Triggerwarnung Blut
»Habicht warte doch mal!« Keuchend und schwer atmend holte Feder ihn ein. Der junge Wolf sprang vergnügt neben seiner Freundin her und schnappte spielerisch nach ihr. Sie sprang auf seinen Rücken und brachte ihn zum Zusammensacken. Er wand sich unter ihr und schaffte es, sie runter von sich zu treten. Sie rollte sich ab und zwickte ihm ins Ohr, nur um dann außer Reichweite zu springen. Fröhlich und sorglos fingen sie an zu raufen.
Das ging so lange und noch ein bisschen länger, bis Sand, eine Wölfin, deren Fellfarbe ihrem Namen alle Ehre machte, auftauchte. Sie war eindeutig genervt und somit sollten die beiden jüngeren Wölfe sich eigentlich in Acht nehmen. Doch sie taten es nicht und obwohl sie die geschickte Jägerin bemerkten, balgten sie weiter. Gereizt beobachtete die Mutter von Habicht das Ganze noch eine Weile, ehe sie schließlich fauchte: »Hört auf, Ihr seid doch keine Welpen mehr!«. Mit blitzenden, ärgerlichen Augen sah sie sie an. »Pff!« Habicht verdrehte die Augen. »Tut uns leid, wir werden in Zukunft darauf achten«, eingeschüchtert nickte Feder. »Dann ist ja gut!« keifte Sand. Mit festen Schritten stampfte sie davon. »Keine Ahnung, was mit ihr los ist«. Habicht zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich sind wieder alle gegen sie, zumindest ihr nach«. Feder nickte »In der Hinsicht hat sie Ähnlichkeit mit Wolke, wenn der einen schlechten Tag hat, sollte man entweder stärker als er sein oder sehr geduldig und aufmerksam«. Wolke war der Wurfgefährte von Feder und manchmal sehr grummelig. Warum, wusste keiner so genau, aber niemand verübelte es ihm.
Wenn der eigene Vater gestorben war, als man selber gerade mal halbwegs laufen gelernt hatte, war das schrecklich. Im Gegensatz zu seiner Schwester hatte der Rüde sich nie so richtig von diesem Schicksalsschlag erholt. Kaum hatte Feder den Satz zu Ende gesprochen, trabte ein weißer Wolf zu ihnen, er lächelte honigsüß und das tat er wirklich, um seine Schnauze klebte Honig. Dafür hatte er überall Bienenstiche. Nun ja, Dummheit tut weh, wortwörtlich in diesem Falle.
»Na wie geht es euch?«, fragte der Wolf, als wären sie beste Freunde. Misstrauisch beäugte Feder ihn. »Wieso willst du das wissen?« knurrte sie. »Ach nur so, wie kommt es, dass ihr schon wach seid? Seit ihr vielleicht von etwas geweckt worden?«
Habicht grinste. »Sag bloß, du wolltest uns wieder Frösche ins Nest packen und hast dich vertan, Schmetterling ist total ausgerastet, als sie die bei sich gefunden hat.« Holz weitete die Augen. »Sie waren in Schmetterlings Nest?!« Feder lachte. »Das darfst du schön deiner Angebeteten erzählen!« Holz schüttelte wie wild den Kopf. Könnten Wölfe rot werden, hätte sein schönes weißes Fell jetzt ein ebenso schönes Crimsonrot.
Nun gesellte sich Schmetterling zu ihnen. Begeistert über die Wendung der Dinge, beobachteten Habicht und Feder das Ganze, inzwischen eher als Zuschauer, anstatt als Teilnehmer. »Macht es dir Spaß, mir Frösche ins Nest zu stecken, Frösche, die noch leben und herum quaken, als gäbe es kein Morgen mehr?!« fing die Wölfin mit dem graubraunen Rücken und dem cremefarbenem Bauch an. »Das war Habicht!«. An-klagend sah Holz seinen Rivalen an. »Spar dir die Lügen, ich hab euch gehört!«, donnerte Schmetterling. Jetzt war sie erst richtig in Fahrt und das sollte was heißen, denn normalerweise war sie ein Engelchen. Vielleicht war das der Grund, warum Habicht und Holz schon länger um sie wetteiferten.
Eine durch den Lärm aufmerksam gewordene Beta-Wölfin trabte auf sie zu. »Was ist hier los?«, fragte sie, mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme. Ihr Name war Sonne und eine gute Freundin von ihr war Sand. Beide waren der Meinung, dass die Jugend zwar Grips hatte, ohne Zweifel sogar, sich jedoch bei manchen Sachen zu sehr aufregte. Sand hätte sie alle angefaucht, aber Sonne hatte sich besser im Griff. »Dein Sohn steckt mir lebende, quakende Frösche ins Nest!« keifte Schmetterling, die Wölfin bebte und hätte den Übeltäter wahrscheinlich am liebsten angesprungen. »Holz, komm bitte mit.« Die Beta-Wölfin sprach ruhig, aber man konnte ihre unterdrückte Wut in den Augen sehen. Holz trabte ihr mit gesenktem Kopf und eingezogenem Schwanz hinterher. »Der wird noch richtig Ärger bekommen.« meinte Schmetterling mit einer Miene, die man als zufriedenes Grinsen deuten konnte.
Kurz darauf ertönte ein Heulen. Regen, ihr Alpha-Wolf, saß mit Blüte, ihrer Alpha-Wölfin, auf dem Felsenplateau. Langsam lief das Rudel zusammen. »Holz hat zum fünften Mal einem Rudelmitglied Frösche ins Nest gesteckt. Zur Strafe wird er einen halben Wetterwechsel Omega-Wolf!« Die Stimme von Regen durchschnitt die Luft wie ein Reißzahn. Die beiden Omega-Wölfe Falke und Mond, die abseits saßen, streckten alarmiert die Köpfe nach oben. Als Holz sich dann zu ihnen gesellte, fing Falke wieder an zu grollen. Vor Schreck hatte sie das tatsächlich kurz vergessen. Der weiße Wolf wollte sie schon beißen, da erinnerte er sich, dass er jetzt Omega-Wolf war und kein untergebener Wolf, zumindest für einen halben Wetterwechsel. Schlecht gelaunt legte er die Ohren an, während Schmetterling unverzüglich zu ihm schritt und ihn kräftig in die Schulter biss. Holz zog den Schwanz ein und winselte leise, wofür er mit noch einem Biss bestraft wurde. Das Blut tropfte auf den Boden und bildete dort eine Pfütze. Schmetterling schien nun zufrieden und lief zurück zu Habicht und Feder. »Geschieht ihm recht«, meinte sie kalt, während sie beobachtete, wie Mond, wenig begeistert, die Wunde mit nassem Moos auswusch und saubere Herkulesstaudenblätter um die Schulter wickelte.
Falke knurrte nur und man konnte einen genervten Unterton heraushören, dann verschwanden alle drei in der kalten, kleinen Felshöhle, in der sie schliefen. »Ich gehe jagen«, sagte Feder, als sie den Blick von der Omega-Höhle abgewandt hatte. »Tu das«, meinte Habicht und seine Freundin trabte davon. Schmetterling bemerkte: »Arme Falke, armer Mond, na dann, ich muss los, Schnee und ich wollten noch kämpfen üben.« »Verstehe«, antwortete Habicht, dabei verstand er ganz und gar nicht. Er wollte, dass die hübsche Wölfin noch hierblieb, jetzt, wo sie sich endlich mal für ihn interessiert hatte. Schmetterling leckte ihm kurz übers Ohr, dann lief sie davon. Verwirrt, enttäuscht, aber irgendwie auch glücklich, sah Habicht ihr nach.
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From Wolf to Wolf
Fantasy»Verflucht seit ihr, möget ihr diesen Fluch von Generation zu Generation weitergeben und das für alle Ewigkeit!«. ❁❁❁ Kirous ist ein junger Wolf, der als Welpe ihm Wald gefunden wurde. Jetzt lebt er glücklich bei einem Wolfsrudel in den Bergen. Doch...