Kapitel 2

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Doch im Gegensatz zu dem Angriff vor vielen Jahren schaffe ich es, meine Dolche zu ziehen. Wütend stürze ich mich auf das erste Monster, quäle es ein wenig bevor ich sein Leben beende. Es befriedigt mich, die Spinne tot zu sehen. 'Mehr' denke ich und töte die nächste nach einem kurzen Gefecht mit ihren Beinen indem ich ihr meinen Dolch tief in ihr Maul stoße. Ich lasse meiner Freude freien Lauf und gebe einen lauten Ton von mir, der eher wie ein Urschrei klingt. Es sind nicht viele Spinnen und bald liegen sie alle am Boden. Ich sehe zu Laneth, der keuchend am Boden liegt und erstarre. Aver schon richtet er sich wieder auf und bedeutet mir, dass alles in Ordnung ist.

*Laneth POV*

Ich sehe meine Schwester an und weiß, dass sie mir nicht glaubt, also hebe ich mein verschlissenes Hemd an und zeige ihr, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Als wir weitergehen, prüfe ich den Stand der Sonne. Wir werden es sicher noch schaffen. Als wir eine Weile gegangen sind, wird die Stille, die uns sonst nichts ausmacht, unangenehm. "Was gedenkst du zu tun, wenn wir angekommen sind? Du weißt, dass sie uns nicht hineinlassen werden. Nicht in diesen Zeiten, in denen man nicht mehr Freund von Feind unterscheiden kann" frage ich meine Schwester. Neriwyn nickt nur. "Werden wir rechtzeitig da sein um den Sonnenuntergang zu beobachten?" Die Frage bringt mich zum Lächeln. Niemand liebt den Sonnenuntergang so wie meine kleine Neriwyn. Auf einmal brandet heftiger Schmerz in mir auf. "Mein... Rücken" stoße ich hervor, dann wird alles schwarz und ich spüre wie ich falle.

*Neriwyns POV*

Auf einmal höre ich ein Keuchen, das nur von meinem Bruder stammen kann. "Mein... Rücken" höre ich ihn hervorstoßen. Blitzschnell drehe ich mich um, nur um zu sehen, dass er fällt - und liegen bleibt. "Laneth!" Ein leises Flüstern entringt sich meiner Kehle. Dann besinne ich mich auf seine Worte, eile zu ihm und ziehe sein Hemd hoch. Natürlich. Er hat mir seinen Bauch gezeigt, nicht den Rücken. Denn dort auf seinem Rücken befindet sich eine tiefe Wunde. Es tritt kein Blut aus, aber man die Adern in seinem Rücken sehen, die sich langsam schwarz färben. Spinnengift.

Mein Atem geht nur noch stoßweise, doch der Weg nach Bruchtal dauert noch, und Laneth zeigt immer noch kein Lebenszeichen. 'Eine kurze Pause kann nicht schaden' denke ich, lege ihn vorsichtig auf den Boden und versuche, ein Feuer zu entzünden. Nach einer gefühlten Ewigkeit züngelt eine kleine, zarte Flamme empor. 'Wäre sie doch nur ein bisschen größer' denke ich und zucke zurück. Ist die Flamme eben tatsächlich größer geworden? Noch einmal richte ich meine Gedanken auf die Flamme und ziehe scharf die Luft ein, als sie nach oben lodert. Sollte ich das Feuer beherrschen können? Ich experimentiere noch eine Weile, dann ziehe ich meinen geliebten Bruder wieder auf meine Schulter. Ich nehme mir vor, zum Abend in Bruchtal angekommen zu sein, bei Herrn Elrond. Er ist der einzige, der uns jetzt noch helfen kann. Welche Ironie, dass Laneth fast stirbt und ich mit ihm nach Bruchtal muss, wo er hinwollte. Er wird es nicht sehen - vielleicht niemals.

Neriwyn - Mädchen des FeuersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt