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Mitten in der Nach schreckte ich hoch. Zuerst fragte ich mich, wo ich war, doch dann fiel mir das Geschehen wieder ein. Durch den Türspalt sah ich, dass im unteren Bereich Licht an war. Langsam schlich ich mich runter.
Unten angekommen sah ich Sam. Sie saß auf der Couch und hielt etwas in der Hand. Sie schniefte.
Weinte sie etwa?
Ich lief auf sie zu und setzte mich dann neben sie. Schnell wischte sie die Tränen weg, doch ich hatte sie schon gesehen. „Hey. Was ist denn los?“, fragte ich sie sanft. „Nichts“, log sie mit trotzigem Unterton. „Von nichts weint man aber nicht. Du kannst es mir ruhig sagen. Es erfährt auch keiner.“
Ganz unauffällig warf ich einen Blick auf das, was sie in der Hand hielt. Es war ein Foto, auf dem Sam mit einer Frau, einem Mann und einem Mädchen, zu sehen war. Alle grinsten in die Kamera und sahen fröhlich aus. Ich musste unwillkürlich lächeln.
„Ich vermisse sie so.“, flüstere Sam neben mir leise. Ich konnte nicht anders und umarmte sie. Zuerst reagierte sie nicht, doch dann drückte sie mich auch. „Danke.“, brachte sie hervor, „normalerweise hab ich kein Problem länger von zuhause weg zu sein, aber dann weiß ich auch immer, wann ich sie wiedersehe und meine Mum und ich telefonieren dann oder skypen, aber das geht hier ja nicht.“
Es tat so weh, sie so niedergeschlagen zu sehen. Auch wenn ich sie erst seit einem Tag kannte, war sie für mich schon so eine Art wie Freundin. Da kam mir eine Idee. Ich wusste sie war total verrückt und gegen die Regeln, aber ich wollte Sam nicht so traurig wieder verlassen. „Ich hab ne Idee. Vorhin hab ich im Aufenthaltsraum mehrere Computer gesehen…“ 
Zuerst starrte Sam mich ungläubig aus ihren verweinten Augen an, doch dann musste sie langsam grinsen und umarmte mich. Zwar nur kurz, aber immerhin. „Danke.“, sagte sie nochmal.
Danach standen wir beide auf. Ich holte noch schnell meine Jacke von oben und zog mir meine Schuhe an. Dann liefen wir los.

***

Im Schutz der Dunkelheit schlichen wir an den anderen Hütten der Mädchen und Jungen vorbei bis zum Haupthaus. Alles war still und man hörte nur das Geräusch unserer Schuhe auf dem Waldboden und unseren Atem. Sam gab mir ein Zeichen und wir verschwanden in dem Streifen Wald, welcher neben dem Versammlungsplatz verläuft. Hier war es unmöglich etwas zu sehen, denn ausgerechnet heute war Neumond und der Platz war nur mit zwei Lampen beleuchtet, um nicht sofort auf das Camp aufmerksam zu machen. Irgendwann waren wir dann aber an der Außenwand des Aufenthaltsraumes angelangt und gingen geduckt bis zur vorderen Seite. Diesmal lief ich vor. So leise wie möglich nahmen wir die 2 Stufen auf die Terrasse und schlichen zur Tür. Ich drückte die Klinke runter, doch sie war natürlich zu. „Mist!“; fluchte Sam neben mir, „das hätten wir uns aber auch denken können.“  Niedergeschlagen verließen wir die Terrasse und wollten gerade wieder zurückgehen, als mir eine weitere Tür an der rechten Seite des Gebäudes auffiel. Ich tippte Sam an und machte sie darauf aufmerksam. Diesmal probierte sie ihr Glück und die Tür war wirklich offen. Wir konnten es nicht fassen und ich hätte fast laut „Yes!“ gerufen, doch Sam legte mir schnell ihre Hand auf den Mund und ich verkniff es mir. Nachdem wir die Tür geschlossen hatten fanden wir uns in einer Art Abstellkammer wieder. Schnell fanden wir den Weg in den Hauptraum und Sam schickte mich zur Tür um Wache zu stehen, während sie sich mit ihrem Passwort, anmeldete und eine E-Mail an ihre Mutter schrieb.
Nach ca. 5 Minuten war mir das stumme nach draußen Starren zu langweilig und ich dachte über den gestrigen Tag und über all die Eindrücke, die ich verarbeiten musste, nach. Darüber vergaß ich ganz rauszugucken und bemerkte die Person, die mit einer Taschenlampe bewaffnet die Tür vor mir öffnete zu spät. Ich spürte nur noch wie die Tür mit einem dumpfen Schlag gegen mein Kopf schlug, ich nach hinten taumelte und hart auf den Boden auftraf.
Danach sah ich schwarz.

Agent 16 - Das Boot Camp (ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt