Mit starken Kopfschmerzen wache ich zu dem Ton meines Weckers auf. Genervt schalte ich ihn aus und halte kurz meinen Kopf. Als ich realisiere was gestern alles vorgefallen ist, schaue ich mich panisch um. Kenan? Wo ist er? Hektisch sehe ich mich um. Keine jegliche Spur von ihm. Wenn ich an seine Geste gestern denke, bekomme ich so ein komisches Gefühl im Bauch. Er hat gewartet bis ich eingeschlafen bin und ist dann gegangen. Wieder einmal war er mein Helfer in Not. Wieder einmal hat er mich gehalten als ich dabei war zu fallen. Weil ich in deinen Augen mein altes Ich sehe. Was verbirgt dieser Mann? Sonst redet er kaum, und gestern haut er diesen Satz raus. Ich kann nicht aufhören an diesen Satz zu denken. Seine Stimme schwirrt in meinem Kopf. Erneut möchte ich ihm so viele Fragen stellen, jedoch habe ich die Möglichkeit dazu nicht. Ipek! Wie geht's Ipek? Ob sie schon wach ist? Kurz stockt mein Atem, doch stehe dann auf und rase aus meinem Zimmer. In der Küche sehe ich eine gerichtete Ipek, die gerade braungebranntes Brot aus dem Toaster holt. Sie bemerkt mich erst nicht, doch als ich erleichtert seufze und zu ihr laufe registriert sie meine Anwesenheit. „Guten Mo-" Ohne dass sie aussprechen kann, renne ich ihr in die Arme und umarme sie sehr fest. Überrascht umarmt sie mich auch, doch versteht glaube ich. Ja, ich umarme sie selten. Aber wenn, dann aus tiefstem Herzen. Gestern war wieder so ein Moment, wo ich mir oft viele Gedanken drum mache. Wir wissen nie wann wir den letzten Moment mit einer Person erleben. Also sollte man seinen Liebsten auch Mal zeigen, dass man sie wirklich lieb hat. Irgendwann kann es nämlich zu spät sein. Auch wenn ich gar nicht der Mensch fürs Gefühle zeigen bin, möchte ich es bei Ipek zumindest öfter versuchen. Später Mal möchte ich so gut wie nichts bereuen. Ich löse mich mit einem tristen Blick von ihr. „Geht's dir gut?" Sie nickt und presst ihre Lippen zusammen. „Kannst du dich an gestern erinnern?" Ich habe so viele Fragen, die ich ihr so gerne stellen würde. Ihr Kopf schwebt hin und her. „An den Anfall nicht, aber an Kenan? Kann das sein?", fragt sie unsicher. Dieses Mal nicke ich. „Warum war er hier? Ich dachte du magst ihn nicht so?" Ach Ipek, wenn du nur wüsstest. Während ich denke dass ich von ihm Abstand brauche, ist er eigentlich mein Mittel zur Ruhe. Ich erkläre ihr im Schnelldurchlauf die Situation. Natürlich lasse ich den letzten Part des Abends aus. Währenddessen widmet sie mir ihre komplette Aufmerksamkeit und konzentriert sich auf jedes Wort was meinen Mund verlässt. „Er muss einen Epileptiker kennen, da wette ich drum." Das erscheint mir auch logisch. „Er hat so gut und schnell gehandelt. Besser hätte er nämlich nicht handeln können.", versichert sie mir. „Ich weiss nicht was ich getan hätte wäre ich alleine gewesen.", seufze ich am Ende meines Satzes. „Fürs nächste Mal bist du vorbereitet. Also natürlich hoffe ich nicht auf sowas, aber du weisst was auf dich zukommt." Eine andere Wahl als nicken habe ich nicht. „Was war überhaupt der Auslöser?" Sie seufzt und lehnt sich an die Theke. „Ich glaube Uni Stress. Kurz vor dem Anfall hatte ich sowieso schon starke Kopfschmerzen, ich habe es eigentlich geahnt.", gibt sie zu. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und verschränke meine Arme vor der Brust. „Du bist alleine und gibst mir dann nicht Bescheid?", frage ich mahnend. Sie wendet ihre Augen nach links und rechts. „Nein- Also- Ja." Sie hebt ihre Hände unschuldig hoch und sieht mich ängstlich an. „Das nächste Mal gibst du mir oder den Menschen um dich herum gefälligst Bescheid!", sage ich etwas angesäuert. Sie nickt und hält ihre Hände weiterhin oben. „Somit können wir alle früh genug reagieren.", erkläre ich. Sie verkneift sich ein grinsen und nickt. Wieso grinst sie jetzt? Was ist so lustig? Meine Augen kneife ich leicht zu und meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Fragend schüttele ich kurz den Kopf und warte auf eine Antwort. „Du kannst ja auch einfach Kenan anrufen, er hilft dir bestimmt gerne.", sagt sie und lacht schelmisch auf. Mein Mund klappt auf, genau wie meine Augen. „Ipek!", sage ich schockiert. Sie muss wegen meiner Reaktion noch mehr lachen und umarmt mich danach, was ich aber keinesfalls erwidere. „Du bist so ein Penner!", sage ich genervt und lache kurz auch.
Nachdem wir gefrühstückt haben, mache ich mich im Bad fertig und ziehe mich schnell um. Ich entscheide mich für meine perfekt sitzende blaue Mom Jeans und ziehe dadrunter wie gewohnt meine Sportsocken an. Ohne diese langen Socken würden meine Knöchel einfrieren. Nach kurzer Überlegung greife ich zu meinem beigen Rollkragen Oberteil. Es liegt enger an als sonst, habe ich zugenommen? Es sitzt zwar perfekt und betont somit meinen Oberkörper sehr, jedoch war dieses Oberteil mir ein Tick zu groß. Egal, auch wenn ich zugenommen habe. Schnell ziehe ich mir noch einen Silbergürtel an und kämme kurz meine langen Haare durch. Anschließend trage ich kurz noch mein Lieblingsparfüm auf und Voila - ich bin bereit. Im Flur schlüpfe ich in meine geliebte Winterjacke und warte wie immer auf Ipek. Mit einem wunderbaren Aussehen kommt sie aus ihrem Zimmer und zieht meine Boots an. „Nur noch heute, wirklich!" Diesen Satz wiederholt sie jedes Mal wenn sie diese Schuhe anzieht. Genervt ziehe ich meine Sneaker an und laufe schonmal runter.
Angekommen läuft Ipek vor, da ich ein kurzes Telefonat mit Oma führen wollte. Gestern konnte ich sie leider das erste Mal nicht anrufen. Deshalb möchte ich das wieder gut machen. Nachdem ich mich auch über das Wohlbefinden meiner Großeltern erkundigt habe, laufe ich mit einem guten Gewissen in die Mensa und geselle mich zu den Mädels. „Oh da hat jemand aber gut geschlafen!", sagt Dilan und lächelt mich herzlich an. Sofort erwidere ich ihr Lächeln und nicke nur. „Wie geht's euch?", frage ich. „Schlaflos!", sagt Laura und kippt ihren Kaffee förmlich in sich rein. Ihre Augenringe fallen mir erst jetzt auf. Plötzlich haut jemand auf den Tisch und bekommt unsere ganze Aufmerksamkeit. Wir zucken alle vor Schreck zusammen und drehen uns schlagartig zu der Person. „Und wie ich euch erschreckt habe!" Ayaz lacht teuflisch und zieht dann einen Stuhl nach hinten. „Jetzt bin ich aufjedenfall wach, danke dafür!", sagt Laura und seufzt im Anschluss. Ipek lacht verzweifelt und sieht zu Dilan, welche ihren Blick erwidert. „Gern geschehen.", lacht Ayaz wieder. Ob er wohl was weiß? Hat Kenan ihm etwas erzählt? Als die Mädels dann aufstehen um an ihrer Vorlesung teilzunehmen, rutscht Ayaz zu mir auf und setzt jetzt gegenüber von mir. „Schau mal was ich für uns habe.", sagt er mit wackelnden Augenbrauen und fasst dabei in seine Tasche. „Tadaaa!" Er legt eine Packung Kokosnuss Chips zwischen uns und sieht mich erwartungsvoll an. Okay, anscheinend weiß er von nichts. „Mangos sind besser.", sage ich monoton. Daraufhin fällt sein Blick direkt und er fasst wieder in seine Tasche. „Da ich mit dieser Antwort gerechnet habe, habe ich die hier natürlich auch mitgenommen." Nun legt er eine Packung getrockneter Mangostreifen auf den Tisch. Dieses Mal lächele ich und nicke. Einerseits freue ich mich, weil er mich irgendwie so gut kennt und andererseits finde ich die Situation gerade lustig. „Du bist der Beste.", versichere ich ihm. Sein Blick nimmt wieder eine positive Wendung, er grinst und streift sich den Staub von den Schultern weg. „Das höre ich jeden Tag.", sagt er gespielt angeberisch. Lachend schüttele ich den Kopf und bemerke, wie der Stuhl neben Ayaz weggezogen wird. Sein wunderschönes Braun trifft mein Grün-Braun. Mein Lachen vergeht leicht, die Aufregung steigt. Sein fabelhaftes Parfüm steigt wieder durch meine Nase und sorgt für pure Zufriedenheit. Das Blut pumpt gefühlt doppelt so schnell durch meinen Körper und es wird immer wärmer. „Bruder, wo sind die Anderen?", fragt Ayaz verwundert. Kenan macht eine Kopfbewegung und zeigt somit zu seinen Jungs. „Ah! Ist Deniz auch da?" Er dreht sich um und schaut mit zusammengekniffenen Augen an den Tisch. Danach dreht er sich zu mir zurück und greift sich in die Hosentaschen. „Ich schulde ihm was, bin gleich zurück." Und mit diesen Worten verlässt der liebe Ayaz uns. Warum ausgerechnet jetzt? Klar wollte ich mich bei Kenan bedanken wegen gestern, aber ich bin im Moment nicht vorbereitet! Nervös hebe ich meinen Blick und sehe wieder direkt in seine Augen. Ist es ihm denn gar nicht unangenehm wenn ich ihn erwische? Er schaut nicht weg. Mir wird immer wärmer, ich muss die Jacke ausziehen. Erst räuspere ich mich, danach streife ich die Jacke von meinen Schultern und werfe meine Haare nach hinten. Kenans Blick wandert von meinen Augen runter zu meinem Oberteil. Wow toll, das ist ja noch unangenehmer. Dieses Mal haften seine Augen an meinem Oberteil. Ist da ein Fleck? Warte, schaut er mir auf die Brüste? Kann er vielleicht aufhören damit? Da ich es etwas unangenehm finde, verschränke ich meine Arme und stütze sie auf dem Tisch ab. Dadurch wird seine Sicht versperrt. Gezwungenermaßen sieht er mir wieder in die Augen und gibt keinen Mucks von sich. Okay, dann muss ich diesen Part übernehmen. Auch wenn ich keinen Plan habe was ich sagen möchte. Ach was solls', ich lasse meinen Gedanken freien Lauf. „Ehm.. Ich wollte mich für gestern bei dir bedanken.", setze ich an. Sein Blick ändert sich nicht. Keine Antwort, kein Mucks. Er ändert nur kurz seine Sitzhaltung, indem er sich etwas vorlehnt. Dass er immer noch in meine Augen sieht bringt mich aus dem Konzept. Deshalb wende ich die gestrige Taktik an und sehe auf den Tisch. „Ich kann mich nicht oft genug bedanken, wirklich. Wenn ich alleine gewesen wäre hätte vieles schief gehen können." Kurz sehe ich auf. Wie als wäre er eingefroren. „Und danke, dass du gewartet hast bis ich geschlafen habe.", sage ich etwas leiser als die letzten Sätze. Meine Finger spielen vor Aufregung miteinander. Noch einmal sehe ich auf und nehme meinen Mut zusammen. Erwartungsvoll sehe ich ihm in die Augen und schaue dieses Mal nicht weg. Sein strenger Blick sorgt für pure Gänsehaut an meinem Körper. „Jetzt kenne ich auch den Grund für deine Hilfe." Weil ich in deinen Augen mein altes Ich sehe. Wie sieht sein altes Ich denn aus? Was genau sieht er in meinen Augen? Seine Augenbrauen heben sich kurz. Was soll das heißen? Ist er überrascht? „Und noch etwas", setze ich an. Dieses Mal traue ich mich tief in seine Augen zu sehen. „Solltest du mich Mal brauchen, dann bin ich auch jederzeit für dich da.", biete ich ihm noch zu guter Letzt an. Ich werde nicht wegschauen bis er mir auf irgendeiner Art und Weise antwortet. Er nickt nur, doch allein dieses kleine Zeichen erleichtert mich sehr. Irgendwie will ich dieser fatalen Situation entkommen, deshalb entscheide ich mich dazu aufzustehen und einen Kaffee zu holen. Langsam schiebe ich den Stuhl zurück und stehe auf. Als ich mich umsehe, trifft mein Blick auf eine Melissa welche mich wütend mustert. Ich schaue genervt weg und sehe zu Kenan, der fragend zu mir hoch sieht und mich dann von Kopf bis Fuß mustert. „Kaffee. Willst du auch?" Er schüttelt seinen Kopf. Kurz hatte ich Hoffnung, dass er ja sagt. Pizza hat er doch auch gegessen? Wo ist der Unterschied, beides wird von Fremden zubereitet? Ach egal, ich nehme meinen Geldbeutel und watschele langsam vor. Ayaz ist immer noch am Tisch der Jungs und redet sichtlich viel. Kurz mache ich bei ihnen Halt und begrüße die Jungs. „Willst du Kaffee?", frage ich Ayaz. Er verneint, weshalb ich direkt weiterlaufe. Habe ich überhaupt genug Geld dabei? Konzentriert öffne ich meinen orangenen Geldbeutel und sehe nach, laufe aber dabei weiter. In dem Moment knalle ich leider stark gegen eine Person, woraufhin mein ganzes Portemonnaie runterfällt. Die ganzen Münzen rollen in verschiedene Richtungen. Netterweise hilft mir die Person und bückt sich zu mir hinunter. Kurz darauf spüre ich einen Knall an meinem Kopf, weshalb ich mir kurz den Kopf halte. „Sorry", sage ich und ziehe kurz darauf schmerzerfüllt die Luft ein. „Tut mir leid, geht's dir gut?", fragt mich eine männliche Stimme. Ich schaue auf und erkenne einen dunkelblonden Typ mit blauen Augen. „Ja.", sage ich überrumpelt und stehe langsam auf. „Sicher?" Der blonde Junge steht auch auf. Da er größer ist, sehe ich zu ihm hoch und nicke nur. Plötzlich fässt er mir an die schmerzende Stelle an meinem Kopf, woraufhin ich meinen Kopf rasch wegziehe. Gerade will ich gehen, jedoch fängt er wieder an zu reden. „Bist du nicht die wo mit Melissa gestritten hat?", fragt er und kneift leicht seine Augen zu, zeigt währenddessen mit seinem Zeigefinger auf mich. Antworten kommt für mich nicht einmal in Frage, weil sich eine Hand auf meine rechte Schulter legt und mich somit ablenkt. Überrascht sehe ich nach rechts, sehe aber nur eine männliche Hand mit einem Ring. Deshalb drehe ich meinen Kopf direkt nach links, um meinen Wissensdrang zu stoppen. Ich sehe in Kenans markantes Gesicht. Er hingegen sieht zu dem Typen und das nicht gerade freundlich. Im Gegenteil, er sieht mit zusammengezogenen Augenbrauen und einem leicht wütenden Blick zu ihm. „Gibt's ein Problem?", fragt er harsch. Eigentlich sollte das eine rhetorische Frage sein, denn die Antwort wird definitiv nein lauten. Der Typ sieht erst auf Kenans Hand. Anschließend wandert sein Blick in sein Gesicht. „Nein.", sagt er etwas zögernd. Wusste ich es doch! „Gut.", nickt Kenan einmal. „Dann zisch ab." Genervt schaut Kenan ihn an und wartet bis er endlich geht. Der Blonde Junge tut ohne Widerrede das was Kenan sagt. Er schaut konzentriert zu mir, woraufhin ich ihm ebenso in die Augen sehe. „Ist alles gut?", fragt er und streichelt einmal über meinen Hinterkopf. Verträumt von seinem Tun nicke ich leicht und sehe ihm weiterhin in seine Augen. Ich sehe ein Hauch von Besorgnis und Unruhe. Er ist gekommen um mich zu schützen. „Gut.", sagt er erleichtert und entfernt dann leider Gottes seine Hand von mir. „Was trinkst du für einen Kaffee?", möchte er wissen. „Ich hole schon.", hauche ich fast, laufe etwas benebelt vor und bestelle dann auch sofort. Woher hat Kenan das überhaupt mitgekriegt? Dachte er, ich stecke in Gefahr? Er wollte mir wieder einmal helfen. Nur für mich ist er hier vor gekommen! Also muss ich ihm doch etwas bedeuten, oder? Innerlich springe ich vor Freude. Aber wieso? Warum freut dieser Fakt mich denn? Langsam drehe ich mich um und sehe, dass Kenan auf mich wartet. Ich könnte ihm tausend Fragen stellen und jede davon könnte mit Warum anfangen. Nachdem ich bezahlt habe nehme ich dankend meinen Kaffee und laufe zu ihm zurück. „Danke.", nuschele ich schon kaum hörbar. „Du musst dich nicht immer bedanken.", sagt er und sieht kurz von der Seite zu mir. Die Blicke der Anderen ist nicht zu übersehen. Das ist mir ehrlich gesagt bisschen unangenehm. „Will ich aber.", beteuere ich und setze mich auf meinen Stuhl. Dieses Mal setzt Kenan sich neben mich. Besser für mich, so kann ich sein Parfüm inhalieren. Unbemerkt führe ich meinen Plan aus, ehe Ayaz wieder zurück kommt. „Was war das eben?", will er wissen. „Unwichtig.", versichere ich ihm und mache eine beschwichtigende Handbewegung dazu.
Als wir dann endlich zur Vorlesung laufen und im Saal ankommen, setzt sich Kenan überraschenderweise zu uns. „Sind die Anderen nicht da?", fragt Ayaz erwartungsvoll. Kenan schüttelt seinen Kopf und dirigiert Ayaz an meine rechte Seite. Er selber setzt sich an meine linke Seite. Der Fakt bringt mich leicht zum schmunzeln, ich fühle mich so beschützt. Sie stellen ein derartiges Schutzfeld dar. Konzentrieren kann ich mich während der Vorlesung ehrlich gesagt schwer, da Kenans Geruch meine Sinne betäubt. Unauffällig drehe ich meine Nase weiter zu ihm, um den Geruch intensiver wahrnehmen zu können.
Die Vorlesung vergeht, weshalb wir in die Mensa zurück laufen. Dieses Mal trennt sich aber Kenan von uns. Er geht zu einer Gruppe voll Typen, die meiner Meinung nach kriminell ausschauen. Wir laufen an einen Tisch und lassen uns nieder. Ayaz seufzt erleichtert aus und zückt sein Handy hervor. „Wieso hängst du eigentlich nicht mit denen ab?", sage ich und zeige mit meinem Kopf zu Kenan rüber. Ayaz schielt nur kurz rüber und widmet sich dann wieder seinem Handy. „Hat so seine Gründe." Irgendwie schaut er genervt aus, weshalb ich das Thema nicht vertiefen will. Irgendwann würde er es mir erzählen, wenn er natürlich möchte. „Was machen wir heute?", ändere ich das Thema und sehe, wie Kenan und die Jungs aus der Mensa laufen. Ayaz packt sein Handy zur Seite und schaut wieder zu mir. Er grübelt kurz. „Wie wäre es mit ... lernen, essen und danach einen Filmeabend machen?" Der Vorschlag gefällt mir. „Aber davor einkaufen.", füge ich noch hinzu. Nun nickt er. „Einverstanden - aber nur unter einer Bedingung." Warnend hebe ich meine Augenbrauen und meinen Zeigefinger. „Und die wäre?", will Ayaz wissen. „Keine Horrorfilme! Sonst kann ich nicht schlafen.", erkläre ich. Er lacht auf und nickt dann. „Deal.", sagt er und reicht mir seine Hand. Ich nehme sie sofort an und lächele auch. „Was essen wir?", will er nun wissen. „Auf was hast du Lust?" Er überlegt kurz und sieht dann an mir vorbei. Ich bin mir sicher, dass er jemanden mustert. Und schon unterbricht Ipek meine Gedanken, indem sie sich mit Dilan an unseren Tisch setzt. „Hallöchen!", sagt sie freudig und begrüßt eigentlich nur Ayaz, welcher die beiden ebenfalls begrüßt. Lächelnd sehe ich zu Dilan. Nun schaut Ipek mir mit einem dicken Grinsen ins Gesicht, was ich aber gar nicht verstehe und dementsprechend auch schaue. „Was ist?" Sie presst ihre Lippen kurz aufeinander und fängt dann an zu reden. „Rate mal wer vorhin auf eine krasse Party eingeladen wurde?", sagt sie und klatscht währenddessen euphorisch in ihre Hände. Meine Miene verzieht sich kein Stück. „Du?", gebe ich gezwungenermaßen von mir. „Ja und ich darf jemanden mitnehmen!", sagt sie nun noch euphorischer und hüpft kurz auf ihrem Stuhl. Oh nein. Alles, aber bloß keine Party. Ich war noch nie auf einer, jedoch kann ich mir vorstellen wie das da abläuft. Sofort verdrehen sich meine Augen. „Cool, dann kannst du ja mit Dilan gehen." Mit einem unechten Grinsen sehe nun ich Ipek an. Nun fällt ihr Lachen und sie sieht genervt zu mir. „Ich hab auch eine Einladung und nehme Laura mit.", sagt Dilan entschuldigend. Ich zucke mit meinen Achseln und hole dann mein Brot raus. Ayaz verkneift sich das Lachen und sieht uns stumm zu. „Man, Yade bitte!", versucht Ipek mich zu überreden. Ich schüttele als Antwort meinen Kopf. Ipek schmollt und zieht meinen Arm zu sich. „Bitte! Die Party findet immer an Weihnachten statt! Und da dürfen nur bestimmte Leute kommen. Jeder will dorthin und du lehnst direkt ab!" Genervt verschränkt sie ihre Arme vor ihrer Brust. Mein Brot schmeckt echt gut, heute ist es mir besonders gut gelungen. „Warte mal, redest du von Darios Party?", mischt sich nun Ayaz ein. Wer ist Dario? „Ja! Genau! Woher kennst du ihn?", will Ipek nun wissen. „Ist ein alter Kollege von uns. Ich werde auch dort sein." Ah, das ist die Party von der er in der Küche gesprochen hat! Ob er Kenan noch überreden wird? Hm. „Siehst du? Ayaz kommt auch, bitte überlege es dir wenigstens.", fleht Ipek mich schon fast an. Ayaz schließt kurz seine Augen und nickt dabei. Das soll mir signalisieren, dass ich Ipek zustimmen soll. Mir ist nicht ganz so wohl dabei, weshalb ich nicht direkt zustimmen möchte. Aber irgendwie möchte ich Ipek auch keinen Wunsch abschlagen. „Ich überlege es mir.", sage ich und nehme noch einen Bissen. Wieder klatscht Ipek in ihre Hände und steht dann auf. „Du bist die Beste!", sagt sie und drückt einen Kuss auf meinen Kopf. „Das war kein Ja.", erinnere ich sie dran. „Aber auch kein Nein.", entgegnet sie mir fröhlich und wartet auf Dilan, die ihre Tasche nimmt. An dieser Konversation kann man deutlich den Unterschied zwischen uns erkennen. Während Ipek optimistischer ist, bin ich die pessimistische Person von uns. „So, wir müssen dann gehen.", sagt sie in einem viel glücklicheren Ton. Mit langsamen Schritten läuft sie mit Dilan Richtung Ausgang. Dabei dreht sie sich aber kurz wieder zu uns. „Überrede sie, ich vertraue dir.", flüstert sie angeblich Ayaz zu, welcher seinen Daumen hochhält. „Ich kann dich hören?", sage ich fraglich und lache danach. Sie hebt kurz ihre Schultern und geht dann mit schnelleren Schritten weiter. Ach Ipek, du bringst mich um.
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Zu zweit allein
Teen FictionWas passiert wenn ein junges Mädchen aufgrund einiger Schicksalsschläge kein Stück ihrer Jugend genießen kann? Wenn sie um sich selber sorgen muss und ihr Zuhause kein Zuhause ist? Zeitgleich muss sie sich auch auf die Schule konzentrieren, weil sie...