Das wimmernde Schreien dringt direkt durch in Matteos Gedanken und reißt ihn aus seinem wundervollen Traum. In diesem Traum hatten er und Cassy an einem wunderschönen, paradiesischen Strand irgendwo in der Karibik gelegen und Cocktails aus Kokosnussschalen geschlürft.
Doch die Realität holt ihn ein. Brummend schüttelt er sich, richtet sich auf und lässt die Beine über die Bettkante hängen. Es dauert ein paar Sekunden, bis sein Kreislauf halbwegs bei ihm ist. Direkt zu Anfang war es ihm passiert, dass er einmal umgekippt ist, weil er so schnell aufgestanden war. Ein großer Fehler, der ihm nie hätte passieren dürfen.
Cassy neben ihm brummt ebenfalls, mittlerweile ist auch sie wach. "Ich gehe schon", murmelt Matteo, steht auf und tapst den Flur hinunter in das Kinderzimmer, wo Charlotte weinend in ihrem Bettchen liegt.
"Hey meine Kleine", murmelt er, holt sie aus ihrer Decke und nimmt sie vorsichtig in seine Arme. Charlottes Gesichtchen ist nass von den Tränen und schnell wiegt er sie sanft hin und her. "Ist ja gut, dein Papa ist ja da".
Langsam werden ihre Schreie leiser, bis sie schließlich den Mund schließt und ihn aus großen Augen, mit noch leicht laufender Nase ansieht. Das Nachtlicht im Zimmer spendet genug Licht, damit sie nicht immer das helle Deckenlicht anmachen müssen und als nun seine anderen Sinne wacher sind, riecht er auch schon die volle Windel.
"Na komm, machen wir dich mal sauber". Während er mittlerweile sehr geübt die Windeln wechselt, denkt er mit einem Schmunzeln auf den Lippen an die ersten Tage, wo er halb würgend die ersten vollen Windeln hinter sich gebracht hatte. Und an Cassy, die bei seinem Anblick aus dem Lachen gar nicht mehr herausgekommen war.
Er hört, wie die Schlafzimmertür geschlossen wird und Cassy zu ihnen kommt. "So, die Futtermaschine ist da", meint sie und reibt sich gähnend die Augen.
"Na, sag doch sowas nicht". Matteo kann sich aber ein Grinsen nicht verkneifen und überreicht ihr Charlotte, nachdem sie sich in den Schaukelstuhl gesetzt und das Nachthemd zur Seite geschoben hat. Geübt legt sie sich Charlotte an die Brust und schnell trinkt das kleine Mädchen friedlich vor sich hin. "Geh wieder ins Bett, du musst schon in zwei Stunden aufstehen", meint Cassy und schaut liebevoll zu Matteo auf. Als sein Blick auf die Uhr im Kinderzimmer fällt, seufzt er resigniert. Tatsächlich ist es bald Zeit, sich für die Frühschicht fertig zu machen.
"Okay. Bis gleich". Seufzend legt er sich zurück in sein Bett und schläft innerhalb von wenigen Sekunden wieder ein.
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Matteo sitzt mit tiefen Augenringen im Oberarztzimmer und schaut durch seine Patientenakten. Er hat eine kurze Pause, bevor er in die Notaufnahme muss und er schlürft nebenbei seinen gefühlt hundertsten Kaffee. Er hätte niemals gedacht, wie anstrengend das Leben mit einem Baby und der Vereinbarkeit mit seinem Job ist. 24 Stunden Schichten war er gewöhnt, aber mit einem Baby ist sein Schlafrhythmus völlig im Arsch. Gott sei Dank teilt ihn keiner mehr für diese Schichten ein.
Die Tür geht auf und Elias kommt herein. "Ah, hier bist du!". Seufzend schaut Matteo zu ihm auf und Elias erschrickt ein wenig. "Hui, hat Charlotte so oft geschrien diese Nacht?", fragt er und Matteo schüttelt den Kopf. "Aber die Schlafunterbrechungen in den letzten Wochen fordern so langsam ihren Tribut".
Elias nimmt neben ihm Platz und schaut ihn mitleidig an. "Es wird nur besser werden. Zumindest behauptet Ben das". Matteo brummt und fährt sich über sein Gesicht.
"Was gibt es?", fragt er dann, um das Thema zu wechseln. Elias entsperrt seinen Tablet Bildschirm und zeigt ihm die Hand einer Patientin. "Karpaltunnel geschädigt, der Mittelnerv wird beeinträchtigt. Seit wann hat die Patientin Beeinträchtigungen?", fragt er und Elias schaut in die Anamnese. "Seit drei Wochen. Erst beginnend mit einem leichten Kribbeln, dann Ausfall des Daumens, des Zeigefinders, mittlerweile kann sie den Mittelfinger kaum noch bewegen".
Eine recht häufige Operation. "Nach der Operation können wir der Patientin nicht versprechen, dass sie ihre Finger wieder bewegen kann. Wir wissen nicht, wie weit die Schädigung fortgeschritten ist".
Elias nickt. "Das habe ich ihr bereits gesagt. Sie könnte morgen operiert werden, es gibt ein Zeitfenster. Und du wärst auch verfügbar. Sie meint, sie will nur den besten Chirurgen".
"Das bin nun mal ich, das ist wahr". Matteo gähnt und nickt dann. "Trag mich ein". Elias tippt schnell auf dem Tablet herum. "Danke Matteo. Ich schaue noch, wen ich dir als Assistenten einteile".
Ach ja, es gibt ja Frischfleisch am JTK. Diese neue Assistenzärztin, Camille, ist Französin und kurz nach Charlottes Geburt an das JTK gekommen. Es wird weiter nach Assistenzärzten gesucht, aber soweit Matteo sich erinnern kann, führen die Patzelt und Berger bereits Einstellungsgespräche mit weiteren Bewerbern. Hoffentlich fähiger wie die Letzten. Wobei, das würde er aber nie zugeben, Rantantam, Krieger und Jahn machen eigentlich einen sehr guten Job. Hat seine Ausbildung ja doch ein bisschen was gebracht.
Matteos Handy klingelt. Die NA. "Die Arbeit ruft", meint er, kippt den Rest Kaffee in einem Zug hinunter und klatscht sich einmal selbst gegen die Wange. Dann verabschiedet er sich von Elias und eilt in die NA. Er muss Professor Patzelt unbedingt sagen, dass sie auch einen weiteren Oberarzt brauchen, jetzt wo Leyla noch im Mutterschutz ist, sind er und Lindbergh die Einzigen. Und er spürt deutlich, dass er auch an seine Grenzen kommt.
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Na ihr Lieben? Habt ihr unsere Lieblingscharaktere vermisst? ;) Ich hoffe ja, denn freut euch auf einige Wochen neuen Lesestoff, immer Mittwochs und Sonntags mit einem neuen Kapitel :D
Schreibt mir gerne euer Feedback in die Kommentare (oder was euch sonst auf dem Herzen liegt) und lasst gerne einen Vote da, würde mich sehr freuen <3
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In aller Freundschaft - die jungen Ärzte: Lebensabschnitte
FanfictionHier kommt sie! Eine weitere Fortsetzung meiner Fanfiction zu "In aller Freundschaft: die jungen Ärzte" und damit der dritte Teil! Für das Verständnis dieser Fanfiction empfehle ich, die vorherigen gelesen zu haben, findet ihr beide auf meinem Profi...