- Kapitel 2 -

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Nach dem Shoppen, gehen wir erstmal zu Sandro's, eine Trattoria in der Nähe des Campus. Franny ist auch schon dort und erwartet uns bereits. Dieser Ort hat etwas Magisches. Herabfallende Lichterketten an den großen Fenstern am Eingang, Efeublätter, die sich wild über die rötlichen Mauersteine verteilen, weiß-rot karierte Tischdecken und mein absolutes Highlight: die weißen Stabkerzen in den Weinflaschen, die als Kerzenhalter fungieren. Es verleiht dem ganzen einen besonderen Touch. Ich fühle mich wie in diesen kleinen Restaurants die man findet, wenn man sich in Venedig in den Gassen verirrt. Obwohl ich noch nie in Venedig gewesen bin, fühlt es sich vertraut an.

Enzo, unser Stammkellner kommt schon auf uns zu. Mit einem Strahlen im Gesicht empfängt Franny ihn freundlich. Während er unsere Bestellung aufnimmt, flirtet sie mit ihm. Es scheint aber keinen zu stören, außer Abby. Sie ist immer noch gekränkt wegen des Praktikums.

„Frag doch Steve aus deinem Kurs, ob bei ihm vielleicht noch eine Stelle frei ist?" Sie schüttelt eifrig den Kopf. „Er hat es schon hundert Mal bei mir versucht, da werde ich ihn sicherlich nicht um einen Gefallen bitten!", fügt sie schnell hinzu. Franny, die sich den Antipasti gewidmet hat, stimmt ihr mit vollem Mund zu: „Steve ist so ein Vollidiot." Abby lächelt. Ich glaube, das hat sie ein wenig bestärkt, da sie jetzt entspannter wirkt. „Ich warte einfach ab, die Bewerbungen habe ich erst letzte Woche losgeschickt. Ich sollte mir nicht so einen Druck machen", äußert sie sich.

Ich erzähle den beiden wie mein Kurs heute Morgen gelaufen ist und dass ich auf jeden Fall nachher in die Bibliothek muss. Wenig später steht Enzo mit unserem Essen bei uns. Wir essen unsere Pizzen auf und zahlen dann auch sofort, da ich schon zur nächsten Vorlesung muss und Franny sich auf dem Weg zum Schwimmtraining macht. Abby verschwindet wieder in die Stadt, da sie noch nicht alles für die Party morgen hat.

Im Hörsaal angekommen, lasse ich mich vorne in der zweiten Reihe nieder und hole meine Lernzettel aus meinem Ordner, die ich mit Abby vor einigen Tagen konzipiert habe. Im Gegensatz zu Abby bin ich überhaupt nicht der Lern-Typ, es fällt mir schwer mich auf Klausuren vorzubereiten. In den Lesungen halte ich mich so gut wie immer zurück, da ich vieles nachholen muss und keine Lust habe, die Dozenten mit meinen Fragen zu löchern. Dafür habe ich Ramona. Sie erleichtert mir das Leben mit ihren Notizen vom gesamten Semester.

Die Tür öffnet sich und es kommt ein junger Mann herein

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Die Tür öffnet sich und es kommt ein junger Mann herein. Er wirkt als wäre er selbst noch ein Student. Ich schätze sein Alter auf 24, höchstens 25. Ich merke, dass ich ihn anstarre. Also setze ich mich auf und versuche konzentriert zu wirken. Er erinnert mich an jemanden. Aber an wen bloß? Ich komme echt nicht drauf.

„Guten Tag allerseits! Mein Name ist Logan Bailey und ich vertrete dieses Jahr Mr

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„Guten Tag allerseits! Mein Name ist Logan Bailey und ich vertrete dieses Jahr Mr. Porter. Er muss leider dieses Semester aus gesundheitlichen Gründen aussetzen.
Zu mir: Ich habe Kunstgeschichte und Filmwissenschaft studiert. Ich bin passionierter Kunstliebhaber und Drehbuchautor. Ich habe bis vor drei Jahren auch hier an der Portland State University studiert. Neben dem Unterrichten findet ihr mich auch in der Academy of Art, hier in der Stadt. Dort verbringe ich gerne meine Freizeit und helfe jungen Künstlern, wie ihr es seid, ihre Kreativität zu entfachen. Jeden ersten Samstag im Monat stelle ich dort Werke aus, die ich mit den Schülern entworfen habe. Besucht gerne die nächste Ausstellung. Die Flyer dazu könnt ihr euch gerne nach dem Unterricht bei mir vorne abholen. Noch irgendwelche Fragen zu meiner Person?" Nach drei oder vier Fragen fängt er auch schon mit der Vorlesung an. Mr. Bailey geht die Themen durch, die er dieses Jahr mit uns durchnehmen möchte.

Ich hab's. Jetzt weiß ich an wen er mich erinnert: Aaron Taylor-Johnson. Ein Schauspieler den ich in meiner Jugend geliebt habe. Er hat damals die männliche Hauptrolle bei Frontalknutschen gespielt. Ich weiß noch wie meine Schwester und ich total in ihn vernarrt waren. Er sieht Aaron Taylor-Johnson verdammt ähnlich. Ich muss ein Lächeln unterdrücken.

Ich bin eigentlich kein Fan von Kunstgeschichte, aber leider ist dies ein großer Bestandteil meines Studiums. Aber selbst das, nehme ich in Kauf. Wenn ich bedenke, dass ich jetzt normalerweise in einem anderen Hörsaal gesessen hätte, dann bin ich doch lieber hier.

Wir sprechen über einen berühmten Maler aus dem frühen 20. Jahrhundert, namens Salvador Dalí. Dieser hat keinen Abschluss in seiner Kunstschule erlangen können und kam trotzdem sehr groß raus. „Ich würde mich dennoch freuen, wenn ihr diese vier Jahre durchhalten würdet und es nicht Dalí ähnlich macht", sagt Bailey belustigt. Der Hörsaal lacht und selbst ich muss schmunzeln. Er schüttelt nur den Kopf und meint: „Diese Woche möchte ich eine Hausarbeit mit Skizze. Das Modemagazin Vogue, nahm einst vier Werke von Dalí und benutzte diese als Cover. Ich möchte, dass ihr diesen Beispielen folgt und eines der Werke Dalis verwendet. Erstellt euer eigenes Titelblatt mit individuellem Design. Mir ist es egal welches Journal ihr dafür verwendet. Es kann die Vogue sein oder das Morgenblatt, welches eure Oma jeden Morgen zum Frühstück liest. Terminabgabe ist nächste Woche Donnerstag." Er schreibt seine Mail-Adresse auf das Whiteboard und macht uns darauf aufmerksam. „Bei Fragen stehe ich euch natürlich gerne zur Verfügung", ergänzt er.

Als ich gerade aufstehe, kommt schon Ramona von der anderen Seite. Sie strahlt über beide Ohren: „Hey Rachel! Ich bin so begeistert von dieser Aufgabe! Dem langweiligen Mr. Porter wäre sowas nie in den Sinn gekommen. Sei echt froh, dass du das erste halbe Jahr verpasst hast." Ich kichere. „Hey wäre es für dich in Ordnung, wenn wir uns dann oben treffen, ich möchte mir vorne noch einen Flyer holen...", informiere ich sie. Sie nickt und geht schon mal vor.

Da ich so weit vorne sitze, habe ich es nicht weit bis zum Pult. Die Flyer liegen griffbereit. Sehr schön, dann muss ich mich nicht mit ihm unterhalten und kann direkt abzischen. Gerade als ich mir einen Zettel schnappe, höre ich eine Stimme zu meiner Linken. Verdammt. „Sehr schön! Du interessierst dich also für Kunstausstellungen oder erhoffst du dir davon ein paar Bonuspunkte von mir?"

Ich drehe mich um und zwei große blaue Augen starren mich an.

Picasso am MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt