15. Elias

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Elias zieht den Faden an der Wunde seines Patienten zu und lässt sich nochmals den Schweiß von der Stirn wischen. Dieser Tag hatte es echt in sich gehabt und der furchtbare Unfall, der so viele Verletzte ins JTK gebracht hatte, saß ihm selbst in den Knochen.

Als er sich wäscht, schweifen seine Gedanken ab. Immerhin liegt in seinem Spint ein Vertrag, der wie Steinbrocken sein Herz beschwert. Einerseits hat er in einem Anflug von Euphorie sofort unterschrieben und wollte ihn Herrn Berger geben.

Andererseits … dann wäre er nicht nur ein Kollege, sondern auch ein Vorgesetzter. Und ob er das könnte, insbesondere gegenüber Theresa und Ben.

Draußen auf dem Flur läuft ihm Emma über den Weg. Ihr strahlendes Lächeln löst in ihm eine wohlige Wärme aus und sein Herz beginnt schneller zu schlagen.

„Guten Tag Dr. Jahn“, murmelt er und bleibt in ihrer Nähe stehen. Er hasst es, sie so anreden zu müssen, aber sie wollten auf der Arbeit eine professionelle Nähe wahren können.

„Guten Tag Dr. Bähr. Warst du schon bei Herrn Berger?“, fragt sie und schaut mit ihren wunderschönen Augen zu ihm auf. Gott, wie gerne würde er sie einfach packen und küssen wollen.

„Noch nicht. Ich bin noch unschlüssig“. Emma verdreht leicht die Augen und schnalzt mit der Zunge.

„Heute Morgen warst du dir doch noch so sicher!“. Er nickt und schiebt sich wieder ungelenk seine Brille auf die Nase.

„Aber ich will kein Vorgesetzter von meinen Freunden sein!“. Emma schaut sich kurz um und nimmt dann seine Hand.

„Elias. Du warst auch mal mein Vorgesetzter. Und du hast das hervorragend gemacht! Und Ben hat dir doch auch dazu geraten, es zu machen! Sie können sich doch alle keinen besseren Chef vorstellen!“.

Elias schaut beschämt auf seine Füße hinunter.

„Elias, tu es! Du wirst es dein Leben lang bereuen!“.
Emma lässt seine Hand los, jemand muss in der Nähe sein.

„Keine Sorge, wegen mir müssen Sie Ihre Liebschaft nicht verstecken Jahn“.
Es ist Matteo, der mit langen Schritten auf sie zukommt und dann stehen bleibt.

„Elias, schon den unterschriebenen Vertrag abgegeben?“, fragt dieser und grinst, als Elias ihn überrascht ansieht.

„Du weißt von dem Vertrag, den Herr Berger und Professor Patzelt mir angeboten haben?“.
Matteo grinst noch breiter, hebt seine Hand und klopft ihm freundschaftlich auf die Schulter.

„Was glaubst du wohl, wer dich vorgeschlagen hat?“.
Überrascht klappt nun auch Emma der Mund herunter, als sie ihm nachstarrt und Elias muss schmunzeln. Wer hätte jemals gedacht, dass Matteo Moreau mal ein wirklicher Freund werden würde?

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Mit klopfendem Herzen steht Elias vor dem Büro von Herrn Berger und hält den Umschlag in seinen Händen. Das letzte Mal, dass er so nervös war, war mit Sicherheit gewesen, als er Emma um ein Date gefragt hatte.

Mit zitternder Hand klopft er. „Herein“, erschallt es von drinnen und Elias drückt vorsichtig die Klinke herunter. Langsam öffnet er die Tür und merkt, dass er vor Nervosität anfängt zu schwitzen. Hilfe!

„Ah, Dr. Bähr. Kommen Sie herein!“. Herr Berger erhebt sich von seinem Schreibtisch und kommt freudestrahlend auf ihn zu. Mit seiner Hand bedeutet er ihm, an dem Konferenztisch Platz zu nehmen.

„Ich hoffe, Sie haben gute Nachrichten für mich?“, fragt Herr Berger mit hoffnungsvoll leuchtenden Augen.
Elias legt den Umschlag auf dem Tisch ab und holt den Vertrag, immer noch mit zitternden Fingern, hervor.

„Allerdings. Ich habe mich dazu entschlossen, Ihr Angebot anzunehmen“, bringt er mit krächzender Stimme hervor.
Herr Berger lehnt sich lächelnd zurück und atmet tief aus.

„Wunderbar. Das freut mich außerordentlich Dr. Bähr“. Er greift hinter sich, an der Wand steht ein kleiner Kühlschrank, und holt eine Flasche Wasser hervor, sowie zwei Gläser von dem Tischchen daneben.

„Bitte sehr. Ich würde Ihnen ja auch Champagner anbieten, aber Sie haben ja noch Dienst“. Lachend schüttet er ihm etwas Wasser ein und stößt dann mit ihm an. „Auf eine gute Zusammenarbeit!“.

Elias nickt dankend und nimmt einen kräftigen Schluck. Auf einmal fühlt sich sein Herz leicht und unbeschwert an, ein großer Brocken Last ist von ihm abgefallen.

Nachdem Herr Berger und er noch einige formale Kleinigkeiten geregelt hat, spaziert er mit dem wohl fettesten Grinsen aller Zeiten aus dem Büro und begegnet natürlich prompt Theresa, die ihn schmunzelnd ansieht.

„Weswegen hast du denn so gute Laune?“, fragt sie und Elias Lächeln verrutscht etwas.

„Ich habe gerade einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben“, murmelt er nach einigen Sekunden, in denen er mit sich gerungen hatte. Theresa ging schnell an die Decke, auch wenn sie sich für ihn freuen würde.

Aber auch jetzt überrascht sie ihn wieder. Sofort nimmt sie ihn in den Arm und drückt ihn fest an sich. „Ich gratuliere dir Bährchen, du hast es verdient!“.

In aller Freundschaft - die jungen Ärzte: LebensabschnitteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt