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… Agenten so wie ich.“ Ich war komplett verwirrt. Meine Eltern? Agenten?? „Niemals, dafür sind sie viel zu vorsichtig und umsorgt. Meine Mutter flippt ja schon bei dem kleinsten Mist aus, wie soll sie da ruhig bleiben, wenn vor ihr Leute mit ner Knarre stehen“, sprach ich laut aus, was ich dachte. 
„Warte mal, du bist Lucinda Fryman, richtig?“, frage sie mich.
Ich bejahte dies perplex. Woher wusste sie bitteschön wer ich war?
Selbst wenn sie das hier alles organisierte, konnte sie sich doch nicht alle Namen und die Personen dazu einprägen.  „Du fragst dich jetzt bestimmt, woher ich so schnell wusste, wer du bist, stimmts?".
Jetzt konnte sie also auch noch Gedanken lesen. „Ich werte das mal als ein Ja“, meinte McWyer daraufhin schmunzelnd. „Ihr seid alle schon einmal hier gewesen, allerdings ward ihr da noch ganz klein. Samantha, du warst damals schon sehr aufmüpfig und temperamentvoll. Daher konnte ich mir auch merken, wer du bist, aber Lucinda…“.
Ich unterbrach sie kurz und bat sie mich bitte Lucy zu nennen.
„Okay, Entschuldigung, Lucy, du warst damals nicht da. Deine Eltern haben dir den Einblick in diese Welt verwehrt, weshalb mir dein Fehlen sofort aufgefallen ist. Umso glücklicher war ich, als wir dich gefunden haben. Eigentlich verstehe ich gar nicht, warum deine Eltern dagegen waren oder immer noch sind, dass du hier bist. Deine Mutter war eine der TopAgentin beim NCIS und dein Vater war auf seiner Militärbasis einer der angesehensten Männer. Doch aus irgendeinem Grund haben sie sich urplötzlich aus dem Dienst zurückgezogen, bis zur Kündigung. Aber genug gequatscht. Habt ihr noch Fragen?“ 
Ich wollte am liebsten laut JA schreien, aber mein Mund war wie zugrschweißt. Diese wildfremde Frau hatte mir gerade mehr über die Vergangenheit meiner Eltern erzählt, als ich je von ihnen erfahren hab.
Warum haben sie es vor mir verheimlicht?
Warum haben sie mich damals nicht schon hierhergebracht, wenn sie doch eh wussten, dass ich irgendwann hierher komme?
All diese und noch mehr Fragen spukten in meinem Kopf rum. Ich wollte noch so viel wissen aber eh ich mich versehen habe, standen Sam und ich schon wieder vor dem Gebäude und warteten auf ein Fahrzeug, was uns zum Hauptcamp bringen sollte.

***

Nach 20 Minuten kam ein schwarzer SUV um die Ecke und am Steuer saß ein breitgebauter Mann mit schwarzer Lederjacke und schwarzen Haaren, die streng zurückgegelt waren. Auf seiner Stirn befand sich ein großer Cut, der wahrscheinlich notdürftig behandelt wurde. Ich weigerte mich in das Auto einzusteigen. Ich wäre doch verrückt, wenn ich in einen Wagen steigen würde, dessen Fahrer ein Mann ist, der mich und Sam vorhin fast schwer verletzt hätte.
Doch Sam zerrte mich mit auf den Rücksitz und verschloss die Tür. „Bist du verrückt?“, zischte ich ihr zu. „Nein, ich höre Leuten, die mit mir reden, nur, im Gegensatz zu dir, zuDie Tante da oben hat uns beim Rausgehen noch gesagt, dass uns Thaddeus in einem schwarzen SUV abholen wird. Dazu hat sie mir das Foto in die Hand gedrückt."
Ich schnappte mir das Bild und erkannte auf ihm tatsächlich unseren Fahrer. Allerdings trägt er auf der Aufnahme einen Anzug und hat die Haare verwuschelt. Auf der Rückseite des Papiers steht in großen schwarzen Buschstaben Thaddeus Hays (35), Sicherheitsbeauftragter an der YAQ.
Ich behielt das Bild in der Hand und schaute aus den getönten Scheiben auf die Umgebung, die an uns vorbeizufliegen scheint. Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt der Wagen an und der ominöse Sicherheitsbeauftragte stieg aus. Er öffnete uns sogar die Tür, wobei mir die Narbe auf seiner Stirn noch einmal auffiel. „Sorry.“, murmelte ich und guckte ihn entschuldigend an.
„Kein Problem.“, antwortete er zwinkernd. „Ich hatte nicht mit so viel Girlpower gerechnet“, fügte er schief grinsend hinzu. In diesem Moment war er mir echt sympathisch. Nichts erinnerte mehr an den Hulk aus dem "Entführerhaus".
Als auch Sam hinter mir auch dem SUV gestiegen war, schauten wir uns um. An sich sah es hier nicht sehr spektakulär aus. Wir standen auf einem Waldparkplatz und vor uns bahnte sich ein kleiner Pfad den Weg zwischen den Bäumen und dem Gestrüpp hindurch.
"Ich begleite euch noch bis zum Camp,  aber von da aus müsst ihr euch alleine zurechtfinden. Tut mir Leid, dass gehört zu der Aufnahmeprüfung.“, meinte Thaddeus zähneknirschend. Neben mir hörte ich wie Sam mit abfälligem Ton vor sich hin sagte: „Aufnahmeprüfung, so wird der ganze Mist hier also bezeichnet.“ 
An sich hatte sie ja recht, als Aufnahmeprüfung ist das hier echt nicht zu bezeichnen. Ich wüsste gar nicht, wie ich mich da ohne Sam durchgeschlagen hätte.

***

Nach 10 Minuten Fußmarsch erreichten wir ein offenstehendes Tor, an dem ein „Betreten verboten“-Schild hing.
„So ab jetzt seid ihr wieder auf euch alleine gestellt. Aber kleiner Tipp, viel passiert hier auch nicht mehr. Seid aber trotzdem vorsichtig“. Mit diesen Worten verabschiedete sich der schwarzhaarige Mann und ließ uns alleine. Wir waren auf uns alleine gestellt. Mal wieder…

Agent 16 - Das Boot Camp (ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt