Prolog

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Blühendes Gras auf dem alten Schlachtfeld
den Träumen entsprossen
der toten Krieger.
- Bashô (eigentlich Matsuo Munefusa, japanischer Dichter)

»Hübsch.«, kommentiert Aegir während er sein Ross versucht zu bändigen. Sein neuestes Tier, liebevoll Vielfraß genannt, ist genauso verfressen wie faul. Es ist der festen Meinung, dass es jede halbe Stunde eine Pause machen muss und es dann eine Mahlzeit gibt. Leider ist das Ross so stur, wie ein Esel und lässt sich nicht von seinen Vorhaben abbringen.

Das Dorf, das Aegir als "Hübsch" bezeichnet, ist ein Dorf bevölkert von Werwölfen, die von Hexen heimgesucht werden. Ein Dorf, das dem Rudel „Hoyde" gehört. Es bedeutet Hügel, und dass obwohl, dass Rudel im Tal liegt. Umschlossen von einem See im Norden und einem Berg im Süden. Das Rudel ist weder sehr bekannt noch jung. Es existiert, nach unserem Archiv, seit über drei Jahrhunderten und hat nie das Territorium erweitert oder verkleinert. Keiner von uns hat eine Idee, wieso die Hexen sich das Land aneignen wollen. Das Land ist unser Erkenntnis nach weder reich an diamanten noch Metallen. Sollten in der Nähe vom See bestimmte Kräuter wachsen, würden diese genauso an der gegenüberliegende Seite wachsen können. Aber sogar wenn, das der Grund sein sollte, hat das Rudel selber nicht die leiseste Ahnung davon.

Unser Alpha, Dagwin wollte nicht zu großes Aufsehen erregen und hat deswegen nur Aegir und mich geschickt. Wir sollen uns den Hexen annehmen oder nach Verstärkung schicken. Aegir ist sich bisher sicher, dass wir keine Verstärkung brauchen im Gegensatz zu mir. Die Hexen werden sich nicht wahllos ein Rudel ausgesucht haben, um es anzugreifen. Es gibt entweder einen guten Grund oder es ist das Territorium selber. Und beides ist ein Grund um die Hexen zu töten.

»Nimm es wenigstens ernst, Aegir. Lass mich dich nicht zwischen den Schenkeln von irgendeiner daher gelaufen Dirne finden!«

»Keine Sorge Oskar.«, lacht Aegir, sieht aber weiterhin auf das Dorf hinunter. »Ich lasse mich von ein paar Dirnen und Jungfrauen schon nicht ablenken. Wir machen uns doch alle viel mehr Sorgen um unser jüngstes Rudelmitglied, du kleiner Rabauke. Dagwins stammpredigt wird an dich gerichtet sein und nicht mich.«

Damit spornt Aegir seinen Gaul an und galoppiert den breiten Pfad hinunter. Ich tue es ihm gleich, sporne mein Gaul, Apfel an. Im Gegensatz zu Vielfraß ist Apfel begeistert von unserer Reise. Apfel ist eher für die große weite Welt gemacht, möchte jedes Abenteuer bestehen und nicht auf der Heide stehen. Sein Name ist aber genauso passend wie der von Vielfraß, Apfel liebt es grüne Äpfel zu verschlingen.

Das Territorium des Kriegsrudel liegt nicht sehr weit entfernt, höchstens einen halben Tag zu Pferd. Unser Territorium ist ein Teil vom Königlichenrudel. Es ist unsere Aufgabe die Königsfamilie und ihr Reich zu schützen. So ist es schon seit Jahrhunderten und so wird es auch immer bleiben. Wir, dass Kriegsrudel unterstehen dem König, so wie alle Rudel, jedoch gibt es in unserem Rudel immer nur Dreizehn Mitglieder. Es gibt nur Dreizehn Elite Krieger. Dreizehn Krieger die jederzeit bereit sind für den Thron zu sterben.

Die Mondgöttin entscheidet, wer sich als Krieger eignet und ihren Segen tragen darf und zeichnet uns mit einem Muttermahl an unserem dominantem Handgelenk aus. Ein Muttermahl das aussieht wie ein Dolch. Ein Dolch der den weiteren Verlauf von unserem Leben bestimmt.

»Beeil dich, Oskar!«, ruft Aegir mir zu, über das Geräusch trabender Hufe. »Wetten wir um einen Krug?«

»Mach dich nicht lächerlich, mein Bruder. Darauf lasse ich mich nicht ein. Dagwin bringt uns um, wenn wir das Kriegsrudel bloß stellen.«

»Lieber nicht, ich muss doch vielen Frauen noch Glück schenken.«

»Das werde ich mir merken und deine zukünftigen Gefährtin auf jeden Fall erzählen.«, lache ich als ich neben Aegir zum Stehen komme. Ich schenke meinen Bruder ein Lächeln und beruhige Apfel mit einem Tätscheln an seinem Hals. Wir sind mitten im Dorf des Hoyde Rudels stehen geblieben. Aus den umliegenden Häusern strömen die Kinder gemeinsam mit ihren Müttern. Die Massen von Werwölfen beunruhigt Apfel in den ersten Sekunden bevor er ruhig stehen bleibt und sich von den Kindern betatschen lässt.

»Krieger!«, schreit ein kleiner Junge begeistert und ich spüre seine Hände an meinen Füßen.

»Alpha, die Krieger des Kriegsrudel sind da!«

»Wir holen den Alpha für euch!«, sagt ein älterer Werwolf zu Aegir und verbeugt sich dabei tief. Sein Bart berührt den sandigen Boden.

»Wahrlich echte Krieger?«

»Wie hübsch die sind!«, seufzt ein junge Mädchen zu ihren Freundinnen und ich kann nicht anders als ihr ein Lächeln zu schenken. Zusammen werden die Mädchen rot und fangen an zu kichern.

»Seine Augen sind so blau wie der See.«

»Und die tief schwarzen Haare.«

»So hübsch.«

»Ich bin Oskar, Krieger des Kriegsrudels und das ist Aegir, Krieger des Kriegsrudels. Eurer Alpha hat nach unserer Anwesenheit gebeten.«, sage ich laut in die Menge hinein. Darauf bedacht das kein Kind unter Apfel läuft. Ein paar Kinder Händchen finden ihren Weg an meinen Kleiderbeutel und dem Schwert, das an meinem Waffengürtel hängt.

»Ich heiße euch in meinem Dorf willkommen, Krieger des Kriegsrudels.«, begrüßt ein älterer Herr uns. »Mein Name ist Felix Hoyde und ich bin der Alpha des Rudels. Ludo wird eure Pferde in den Stall stellen und meine Gefährtin kocht für euch einen Eintopf.«

»Vielen Dank, das ist sehr großzügig.«, erwidere ich eine Floskel, die ich schon so oft gemurmelt habe, wie Haare die ich auf meinem Kopf habe. Und diese Floskel habe ich auch nie so gemeint. Jeder unserer Rasse will sich bei uns einschleimen, damit sie ein Chance beim König haben. Eine Chance die ihnen nicht weiterhelfen wird, da wir den König in der Hinsicht nicht beeinflussen können. Ich steige von meinem Ross herunter und übergebe die Zügel an einen jungen, der nicht Mal sechzehn Sommer alt sein kann.

»Danke Bursche.«, fängt Aegir an als er abgestiegen ist. »Gibt Vielfraß nicht zu viel, er verschlingt alles. Und steck beide in eine Box oder neben einander. Vielfraß hängt ziemlich an Apfel, vor allem wenn er nicht in seiner eigenen Box im Kriegsrudel steht.«

Nicht nur der junge muss ein kichern unterdrücken, als er die Namen unserer Pferde hört. Eines der Kinder fängt lauthals an zu lachen während der junge sich auf die Unterlippe beißt und nickt. Er will lächeln, aber möchte sich nicht blamieren.

»Ich würde es dir nicht übelnehmen, wenn du die Namen albern findest. Wir werden die Prinzessin Maeve darüber informieren, das die Ihr gewählten Namen gut angekommen sind.«

Ich genieße es, wie sein ganzer Körper versteift, die Augen sich weiten und sein Herz einen Schlag lang aussetzt. Nicht nur der Bursche kriegt es mit der Angst zutun sondern alle die mich gehört haben. Es ist als hätten wir ihnen mit der Vierteilung gedroht.

»D-D-Die Prin-Prinzessin hat die Pferde ihre N-Namen gegeben?«

»Ja, hat Sie.«, sage ich laut bevor ich mich zu ihm herunter beuge und sage: »Sie hat die Namen extra lächerlich vergeben, damit wir nicht so angsteinflößend erscheinen.«

»Alpha Hoyde, nach Ihnen.«

Eure Linkszanne
Sonntag, der 6 Juni 2021

RudelmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt