- Kapitel 12 -

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Wie konnte ich die Zeit so aus den Augen verlieren? Mist. „Sorry Aiden, aber ich muss los. Ich habe noch was vor", sage ich, während ich mein Oberteil wieder richte. Er gibt sich mit der Antwort nicht zufrieden und kommt mir wieder näher. Schon liegen seine Lippen auf meinem Hals und die Hitze von vorhin durchströmt mich wieder. Ich genieße es noch einen Augenblick und nehme einen tiefen Atemzug, bevor ich ihn langsam von mir wegstoße. „Aiden, die Mädels warten. Ich muss jetzt wirklich gehen." Er macht einen Schritt nach hinten, damit ich von der Werkbank runtersteigen kann. Oh Gott, wie verabschiede ich mich jetzt? Es war vorhin noch alles komisch und dann diese Annäherung. Er ist die ganze Zeit still und gibt keinen Ton von sich, was die Situation in keiner Weise erleichtert. Ich ziehe meine Jacke an und nehme meine Tasche in die Hand. „Können wir später nochmal reden? Ich will nicht, dass etwas zwischen uns steht." Ich antworte ihm rasch: „Ja gerne, um 18 Uhr bei mir?" Ohne etwas zu sagen, nickt er. Also düse ich direkt an ihm vorbei, da wir schon zwanzig nach haben und die Mädels mich zu 100% killen werden.

Das Restaurant ist sehr voll - wie immer. Es ist nun mal Mittagszeit, da boomt die Trattoria meistens, weil viele Büros in der Nähe sind und die Leute hier gerne ihre Mittagspause verbringen. Ich finde die Mädels hinten an einem Fenster. Sie winken mir zu, um sich so erkennen zu geben. Ich setze mich zu Abby und umarme sie zur Feier des Tages ganz fest. Da ich nichts von der Martinez-Sache erzählen möchte, lüge ich beide an, in dem ich sage, ich hätte die Zeit komplett vergessen. Naja, so ganz gelogen war es ja nicht. Sie wissen nur eben nicht mit was oder wohl eher mit wem.

Wir verbringen dort einen schönen Vormittag und amüsieren uns sehr. Abby entscheidet sich für ein Architektenbüro in Seattle. Das klingt nach einer super Chance und ich bin echt froh darüber, dass sie ihren Träumen ein Stückchen näherkommt. Zum Dessert bestellt uns Abby noch Tiramisu, dazu trinke ich einen Cappuccino. Als Abby aufsteht, um die Rechnung begleichen zu gehen, riskiere ich einen Blick auf meinem Handy, welches ich die ganze Zeit über in der Hosentasche hatte. Ich habe eine Nachricht von Aiden und diese bringt mich in Verlegenheit, dass ich sofort rot werde:

»Ich kann nicht aufhören an eben zu denken. Ich will dich wieder spüren."

Mir wird warm. Ich merke, wie ich am ganzen Körper anfange zu zittern. Oh man, er hat's mir echt angetan. Franny fällt auf, dass ich abwesend mit meinen Gedanken bin und räuspert sich. „Was ist los, Picasso?" Ich lächele verlegen. „Nichts, alles gut", lüge ich. Ich schicke Aiden noch kurz meine Adresse und zu meiner Erleichterung kommt Abby zurück. Wir verlegen unsere „Party" in die WG.

Franny fährt bei mir mit und nach wenigen Minuten sind wir auch schon zuhause. Abby ist noch nicht da. Ich hole schon mal die Gläser aus der Küche, während Franny die Alkoholsammlung von Abby plündert. Da Abbys Vater so oft auf Reisen ist, schickt er ihr oft außergewöhnliche Gins oder Rums aus aller Welt. Obwohl sie nicht die Trinkerin ist, erfreut es uns nur noch mehr. Nun trifft auch sie ein und schon sitzen wir alle drei im Wohnzimmer mit einem französischen Gin in der Hand. Ich bin so verdammt ungeduldig, dass ich gefühlt alle zwei Minuten auf die Uhr starre. Ich freue mich auf Aiden, auch wenn ich noch ein wenig angepisst bin wegen gestern. Die Mädels schauen sich noch einen Film an. Da ich aber meine Hausarbeit für Mr. Bailey noch fertig schreiben muss, verabschiede ich mich von den Mädels und begebe mich auf mein Zimmer. Dort angelangt, platziere ich mich direkt aufs Bett und fange an mir nochmal Alles durchzulesen. Die Skizze ist ja bereits fertig, nur noch ein paar letzte Feinschliffarbeiten im Text. Nach einer Stunde ist meine Hausarbeit vollständig und schicke sie Herrn Bailey per E-Mail zu. Da wir erst 17 Uhr haben, gehe ich noch kurz duschen, man kann ja nie wissen.

Kurze Zeit später stehe ich frisch und rasiert vor meiner Kommode und suche nach passender Unterwäsche. Das schwarze Set von Fenty wird heute endlich zum ersten Mal getragen. Ich stelle mich vor den Spiegel und begutachte mich. Nicht schlecht Rachel. Fast schon zu schade um es mir vom Leib zu reißen. Ich föhne meine Haare ein wenig und flechte sie, damit wenn Aiden gleich da ist, sie leicht gewellt sind. Da ich sehr voluminöses Haar habe, wirkt das dann immer wie eine Löwenmähne.

Aus meinem Schrank nehme ich mir eine Sportleggins und ein Croptop, damit ich lässig wirke und nicht ausschaue als hätte ich mich jetzt extra für ihn eine Stunde zurecht gemacht. Ich schaue wieder ungeduldig auf die Uhr und es ist zehn vor. Zwei Spritzer von meinem Lieblingsparfüm und ich bin fertig.

Noch ein letzter Blick auf mein Handy. Keine Nachricht. Okay, er hat ja noch zehn Minuten. Nicht durchdrehen Rachel. Ich löse meine Zöpfe und schüttele sie kopfüber noch ein wenig, damit sie wilder aussehen.

Es klingelt an der Tür.

„Ich mach auf!", schreie ich, damit die Mädels nicht auf die Idee kommen Aiden die Tür zu öffnen. Ich atme tief ein und aus und mache die Tür auf. Aiden steht mit einer Tüte vor mir. Er sieht wieder entzückend aus, wer hätte das gedacht. „Hey Rachel, ich habe Snacks mitgebracht", teilt er mir mit. Ich lächele ihn an. Snacks sind immer gut. „Sehr schön, komm doch rein." Er folgt mir durch den Flur und wir verschwinden in mein Zimmer. Da das Wohnzimmer am Ende des Ganges ist, sehen die Mädels uns nicht. Normalerweise hätte ich ihm die Wohnung gezeigt, aber das mit den Mädels wäre mir jetzt zu viel, da sie von der Situation hier noch nicht so viel wissen. Ich schließe die Tür ab.

Aiden stellt die Tüte auf den Boden ab und streift sich seine Lederjacke ab. Total überfordert und nervös, fange ich an ihm mein Zimmer zu zeigen. Er bleibt bei meinen Leinwänden stehen. „Darf ich?", fragt er. Ich nicke: „Na klar", sage ich angespannt. Es haben nicht viele meine Werke gesehen. Klar, Schulprojekte schon, aber die Sachen, die ich zuhause mache, die kriegt nicht jeder zu Gesicht. Gespannt auf seine Reaktion, setze ich mich auf mein Bett. Er mustert die Bilder. „Sie sind wunderschön Rachel, ich verstehe warum du das Psychologiestudium geschmissen hast." Ich lache. Er kann süß sein manchmal. Er legt die Leinwände vorsichtig wieder zurück und kommt auf mich zu. Mein Kopf habe ich mittlerweile an einer Säule meines Himmelbettes gestützt. Er lächelt mich an und setzt sich vor mir auf den Boden. Aus mir kommt kein Ton, da seine dunklen Augen mich nur noch nervöser machen. „Also...", fängt er an: „Du bist mir sehr wichtig Rachel..." Ich schlucke, weil ich so angespannt bin. „Das mit uns ging sehr schnell und ich will nicht, dass es wegen etwas Unnötigem endet." Ich stimme ihm zu: „Das will ich auch nicht." Er grinst und hebt die Augenbrauen.

Warum grinst er schon wieder? „Du öffnest dich, das finde ich gut. Wir machen Fortschritte, sagt er lächelnd. Jetzt muss ich schmunzeln. Er steht auf und stellt sich vor mir. Ich blicke zu ihm hoch, seine Augen immer noch auf mich gerichtet. Ich überwinde mich und ziehe seinen Kopf zu mir runter und fange an ihn zu küssen. Er wirft mich sofort aufs Bett und schon liegt er über mir. Meine Begierde nach ihm ist sowas von geweckt, dass würde sogar ein Blinder erkennen. Er fängt an mein Oberteil auszuziehen und daraufhin meinen Hals zu liebkosen. Ich stöhne seinen Namen leicht. Er blickt mir wieder in die Augen und will, dass ich es wiederhole. Dein Wunsch ist mir Befehl. Ich wiederhole seinen Namen.

Er streift langsam sein Long Shirt über seinen Kopf und ich sehe seinen nackten Oberkörper vor mir. Wow, ich will ihn jetzt nur noch mehr, mit jeder Faser meines Körpers. Meine Lippen verschmelzen mit seinen. Er fängt an mich auszuziehen. Je mehr er von mir sieht, desto mehr sieht man ihm seine Begeisterung an. Wie Samt auf meiner Haut, so zart und sinnlich ist jede seiner Berührungen.„Du machst mich verrückt", sagt er außer Atem. Nun sind wir beide nackt und mir gefällt was ich sehe. Ich möchte ihn fühlen, seine Wärme spüren. Er küsst mich immer weiter und wilder. Er holt ein Kondom aus seiner Jeans raus, die mittlerweile auf dem Boden liegt. Ich schließe meine Augen und lasse mich gehen. „Ich will, dass du mir in die Augen schaust", befehlt er mir. Diese Dominanz in seiner Stimme, steigert mein Verlangen nur noch mehr. Ich schaue ihn an und spüre ihn nun. Er ist so zärtlich und gleichzeitig ein wenig grob, ich liebe es.

Wir harmonieren perfekt.

Nachdem wir beide gekommen sind, bleiben wir im Bett liegen. Ich hatte noch nie so guten Sex. Mein Ex schaffte es nie mich zu befriedigen, aber mit Aiden war es komplett was Anderes. Er zieht sich seine Boxershorts wieder an und holt die Tüte mit den Snacks, darin waren auch zwei Dosen Eistee. Pfirsich, meine Lieblingssorte. Er hatte sich das gemerkt, was mich direkt zum Lächeln bringt. Wir verbringen den Abend im Bett und reden über Gott und die Welt. Es tut gut mit ihm über alles reden zu können. Ich bin glücklich. Wir machen meinen Fernseher an und schauen einen Film auf Netflix. Nicht mal nach der Hälfte, fangen wir schon wieder an rumzumachen und haben erneut Sex.

Mittlerweile ist es schon spät und ich biete Aiden über Nacht zu bleiben. „Ich bleibe gern bei dir und schaue dir beim Einschlafen zu." Ich pikse ihm auf die Nase, weil er schon wieder schnulzig zu mir ist und ich das amüsant finde. Während der Film noch läuft, kuscheln wir uns in den Schlaf.

Picasso am MorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt