Magnus und die Wärme eines Wintermorgen

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Schweißgebadet, mit wild klopfendem, schmerzenden Herzen und verwirrenden Gedanken schrecke ich aus diesem furchtbar seltsamen Albtraum auf. Meine Kehle ist staubtrocken, das Schlucken fällt mir schwer. Es schmerzt und auch meine Knochen, die Muskeln und Sehnen schreien sich die Seele aus dem Leib. Ich bin... verwirrt, gleizend helles Licht blendet meine Augen, ich kneife sie zusammen und blicke durch den schmalen Spalt. Wo bin ich? Warum habe ich Kopfschmerzen? Und warum bin ich nackt? Silbrig-glänzende Punkte flirren durch die Luft, der Geruch von Wald und Holz umgibt mich. Das Zimmer in dem ich mich befinde, ist nicht das meinige. Der dunkle Holzboden ist wunderschön, eine fein aufeinander abgestimmte Maserung. Mein geschultes Auge erkennt sofort die hochwertige Verlegearbeit. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Die Farbe der Steine an den Wänden erinnert mich an die Bilder meiner Kommilitonen aus der Toskana. Eine Studienreise, an der ich aus Ermangelung des notwendigen Budgets nicht teilnehmen konnte.

Mein Blick gleitet durch den Raum, dunkler Boden, helle Möbel, eine riesengroße Fensterfront direkt gegenüber des Bettes in welchem ich sitze. Eine harmonische Komposition, alles edel und hochwertig. Nicht alt und zerschlissen, mit abgeblätterter Farbe an den Wänden und Möbeln die nicht zusammen passen. Fasziniert haftet mein Blick auf dem großen Fenster. Die Sonne strahlt hell, wirft einen Lichtkegel über den Boden. Die Reflexion der Scheibe zaubert wie von Geisterhand einen Regenbogen über das dunkle Holz. Es ist wunderschön anzusehen, tanzende Funken in der Luft und vor dem Fenster an diesem kalten Dezembermorgen fällt der Schnee in sanften Wellen über die Welt. Dicke weiße Flocken tanzen nur für uns, sie bewegen sich anmutig und leicht, werden getragen durch eine sanfte Brise und entlocken mir ein freudiges Lächeln. So wollte ich immer aufwachen. In einem wunderschönen heimeligen Schlafzimmer, gehüllt in seidigen Laken und dem Mann meiner Träume neben mir.

Mein Traum. Ein Albtraum und schlagartig ist meine gute Laune verflogen. Seufzend lasse ich mich in die Matratze fallen und erschrecke mich fast zu Tode. An der Decke über mir hängt ein riesengroßer Spiegel. Klar und deutlich sehe ich mich und meinen nicht mehr unschuldigen Körper. Ich schaue in meine Augen und plötzlich fällt mir wieder ein wo ich bin und was in den vergangenen Stunden geschehen ist. Neben mir liegt Alexander. Sein Rücken ist mir zugewandt und eingehend betrachte ich die Schönheit dieses wunderbaren Mannes. Die Decke verhüllt den unteren Teil seines Körpers. Aber ich kenne diesen bereits und mein Herz klopft schnell bei dem Gedanken daran, was vor ein paar Stunden geschehen ist.

Ich wende meinen Kopf und sehe seinen breiten muskulösen Rücken, die Ausformung seiner Schulterblätter und die reine Haut. Schneeweiß wie die tanzenden Flocken vor dem großen Fenster. Langsam strecke ich meine Hand aus, verharre Millimeter vor dem verführerischen Ziel und seufze viel zu laut. In der Befürchtung, dass er mich gehört hat, beiße ich mir unsicher auf die Unterlippe. Ich will noch nicht das er aufwacht. Alexander wird Antworten wollen und die kann ich ihm im Moment nicht geben. Nicht nach dieser Nacht, dem offenlegen meiner dunklen Seele und seinen Geständnissen. Und dann dieser Traum. Dieser verwirrende Albtraum, mein Vater der mich unbedingt verheiraten wollte und Alexander, der kam um mich zu befreien.

Leise stehe ich auf, fluche innerlich über das laute Rascheln der Decke und blicke leicht verängstigt zu Alexander. Er hat sich keinen Millimeter bewegt und erleichtert setze ich den ersten Fuß auf den kalten Dielenboden. Warum hält man immer automatisch die Luft an, wenn man besonders leise sein will? Ich weiß es nicht, aber auch ich verfalle in dieses Muster und atme geräuschvoll aus als ich mit beiden Beinen auf dem Boden stehe. Und wie es die Eigenschaft von Holz nunmal so ist, knarren die Dielen und zu diesem ohrenbetäubenden Lärm gesellt sich das hämmernde laute Geräusch meines Herzens. Unweigerlich stelle ich mir die Frage, ob Alexander die knarrenden Dielen mit Absicht nicht reparieren lässt, es zum Charme des Appartement gehört oder er schlichtweg einfach keine Zeit hatte einen Handwerker damit zu beauftragen. Kein Mann kann sich hier ungehört rausschleichen.

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