Kapitel I

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Als Loki das Gebäude betrat, das vor uns lag, schlich ich hinter her. Ich folgte ihm durch Gänge und Flure, bis er schließlich vor einem Raum stehen blieb, klopfte und eintrat. Als ich ihm folgen wollte, streckte er ohne in meine Richtung zu schauen die Hand vor und hinderte mich so daran weiter zu gehen. "Du nicht" sagte er, und ich realisierte, dass er die ganze Zeit gewusst hatte, dass ich bei ihm war. Ich registrierte, dass alle in dem Raum, in dem auch mein Onkel saß, meinen Vater verwundert ansahen. "Geh nach Hause und..." setzte er an, doch ich unterbrach ihn. "Und was?! Willst du das ich weiter hin genauso bin, wie du mich kennst?" Er schaute mich irritiert an, was für die Anderen sicher seltsam aussah, da sie mich ja nicht sehen konnten. Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie Thor langsam verstand, was hier abging. Doch meine Aufmerksamkeit richtete sich schnell wieder auf den Mann vor mir, der sich nun wütend umdrehte. "Hasst du dich gerade meinen Anweisungen wiedersetzt?!" fragte er mit zusammen gezogenen Augenbrauen. Nun begann ich mich sichtbar zu machen. In dem Stil, der Haltung und der Kleidung einer Prinzessin. Alle um mich herum waren mir auf einmal egal und meine Aufmerksamkeit richtete sich voll und ganz auf meinen Vater. Ich knickste und sagte höflich und genauso wie es im Adel üblich war: "Verzeihung eure Majestät, ich sollte ihnen jemanden vorstellen..."

Ich hatte diesen Trick lange geübt, ohne das irgendwer etwas davon mitbekommmen hatte. Okay, ich erkläre jetzt in einzelnen Schritten, für die, die keine Ahnung von Magie haben. Ich erhob meine Hände und striff langsam über mein Haar, wie Hela damals, als sie ihre Haare in einen Helm umgewandelt hat. In meinem Kopf suchte ich nah ganz bestimmten Bildern. Ich hatte die Sachen selbst entworfen, zusammengestellt und auch schon einmal anprobiert. Ich schloss die Augen, rief die Bilder vor mein inerres Auge und verwandelte das majestätische Prinzessinen Kleid in ein neues Outfit, das viel mehr nach meinem Geschmack war. Als ich die Augen öffnete trug ich eine schwarze, eng anleigende Hose, die an den Knien aufgerissen war, ein hellgraues Top mit goldenen Akzenten und Trägern und eine smaragdgrüne Lederjacke mit goldenen Nieten. Passend dazu trug ich dunkle, halb hohe Stiefel und ein samtenes schwarzes Band um den Hals. Meine Haare, die vorher in einem Dutt zusammengebunden worden waren, fielen frei, wild und gelockt über meine Schultern was by the way ein absolutes Nogo für eine Prinzessin ist. Ich öffnete meine Augen die nun einen leichten Liedstrich trugen und sah meinen Vater an, dann beendete ich meinen Satz "... ihre Tochter."

Loki stand volkommen geschockt da. Ich ließ ihm nicht viel Zeit meinen Auftritt zu verdauen und redete weiter. "Ja genau, deine Tochter. Nicht die Prinzessin von Asgard oder die fucking Thron-Erbin! Nein, nur deine Tochter." Ich muss zugeben den zweiten Satz hab ich fast gebrüllt. Mein Vater starrte mich nur an. "Ohne die Kron bin ich jemand ganz anderes nicht war?" fragte ich ruhiger. "Wärst du auf die Idee gekommen, dass ich nicht die bin für die du mich gehalten hast? Hätte es dich interresiert?" konfrontierte ich ihn. "War ich jemals mehr für dich als das Mädchen, das das Volk regieren wird?!" fragte ich lauter und spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich verdrängte sie. "War ich mehr als nur nützlich, Dad?!" Das letzte Wort betonte ich extra. "Ich habe mein ganzes, bisheriges Leben daraufhin gearbeitet, das zu werden was du wolltest! Ich war einsam! Ich hatte niemanden, außer Sif und Valkyrie, die nie viel Zeit hatten, aber trotzdem fast immer wenn sie konnten bei mir waren! Sie waren die einzige Familie die ich hatte!" In mir stiegen schon wieder Tränen auf. Mir entfuhr ein Schluchzen. "Mir war das Alles egal, weil ich wusste, dass es zum Wohle des Volkes geschieht! Ich habe nicht einmal wirklich an mich gedacht! Falls es dir aufgefallen ist, hab ich dich nur bei wichtigen Meetings gesehen! Erinnerst du dich?! Erinnerst du dich, dass ich vier war, als du das erste mal richtig mit mir gesprochen hast?!" Das unterdrücken der Tränen wurde immer schwieriger. "Erinerst du dich, dass Thor dich damals dazu überreden musste?! ERINNERST DU DICH?!" Ich schrie es förmlich heraus. "Erinnerst du dich, dass ich zu dir kam, weil ich einen Albtraum hatte und du mich einfach in den Arm genommen und getröstet hast?! Erinnerst dich an die Gespräche, die wir über Mom geführt haben?! Erinnerst du dich, dass du mich durch unser Land geführt hast, als ich klein war?! Erinnerst du dich, dass du auch nur einmal zu mir gesagt hast, dass du mich liebst?!" Nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten. "NEIN!!!!! DU KANNST DICH NICHT ERINNERN, WEIL ES NIE PASSIERT IST!" Tränen überströmt sand ich vor ihm und schrie es ihm ins Gesicht. "Wenn ich Albträme hatte, kam ich zu Siff! Thor hat mir das Land gezeigt! Nicht du!!!" Ich stand vor ihm schluchzte und heulte, aber ich war noch nicht fertig. "Ich gebe jeden Tag mein Leben, mich und alles was ich habe dir und unserem Volk und du..." ich stockte kurz "DU NIMMST ES ALS SELBSTVERSTÄNDLICH HIN!!!! Du nimmst es als selbst verständlich hin, eine fünfzehn-jährige Teenagerin in Kriegsräte mitzunehmen und allein über ihr Volk entscheiden zulassen, mit den Risiken und Folgen im Nacken!! Du nimmst es als selbstverständlich hin, als Vater den sie nie hatte ihr bei Sitzungen gegenüber zu sitzen und nichts zu empfinden!!" Ich stoppte die Tränen und sah ihn nur an. Meine Stimme war ruhig und kalt, wie der Ort an dem er geboren wurde, den wir Jotunheim nannten, als ich ihn aufforderte: "Und jetzt sag mir, ich hätte nicht das Recht dir einmal zu wiedersprechen. Jetzt sag mir, dass ich nicht einmal das Recht auf ein bisschen eigenes Leben habe. Oder sag mir einfach, dass ich mir das Alles, was ich jetzt aufgezählt habe, nur eingebildet hab."

Er stand da. Vor mir. Er starrte mich an. In seinem Blick konnte ich Entsetzen sehen und Erkenntnis. Sie traf ihn, überrollte ihn und hielt ihn fest. Ich drehte mich um und ging. Ich wollte nicht sehen, dass ihm es wirklich nicht bewusst gewesen war. Ich wollte seine sicherlich kommende Entschuldigung nicht. Denn es war nicht zu entschuldigen. Es war nicht zu vergeben, nicht von jetzt auf gleich, nicht mit Worten. Ich trat auf den Balkon hinaus, zu dem mich meine Füße automatisch getragen hatten. Da ich mich hier weder auskannte, noch mit irgendjemandem reden wollte, blieb ich einfach dort, schaute in den Himmel und dachte an nichts.

Mora - Einen Monat leben / Avengers FF (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt