Albin

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Tag 3

Der folgende Tag gestaltete sich ziemlich ähnlich.
Morgens und Abends melkte ich und den restlichen Tag verbrachte ich bei Vangus.
Dieser liebte meine Besuche.
"Du musst wissen, Lynndegus besucht mich in der Sommerzeit sehr wenig. Er muss viel auf den Hof arbeiten. Desto mehr freut es mich, dass ich jetzt jemanden zum Reden habe."
Und Vangus liebte es zu reden.
Er redete von all den Kräutern, die er verwendete. Für was sie halfen und wie man sie richtig verwendete.
Auch über den neuesten Tratsch und Klatsch aus dem Hof wurde ich versorgt.
So hatte seine Kräutermischung vom letzten Mal zwar die Prinzessin beruhigt, aber als er sie den Prinz gab, ist dieser durchgedreht und hat sich sofort zurück in eine Wolf verwandelt und war wieder im Wald verschwunden.
"Der kleine Waldpark oben auf der Burg, wurde extra für die Königskinder errichtete. Ich habe in meinen ganzen Leben noch nie so kraftvolle Betas kennengelernt.
Ich glaube an dem Tag, an dem sie ihren Wolf bezwingen, kann sich Alpha Reik warm anziehen. Das sind beides mächtige Werwölfe, dass sage ich dir.
Es würde mich nicht wundern, wenn wir in ein paar Jahren einen neuen Alpha haben."

Als ich Vangus von Quaeis Beobachtung erzählte, wurde dieser still.
Ich hatte bisher noch nicht die Zeit gehabt Lynn davon zu berichten.
Als ich morgens zu den Kühen ging, war er bereits auf den Feld und gestern kam er erst spät am Abend heim und dann aßen wir mit seiner ganzen Familie.
Er hat mir zwar versprochen, dass wir bald mit dem Training anfangen könnten, doch es schien nicht so, als würde er die Zeit dazu zu haben.

"Ja, ich erinnere mich noch. Als Ellias und Quaeis noch jünger waren, habe ich sie unterrichtet. Du musst wissen, Omegas dürfen keine Lehranstalten besuchen", bei dieser Information spizte ich meine Lippen, "Ellias hat sein bestes gegeben, aber der Junge hat zu viel Umfung im Kopf. Er konnte nicht still sitzen und war lieber draußen und half seinen Vater und seiner Mutter auf dem Hof.
Aber Quaeis war so anders.
Ich habe selten einen so aufgeweckten und schlauen Jungen unterrichtet. Er konnte sich meine Worte leicht merken.
Sagte ich ihm am Montag, dass Flurflieder gegen Fieber half, dann machte er für einen kranken Ellias am Sonntag einen Tee aus Flurflieder.
Die Blüten exakt richtig abgeschnitten und die Stängel für einen Tag getrocknet, bevor sie für eine halbe Stunde gekocht wurden.
Aber das war nicht das faszinierenste an ihm.
Er konnte so gut eins und eins zusammenzählen.
Er fand noch vor Ellias raus, dass ich der Vater von Lynnderegus war.
Wenn ich ihm ein Buch vorlas, konnte er mir schon ab der Hälfte sagen, wie sein Ende sein würde.
Als Anna versuchte den Wolf von Lynnderegus hervorzulocken, hatte er sofort verstanden, warum sie ihn so ungerecht behandelte.
Ellias hat sich bei Anna beschwert, dass Lynnderegus doch sein Bruder sei und sie nicht so gemein zu ihm sein kann. Lynnderegus selbst war in dieser Zeit oft bei mir. Er hat nichts gesagt, aber ich wusste, dass er wütend auf Anna war.
Aber Quaeis war still geblieben.
Und als Anna sich bei Lynnderegus entschuldigte, war er überrascht, dass Ellias und Lynnderegus nicht verstanden hatten, warum seine Mutter ihn so behandelt hatte.
Es würde mich nicht wundern, wenn er es in den nächsten paar Tagen herausfinden würde."

"Er würde uns aber nicht verraten, oder?", fragte ich besorgt.

Vangus schnaubte entrüstet auf.
"Selbst wenn du ihm ein Messer an die Kehle halten würdest, würde er seine Familie nicht verraten. Das gleiche gilt auch für Ellias, Lynnderegus, Anna und Severin. Jeder von ihnen würde lieber sterben, als einen von seiner Familie zu schaden."

Es beruhigte mich zwar diese Worte von Vangus zu hören, aber ein kleiner Teil in mir misstraute Quaeis noch immer.
Bei unseren Gespräch war eine solche unterdrückte Wut in seiner Stimme gewesen, die mich vorsichtig werden ließ.
Als sich die Sonne wieder Richtung Westen neigte, verabschiedete ich mich von Vangus.

Die warme Luft, die mir entgegen schlug, als ich auf die Straßen Moriga trat, wärmte mich.
Der Weg zum Tor war mir inzwischen bekannt und so schlenderte ich durch die Gassen hindurch.
Ab und zu grüßte ich einen entgegen kommenden Werwolf.
Ich war inzwischen als die kranke Nichte von Vangus bekannt und die Leute, die um seinen hohen Turm herum wohnten, hatten mich bereitwillig in ihrer Mitte aufgenommen.

Angart - Land der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt