12. Oktober, Montag
Es ist soweit! Der erste Tag an der Münchener Universität. Ich bin sehr aufgeregt. Wir wohnen schon seit einer Woche mit Ipek zusammen. Bis jetzt läuft alles gut. Ich rufe Anneanne oft an, da ich sie sehr vermisse. Irgendwie ist es so, als hätte ich ein Teil von mir zurück gelassen. Sie hat mir so viel Manti und andere Gerichte mitgegeben, die ich im Gefrierfach verstauen soll. Wir sind echt gut versorgt. Das BAföG wurde mir auch genehmigt, weshalb die Miete nicht meine Großeltern bezahlen müssen. Mir bleibt sogar etwas Geld über! Ein Glück hat Ipek ein Auto und fährt somit immer zur Uni. Zu Fuß wären es zwar um die fünfzehn Minuten, jedoch bin ich etwas faul um zu laufen. Heute findet unsere erste Vorlesung statt, ich bin so aufgeregt!
Angekommen parkt Ipek ihren schwarzen 1er BMW. Das Parken könnten wir noch üben. Wir steigen aus und steuern zusammen auf das Gebäude zu. „Ich bin so aufgeregt!", strahlt Ipek und springt vor Freude. „Ich auch. Ich hoffe es wird nicht langweilig.", seufze ich. „Wir treffen uns dann später in der Mensa okay? Schau auf dein Handy, ich muss hier lang. Bis später.", sagt sie und umarmt mich flüchtig. Ich lächele kurz überfordert und laufe dann mit schnellen Schritten in den Saal wo meine Vorlesung stattfindet. Der Saal ist nicht zu voll, auch nicht zu leer. Ich setze mich in die zweite Reihe und hole meine Unterlagen raus. Der Raum füllt sich immer mehr und mehr. Der Stuhl neben mir wird belegt, was nicht zu überhören ist. „Sorry", sagt eine männliche Stimme. Sein Rucksack ist runtergefallen und hat für Lärm gesorgt. Ich sehe ihn ohne Regung an und gucke dann wieder vor. Als der Professor endlich kommt beginnt auch schon die erste Vorlesung meines lang ersehnten Studiums.Es war interessant, ich darf aber nicht den Faden verlieren und muss am Ball bleiben. Ich zücke mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche, während ich auf die Mensa zusteuere und schreibe Ipek eine Nachricht.
Wo bist du?
Angekommen sehe ich weder eine Ipek, noch jegliche Spur von ihr. Genervt seufze ich. Wenn es etwas gibt was ich nicht mag, dann ist es zu warten. Trotzdem komme ich immer zu spät bei Treffen. Innerlich muss ich lachen, weshalb ich mein Handy zur Hand nehme damit das nicht ganz so dumm aussieht. Immer noch keine Nachricht von Ipek. Ich laufe hin und her, auf und ab. „BUH!" Ich schreie auf und schlage aus Reflex auf die Schulter der mich erschreckenden Person. „Man bist du blöd?", gebe ich ängstlich von mir. „Ich werde nie genug davon haben!", lacht Ipek teuflisch und nimmt ihr Handy runter, mit dem sie mich höchstwahrscheinlich gefilmt hat. „Als Entschuldigung hole ich dir einen Kaffee. Komm." Wir stellen uns an der recht langen Schlange an und warten etliche Minuten. „Hast du hunger?" Ich schüttele meinen Kopf. „Mein Professor ist voll hübsch. Er ist jung.", sagt sie zweideutig. Ihre Augenbrauen wackeln wie wild, was mich schmunzeln lässt. „Konntest du dich überhaupt konzentrieren?" „Es war so schwer!", gibt sie gespielt dramatisch von sich, was mich auflachen lässt. Nach längerem Warten kommen wir dran. „Einen Vanillekaffee bitte", sage ich der etwas molligeren Dame. Sie nickt und wendet sich zu Ipek. „Einen Cappuccino" Ich mag irgendwie kein Kaffee. Vanillekaffee ist hierbei ausgenommen. Es schmeckt nur nach Vanille und somit sehr gut. Als wir unsere Bestellungen bekommen, laufen wir an einen Tisch und hocken uns hin. „In zehn Minuten beginnt meine nächste Vorlesung", informiert mich Ipek. „Meine glaub auch", zucke ich mit den Schultern. Ich lasse meinen Blick durch die Mensa wandern und bemerke eine Vielfalt an Menschen. Wie individuell wir doch alle sind. Ich sehe auch den Typen der seine Tasche neben mir fallen lassen hat. Er sitzt mit einer Jungsgruppe lachend an einem Tisch und isst ein Laugenbrötchen. Irgendwie erinnert er mich an jemanden, aber ich kann mir nicht erklären an wen. Vielleicht fällt es mir ja noch ein. Die Minuten vergehen wie im Flug, weshalb wir beide uns trennen und in unsere jeweiligen Säle laufen. Ich lasse mich wieder in eine der ersten Reihen nieder und packe mein Schreibzeug aus. Der Raum füllt sich wie immer mehr, aber ich bin wie immer eine der ersten. Der Junge von vorhin betretet nun ebenfalls den Saal. Er hat dunkelblonde, kurze Locken und mandelförmige Augen. Ich glaube sogar, dass er Asiate ist. Groß ist er auch, und hat eine gebräunte Hautfarbe. Mein Blick trifft ungewollt auf seinen, weshalb ich schnell wegschaue und mein Handy auspacke. Bitte setz dich nicht zu mir, bitte setz dich nicht zu mir... Und wie es das Schicksal will, setzt er sich natürlich neben mich. Ich muss mich räuspern, versuche dabei nicht zu ihm zu gucken. Wieso fällt er überhaupt so auf? „Hier ist schon frei oder?", fragt er nun und zeigt auf den Stuhl auf dem er sitzt. Nein, du sitzt dort. Ich nicke einfach, um das Gespräch nicht vertiefen zu müssen. Er lächelt leicht wissend und murmelt ein „Gut." Der Professor kommt rein und beginnt mit der Vorlesung, weshalb ich meine ganze Aufmerksamkeit ihm gehöre.
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Zu zweit allein
Teen FictionWas passiert wenn ein junges Mädchen aufgrund einiger Schicksalsschläge kein Stück ihrer Jugend genießen kann? Wenn sie um sich selber sorgen muss und ihr Zuhause kein Zuhause ist? Zeitgleich muss sie sich auch auf die Schule konzentrieren, weil sie...