Magnus und eine lebensverändernde Entscheidung

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So viele Fragen. Keine Antworten. Immer mehr Fragen in meinem Kopf und Alexanders entschuldigender Blick. Was war das zwischen uns? Wie wird es weiter gehen? Können wir eine Ebene finden? Wird er mich so akzeptieren wie ich bin? Er ist so erfahren, hatte Beziehungen zu Männern die er über alles liebte und Sex mit ich weiß nicht wie vielen anderen teils unbekannten Männern. Eine Frage welche sich konstant in meinen Gedanken schlängelt, ist die Frage nach dem was die Zukunft bringen wird. Kann ich das? Bin ich dazu bereit? Ich mag Alexander sehr. Ja wahrscheinlich bin ich bereits heillos verloren und liebe diesen außergewöhnlichen Menschen. Alexander ist definitiv dem Mann aus meinen geheimen verborgenen Träumen sehr nahe. Viele Jahre hatte ich das Bild eines Mannes vor Augen, groß, dunkles Haar, ein athletischer Körper. Doch sein Gesicht blieb stets im Schatten und seine Stimme nur ein Flüstern.

Zwei Welten prallen hier aufeinander. Er, der angesehene Arzt, mit beiden Beinen mitten im Leben, erfahren, redegewandt, aufmerksam. Und ich, ein armer indonesischer Junge, mit löchrigen Hosentaschen und kaum genug Geld um über den nächsten Monat zu kommen. Unerfahren, wie ein Kaninchen vor der Schlange, mit zitternden Händen und tausend Fluchtmöglichkeiten im Kopf. Ich habe ihm meine dunkelsten, tief vergrabenen Geheimnisse anvertraut. Dinge, über die ich nie geredet habe und von denen ich glaubte, nie die Kraft zu haben, mit einem anderen Mann darüber zu sprechen. Es machte mir Angst, schnürte mir ein weiteres Mal die Luft ab und ich hätte es verstanden, wenn er wollte das ich seine Wohnung verlasse. Ich bin vielleicht nicht das was er sucht, habe dunkle Flecken auf meiner Seele und einen unsicheren Geist. Aber ich will so nicht länger leben. Versteckt, im Schatten, ohne Liebe und die Geborgenheit einer warmen Umarmung.

Darüber zu reden war nicht nur beängstigend, es war ebenso befreiend. Wer geht schon damit hausieren, dass ein Teil seines Ich umgeben von Tod und Leid war? Dass der Gedanke an ein schnelles Ende den Tag und die Nacht beherrschte? Dass Dämonen aus den letzten Winkeln der Hölle ein Wegbegleiter waren und zum Teil noch immer sind? Es gibt Dinge im Leben, die kann man schwer beschreiben. Alle Worte fühlen sich falsch und irgendwie rechtfertigend an. Dabei ist es doch so einfach. Nicht für alles gibt es eine Erklärung. Manche Dinge sind einfach so wie sie sind. Sie gehören zu uns und unserem Leben, sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Aber werden wir eine Zukunft haben? Wird es ein Danach geben, einen Regenbogen welcher über unseren Häuptern erstrahlt? Seine Kraft und Herrlichkeit in die Welt und unsere Seelen schickt? Ich finde keine Antworten auf diese Fragen, brauche sie aber für weitere Schritte. Warum jetzt? Ist es wegen Alexander und seinen offenen Worten? Dieser flehende Blick etwas zu sagen. Er wartet auf eine Reaktion von mir, irgendetwas und sei es noch so klein. Ich frage mich, ob wir zu verschieden sind. Nach einer schwungvollen Drehung, mehreren Litern Wasser welche über den Wannenrand schwabten, sitze ich auf seinen Oberschenkeln, lasse meine Finger durch seine weichen Haare gleiten und hänge meinen Gedanken nach. Alexander blickt mir stumm in die Augen. Ruhe und Gelassenheit wollen sie mir signalisieren, aber ich sehe den Sturm in seinen blauen Iriden, dunkel Flecken wild tanzend und voller Schönheit. Seine Hände liegen sanft auf meinen Hüften, eine hauchzarte Berührung, so als hätte er Angst mir weh zu tun.

"Ja das hast du. Und ich hätte etwas sagen müssen. Wir haben beide nicht richtig korrekt gehandelt. Sagt man das so? Du weißt was ich meine. In dem Moment, als ich Schmerzen hatte. In meinem Kopf schrie ich Stop. Jedoch zersprang mein Herz fast vor Glück. Ich hatte endlich Sex, darauf hatte ich solange gewartet. Keine Ahnung, ich fühlte mich wie in einem Tunnel. Da war der Schmerz und mein zerplatzter Traum von einem kitschig romantischen ersten Mal. Und dann die Lust. Etwas, dass ich so noch nicht kannte und diese neuen Gefühle überwältigten mich. Ich konnte kaum atmen und auch nicht klar denken. Alles drehte und vermischte sich. Schmerz und Lust wurden eins und ich glaube ich habe nur noch deinen Namen gesagt oder?", durchbreche ich die Stille zwischen uns und sehe Alexander nicken.
"Ja. Es klang wunderschön und spätestens da wusste ich, dass das der beste Sex seit Ewigkeiten war." Er spricht die Wahrheit. Ich sehe es deutlich. Und doch bleibt die schmerzende Erkenntnis, dass er alles andere als liebevoll war.
"Für dich", hauche ich.
"Für mich", erwidert Alexander. Streichelnd bittet er um Entschuldigung. Seine Daumen ziehen kleine Kreise über meine Haut. Das Wasser ist bereits deutlich abgekühlt, doch ist uns das egal.

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