Kapitel 7

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23. Oktober, Freitag

Die letzten Tage vergingen problemlos. Ipek nimmt ihre Antiepileptika wieder ein, ich erinnere sie jeden Tag daran. Ayaz ist oft mit uns in den Pausen, manchmal ist er aber auch mit seinen Freunden. Wir verstehen uns recht gut. Ich muss gestehen, dass ich ihn sogar mag. Er hat sogar wirklich die Notizen besorgt. Wir kommen an der Uni an, weshalb Ipek mal wieder ihre tollen Parkkünste ausübt und schief parkt. Manchmal muss ich nach der Vorlesung auf sie warten, manchmal sie auf mich. Das ist etwas blöd, weshalb ich wir ausgemacht haben, dass wenn ich früher aus habe dann einfach laufe. Morgens fahren wir trotzdem zusammen. Ich betrete den Saal und sehe schon einen hyperaktiven Ayaz. Er winkt wie wild und zeigt auf den Platz neben sich. Ich muss mir ein schmunzeln verkneifen. Ungestört laufe ich hin und lasse mich neben ihm nieder. „Guten Morgen Fräulein.", sagt er und lächelt. Wie kann man so früh am Morgen gute Laune haben? „Nicht so gut geschlafen?", fragt er während sein Lächeln fällt. „Doch, aber bin einfach kein Morgenmensch.", gebe ich zu. Er nickt wissend. Der Professor kommt rein und zieht somit die Aufmerksamkeit aller auf sich.
Wir laufen gemeinsam in die Mensa und holen uns erst einmal warme Getränke. Mit unseren Kaffees setzen wir uns hin und seufzen gleichzeitig. „Es ist so langweilig alleine zu wohnen.", sagt Ayaz leicht traurig, stützt seine Ellenbogen auf dem Tisch ab und legt seinen Kopf auf seine verschränkten Hände. „Am Montag kommt er doch oder?", hake ich nach. Er seufzt und nickt dabei. „Ja, wenn alles gut läuft.", nuschelt er. „Wo ist er denn?", frage ich obwohl es mich eigentlich gar nicht interessiert. „Er hat ein paar familiäre Probleme. Aber bald kommt er.", redet er sich selbst ein. „Hoffentlich.", beende ich das Thema. Familiäre Probleme sind definitiv nicht einfach zu lösen. Naja, nicht dran denken. Ayaz' dunkelblonde Locken sind echt definiert. Ich wünschte, ich hätte solche von Natur aus. „Hab' ich fettige Haare?", fragt er und fasst an sein Haar. „Aber ich war gestern noch duschen?", sagt er fraglich, was mich zum lachen bringt. „Nein, du hast nur schöne Locken.", gebe ich lässig von mir und schlürfe meinen Vanillekaffee. Ayaz sieht mich staunend an. „Was?", frage ich nun. Er regt sich nicht. Nur sein Mund öffnet sich. „Hallo? Was ist los?", wedele ich nun mit meiner Hand vor seinem Gesicht. „Du kannst Komplimente machen?", fragt er immer noch schockiert. Ich verdrehe meine Augen und lächele wieder leicht. „Ayaz übertreib nicht!", warne ich ihn. „Okay Madame. Aber Dankeschön!", sagt er nun erfreut und fährt sich durch seine Haare. Er ist nicht hässlich, aber nicht mein Typ. Er ist eben etwas heller. Ich kann mir gut vorstellen, dass er viel mit Mädchen zu tun hat. „Okay, soll ich dir verraten was ich an dir schön finde?", fragt er nun wie ein kleines Kind. Ich zucke nur mit den Schultern. Daraufhin verdreht Ayaz seine Augen. „Also, ich finde deine Haare sehr schön.", erzählt er mir und trinkt auch aus seinem Kaffeebecher. Ich lächele automatisch. „Die sind so lang und gepflegt. Und sie sehen immer gut aus.", lächelt er nun zurück. Wann habe ich zuletzt ein Kompliment bekommen? „Danke", lächele ich etwas beschämt. „Ohhh schämt sich Miss Ich-hasse-alles-und-jeden zur Abwechslung Mal?", fragt er schmollend und beugt sich zu mir rüber, nur um in meine Backe kneifen zu können. „Ayaz du tust so als wäre ich ein Monster.", sage ich nun genervt. „Ja, ich bin gefühlskälter und ja, ich mag es nicht neue Menschen kennenzulernen. Aber siehe da, ich sitze mit einem Freund aus der Uni an einem Tisch und habe ihm sogar ein Kompliment gemacht, was ich aber jetzt zurücknehme!", gebe ich angesäuert von mir. Meine Arme verschränke ich und wende den Blick von Ayaz ab. „Hey, so hab ich das nicht gemeint.", versucht er es gutzumachen. „Hallo?", fragt er und zieht an meinem Ärmel damit ich ihn ansehe. „Tut mir leid.", meint er schuldbewusst. Ich drehe mich zu ihm und nicke nur einmal. „Du hast mich Freund genannt. Also sind wir jetzt Freunde", wackelt er mit den Augenbrauen. "Keine Kommilitonen" Ich lache nur und schlage ihm auf den Hinterkopf. „Komm, wir müssen zur Vorlesung.", sage ich belustigt und stehe auf. Ayaz versucht wie immer tausend Sachen gleichzeitig zu halten, weshalb ich seinen Ordner an mich nehme. „Du musst dir immer noch eine Tasche kaufen.", erinnere ich ihn. An dem Tag konnte er ja wegen mir nicht gehen. „Wollen wir nächste Woche zusammen gehen? Ich brauche Beratung.", sagt er freudig. Ich grübele kurz, doch stimme dann zu. Schließlich konnte er wegen mir an dem Tag nicht in die Stadt. Deshalb tue ich ihm diesen Gefallen lieben gerne.

Zu zweit alleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt