Magnus und der Rausch von Emotionen

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Rot. Rot wie das Blut in meinen Adern. Rot wie der Wein auf dem Tischtuch. Rot ist die Farbe von Liebe, Hass und Tod. Und das rote Hemd welches der Kellner trägt, regt mich ebenso auf wie die Serviette in seiner Hand und die Tatsache, dass er sich ungeniert an der Hose meines Dates zu schaffen macht. Alexander greift nach seiner Hand und ich kralle mich schnaufend in die Kante des Tisches.
"Sebastian", sagt Alexander gequält. Doch dieser reagiert nicht, löst sich aus dem Griff von Alexander und bearbeitet den Fleck auf dessen Hose. Flink gleitet seine Hand mit der Serviette über Alexanders Oberschenkel. Wutschnaubend wende ich meinen Kopf und blicke in das entsetzte Gesicht eines jungen Mannes, welcher am Tisch neben uns sitzt. Er ist schön. Lockige blonde Haare, fast silbern umrahmen ein engelsgleiches Gesicht. Atemberaubend lange Wimpern zieren blau-grüne Augen welche hell leuchten und eine angenehme Wärme verströmen. Das leichte Make-up ist perfekt. Ich wünschte, meine Kunstfertigkeit auf diesem Gebiet wäre so gut wie seine. Ungläubig starren wir uns beide an, führen eine stille Konversation über das was gerade geschieht.

Ich bin wütend und enttäuscht und möchte dem Kellner, welcher offensichtlich scharf auf eine Nacht mit Alexander ist, den Hals umdrehen. Jegliche Form von Gewalt widerstrebt mir. Viele Jahre musste ich stumm dabei zusehen, wie der Bruder meiner Mutter seiner Frau sämtliche Farben des Regenbogens ins Gesicht und auf den Körper zauberte. Mehr als einmal saß ich im Wartezimmer eines Krankenhauses und bangte über die erlösenden Worte des Arztes. Doch sie kamen nie und irgendwann wurde es zur Normalität. Und gerade wünsche ich mir nichts sehnlicher, als einen riesengroßen Holzhammer in meinen Händen und die Kraft, dem Kellner eine neue Frisur zu bescheren.

Eine leichte Kopfbewegung beendet unser Gespräch. Der fremde Mann deutet stumm auf Alexander und ich glaube zu verstehen, was er mir tonlos sagen möchte. Seine Lippen formen ein Wort und ruckartig löse ich mich aus meiner Starre. Plötzlich läuft alles wie in einem Film an mir vorbei. Ich sehe mich und wie meine Beine schnellen Schrittes die kurze Distanz des Tisches hinter sich lassen. Gedämpft höre ich den tiefen Bass der Begleitung meines stummen Gesprächspartners, aber seine Worte kommen nicht bei mir an. Wie ein Blitz schießt meine Hand nach vorne und entreißt dem Kellner die Serviette aus seinem schmierigen Klammergriff.
"Nehm die Finger weg", presse ich zornig hervor und spüre seinen vernichtenden Blick auf mir. Doch das ist mir egal. Alexanders Hose ist feucht vom Wein und der dunkle Fleck zieht mich magisch an.
"Was soll das? Was denkst du wer du bist?", knurrt der Kellner und ich würde ihm so gerne seine dreckige Visage polieren. Ich hoffe, Alexanders Schwager erfährt hiervon und der Kellner hat gewisse Konsequenzen zu tragen. Er legt ein mehr als unangemessenes Verhalten an den Tag und spätestens jetzt weiß das gesamte Restaurant, dass der Kampf um Alexanders Gunst und seinen wunderbar süßlich schmeckenden Lippen bereits in voller Fahrt ist.

"Ich bin Alexanders Verabredung. Nicht du. Also zieh Leine." Meine Worte klingen ungeahnt hart und zornig funkele ich ihn an. Seine wässrigen Augen bohren sich in meine. Er versucht nur durch die Kraft seiner Blicke mich zum Aufgeben zu bewegen. Aber da hat er sich getäuscht. Alexander ist alles was ich mir immer gewünscht habe. Und ich werde nicht einfach kampflos dabei zusehen, wie ein anderer Kerl heute Abend in seinen Armen das Restaurat verlässt. Sollte Alexander sich für die Begleitung des Kellners entscheiden, dann ist es so. Aber ich muss mir nicht vorwerfen lassen, es nicht versucht zu haben. Viel zu lange habe ich mich nach einem Mann wie ihm gesehnt, lang nächtelang in meinem kleinen Zimmer auf einer Matratze die zu hart und unweigerlich auch zu klein für zwei erwachsene Männer ist. Ich träumte von starken Armen und leise geflüsterten Worten.

Gemeinsam knien wir vor Alexander. Der eine rechts, der andere links von seinem Bein. Ich kann das Bild was sich den Gästen bietet vor meinem inneren Auge sehen. Jeder dritte Porno hat solch eine Szene. Männer die vor Erektionen anderer Männer knien und sich gierig über pinkfarbene Lippen lecken. Wieder der tiefe Bass des Mannes am Nachbartisch. Ich habe nur eine unklare Erinnerung an sein Aussehen, aber es beruhigt mich etwas zu wissen, dass mich mein Gefühl nicht getäuscht hat und der Kellner eine Grenze überschritten hat. Der andere Mann spricht beruhigend auf ihn ein und gemeinsam geben sie mir die Kraft um nicht auf der Stelle die Beherrschung zu verlieren. Es ist nicht meine Art und schon gar nicht meine Erziehung, in der Öffentlichkeit eine Szene zu machen. Aber der Kellner regt mich so dermaßen auf.

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