Kapitel 7

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Taktgefühl kann nicht gelehrt werden, nur angeboren sein.
- Publilius Syrus (falsch auch Publius Syrius, römischer Moralist, Aphoristiker und Possenschreiber)

»Dieser verdammte Sausack!«

»Und was ist, wenn der König sich nicht um entscheidet?«, verlangt Aegir lautstark zu wissen und knallt die Tür der Küche auf. Wütend stapft er hinein und nimmt auf am Tisch Platz. »Du kennst ihn doch, wenn er sich entschieden hat, dann hat er das. Der König ist nicht dafür bekannt, dass er seine Meinung sich ändert.«

»Und es hilft dir, wenn du unsere Hintertür knallst? Nicht wirklich oder?«, hinterfragt Dagwin sarkastisch und betritt hinter den anderen als letzter die Küche. Er schließt leise und bedacht die Tür. Bevor er sich gegen die Küchenzeile lehnt. »Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir den König überzeugen. Diese Prophezeiung sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen.«

»Ich weiß.«, seufzt Aegir. »Ich kann ihn bloß nicht leiden. Ich hasse es dort auf einem Knie zu knieen und zu warten. Ich hasse es, wie die Ratsmitglieder uns beobachten.«

»Keiner von uns mag das, aber dafür haben wir unser Territorium bekommen.«, begründet Haerviu mit einem schwachen lächeln.

»Er hat recht, nur deswegen haben wir unser Territorium, unser Haus und unsere Freiheiten.«, fügt Salvius hinzu. »Wir haben mehr Freiheiten als alle Krieger vor uns. Wir können uns glücklich schätzen, vergiss das nicht. Du auch nicht Oskar!«

»Was? Ich hab noch nichts gesagt. Was soll das eigentlich bedeuten? So schlimm bin ich doch nicht.«, quiekt Oskar entrüstet. Mit seinen Händen schlägt er auf die Tischplatte und steht auf. Sein Stuhl kippt um und fällt um.

»Na meine Eufrosinia, wie geht es dir?«, fragt mein Gefährte mich leise. Ich sehe von meiner Tee Tasse auf und sehe ihn an. Meine beiden Hände habe ich um meine Porzellan Tasse gefaltet. Sverre trägt einfache Kleidung und ein Lächeln im Gesicht. »Ich hoffe es dir gut ergangen.«

»Ich schaffe es durchaus, einige Stunden für mich selbst zu sorgen.«, erwidere ich mit einem Grinsen, trinke einen Schluck von meinem Tee.

»Ich bereite uns ein spätes Mittagessen vor, also alle raus aus meiner Küche.«, drängt Barachiel und öffnet einer der Schränke um einen Kochtopf heraus zu heben. Ich folge der Subtilen Andeutung von Barachiel und stehe auf, in meinen Händen halte ich meine halbvolle Teetasse.

»Was hast du denn gemacht, meine Eufrosinia?«, erkundigt Sverre sich als er mich aus der Küche hinaus geleitet. »Dein bisheriger Tag war sicher spannender als meiner.«

»Ich habe angefangen eine von den Stalltüren zu schleifen. Vorher habe ich eure Kutsche geschliffen und geölt. Aber das muss ich morgen noch einmalmachen.«

»Hört sich nach einen produktiven Tag an. Dann könnten wir uns jetzt ja entspannen und einen Ausflug machen.«

»Einen Ausflug?«, erkundige ich mich bei meinem Gefährten drehe mich zu ihm und bleibe stehen. Ich sehe in seine trüben dunkeln Augen, die durch die Falten in seinem Gesicht noch finsterer wirken. Was sollen wir den gemeinsam unternehmen? Das Territorium des Kriegrudels ist zum großenteils ein teil der Natur. Es gibt weder Wege oder Pfade noch irgendwelche Plätze wo wir uns entspannen können. Ich habe das Territorium auf eigene Faust erkundet, zumindest soweit wie ich mich getraut habe, mich vom Rudelhaus zu entfernen. Aber das waren nur einige Kilometer, nur sechs wenn es hochkommt. Das Territorium selber ist einfach nur unbewohnt. Außer den Pfad zum Rudelhaus und denn zum Rudel des Koenigs gibt es keine weiteren. Ich habe mich angestrengt, keine Spuren zu hinterlassen. Da es die letzten Wochen sehr trocken war, sind nicht einmal meine Pfottabdrücke wieder zu erkennen.

»Ja, einen Ausflug.«, wiederholt mein Gefährte mit einem Lächeln im Gesicht. »Das Territorium erkunden und am See eine Pause einlegen. Wir könnten schwimmen gehen und uns einfach nur amüsieren. Am See gibt es auch eine Feuerstelle und Stockbrotteig hat Barachiel so gezaubert. Vielleicht endet es ja damit, dass wir auf der Feuerstelle Fleisch grillen und dort miteinander zu Abend speisen.«

»Der bisherige Tag war schlecht oder?«, erwidere ich, anstatt ein seine vorherige Frage zu beantworten. Sein lächeln erstarrt, bevor er einmal nickt. »Dann würde ich gerne das Landschaft erkunden. Als Wolf?«

»Davon war ich ausgegangen.«, murmelt Sverre leise und schenkt mir ein halbes grinsen. »Trink aus, dann bring ich deine Tasse zurück in die Küche und informiere die Jungs von unseren Plänen.«

Wie befohlen trinke ich meine Tasse mit lauwarmen Tee aus und überreiche sie meinem Gefährten.

»Du solltest deine Werkzeuge Weg räumen, heute wirst du nicht mehr weiter arbeiten können. Treffen wir uns an der Hintertür?«

»Ich brauche wenigstens eine Viertelstunde.«, murmel ich in seine Richtung, drehe mich um und gehe auf die Haustür zu. Die Stalle des Kriegsrudels sind vor dem Haus erbaut worden. Die beiden Gebäude sind in einem guten Zustand, dafür das sie einige Jahrzehnte alt sind. Mit schnellen schritten verlasse ich das Herrenhaus, schließe die Haustür hinter mir und begebe mich zum ersten Stall. In der Türöffnung bleibe ich stehen. Sollte ich umdrehen und es so stehen lassen. Ich könnte es auch nachher aufräumen oder Morgenfrüh.

»Das sieht gut aus.«, meint Rhett während er mit seinem Finger über die linke Seite der hölzernen Kutsche. Da geht mein Plan umzudrehen und zu verschwinden. »Du bist wirklich handwerklich begabt. Die Kratzer sind gar nicht mehr sichtbar.«

»Danke.«

»Es war kein Kompliment«, murrt Rhett in meine Richtung, nimmt aber noch nicht seine Finger von der Kutsche. Wenn er weiter so die Kutsche liebkost muss ich noch einmal von Vorne anfangen. Ich kann seine Fingerabdrücke nicht mehr raus putzen, es würde auffallen und sähe desaströs aus. »Sverre ist mein Bruder und wenn du ihn verletzt, ist es das letzte was du auf dieser Welt tust. Ich schicke dich erst nach Jahre der qualvollen Folter in das Jenseits.«

»Verstanden.«, schlucke ich mühsam. Das ist ein versprechen. »Du solltest nicht so über die geölte Kutsche streichen ansonsten muss ich nochmal anfangen. Das Öl muss gleichmäßig einziehen können.«

»Müsste es eigentlich, aber es ist schon die zweite Schicht und im Holz waren feine Haarrisse.«, erkläre ich und gehe einen Schritt zurück als Rhett auf mich zu kommt. Er bleibt genau vor mir stehen, sieht mir in die Augen und streichelt mit einem Finger meine Wange. Ich halte die Luft an, erstarre und sehe ihn einfach nur an.

»Mein Bruder ist dein Gefährte und du bist die seine.«, fängt Rhett an als er von mir ablässt. »Du solltest meine Drohung nicht vergessen. Es-«

»Welche Drohung Rhett?«, verlangt Sverre plötzlich zu wissen. Er steht auf einmal hinter mir, legt seine Hand auf meinen Rücken und stellt sich dicht neben mir. »Rhett sag schon, womit hast du gedroht? Ich will es wissen mein Bruder.«

»Das übliche. Eufrosinia soll dir nicht das Herz brechen und ihr geschieht nichts. Sollte sie es doch tun ist ihr ende nicht klaglos.«

»Drohe meiner Gefährtin nie wieder Bruder«, knurrt Sverre, holt aus und trifft Rhett in der Magengrube. Mein Gefährte beugt sich vor und flüstert etwas in Rhetts Ohr, was ich nicht verstehen kann. »Ich hoffe, ich kann heute Abend auf dich zählen mein Bruder.«

»Natürlich, mein Bruder«, verspricht Rhett mit einem nicken. »Ich werde das Feuer schon mal entzünden.«

»Danke, komm meine Eufrosinia wir können uns hinter dem Rudelhaus verwandeln.«, sagt mein Gefährte zu mir. Seine Hand findet ihren weg wieder auf meinen Rücken und geleitet mich von der Scheune weg. »Rhett ist wie ein Hund und Hunde, die bellen, beißen nicht. Er ist wirklich nur heiße Luft.«

Eure Linkszanne

Montag, der 16 August 2021

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