auch nicht auf. Der ganze Stamm ließ uns gehen, ohne ein weiteres Wort.

Als wir draußen waren und sich das Tor schloss, schwand das Adrenalin aus meinem Körper und ich blieb erschöpft stehen. Erst jetzt wurde mir das Ausmaß der ganzen Aktion bewusst. Wir waren verbannt. Für immer. Als ob der Tod unseres Bruders nicht reichte.

„Du hättest das nicht tun müssen", meinte ich tonlos.

Zain stellte sich vor mich und legte mir die Hände auf die Schultern. „Stimmt, ich wollte es tun."

Ich lächelte leicht. „Danke, das beweist echt Charakter."

Der Schwarzhaarige klopfte mir auf die Schultern. „Ich weiß", Er grinste, „Glaub mir, ich hätte dich nie allein gehen lassen! Ein verlorener Bruder reicht mir."

„Tut mir-", setzte ich an, doch Zain unterbrach mich.

„Hör auf. Sag es nicht. Es war ein Unfall, okay?!" Dennoch hörte ich aus seiner Stimme die Trauer heraus und wie er die Situation zu entschärfen versuchte. „Lass uns einen Schlafplatz suchen", schlug er müde vor.

Gemeinsam liefen wir durch den Wald. Nebeneinander. Das Thema mit Kodi oder die Verbannung wurde nicht noch einmal angesprochen. Jeder von uns hatte seine eigenen Gedanken dazu und die mussten auch erstmal verarbeitet werden.

Es war dunkel und ich konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Zum Glück kannten wir das Gebiet auswendig. Zain hatte beschlossen das Revier zu verlassen, sich einen geeigneten Platz zu suchen und dann morgen weiterzuziehen. Ein guter Plan. Und auch unser einziger Plan. Nur was dann passiert war für uns ein Rätzel. Ich war noch minderjährig und Zain hatte weder eine Ausbildung noch einen gültigen Schulabschluss. Auch ich war nie in einer Schule. Wir wurden immer Zuhause unterrichtet.

„Was machen wir morgen?", flüsterte ich niedergeschlagen.

Zain zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, das sehen wir, wenn es so weit ist."

Dann Stille. Nur das Unterholz knackste unter unseren Schritten und Blätter raschelten. Die Dunkelheit machte mir keine Angst, nur die Tatsache, dass wir ohne Stamm schutzlos anderen Gruppen ausgeliefert waren. Wir hatten einen großen Bogen um die Schlucht gemacht. Zwar stellten sich bei mir sämtliche Nackenhaare auf, aber wir konnten nur in das Gebiet flüchten. Auf der anderen Seite unseres Reviers war ein Staudamm.

An einer günstigen Stelle, die nicht mehr zu unserem Stamm gehörte, überquerten wir die Schlucht und suchten anschließend einen versteckten Platz. Dort machte Zain ein kleines Feuer und wir legten uns auf den Waldboden. Sehr bequem. Nadeln, Tannenzapfen, kleine Insekten...

Mein Bruder war schnell eingeschlafen, doch ich hatte das Privileg noch lange wach zu bleiben. Immer wieder drehte ich mich auf die andere Seite und sah dann Zain an. Das Feuer war zwischen uns und war so klein, dass es kaum Wärme spendete.

Wo willst du denn hin?! Mit ihm stürzt du dich ins Verderben!

Hallte plötzlich die Stimme meiner Mutter in meinen Gedanken nach. Vielleicht hatte sie recht. Zain war ohne mich besser dran. Am Ende stürze ich ihn wirklich noch ins Verderben! Ich sollte gehen. Leise erhob ich mich. Es tat weh, ihn zurückzulassen, doch es war der richtige Weg. Also schlich ich mich davon und verschwand in dem dunklen Wald, noch ungewiss, was vor mir lag.

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Hi, hoffentlich hat es euch gefallen. Wenn ja, dann Voten bitte nicht vergessen. Denkt ihr Zain und Luke sehen sich nochmal wieder?💗

His Green EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt