Natürlich wurden sie auf der Supremacy erwartet. Kylo Ren wurde von einer Gruppe medizinischer Androiden in Empfang genommen. Hux hatte mit keinem Wort des Dankes von seiner Seite gerechnet und natürlich hatte er es auch nicht für Kylo Ren getan. Dessen Schweigen ihm gegenüber machte ihn dennoch wütend, denn immerhin hatte er sein Leben riskiert um das seine zu retten. Trotzdem war da diese altbekannte Mischung aus Geringschätzung und widerwilligem Respekt Ren gegenüber, auch jetzt noch, da er seine bisher vielleicht größte Niederlage hautnah mitangesehen hatte. Er fragte sich, was Snoke zu Rens Scheitern sagen würde.
„General Hux, wollen sie sich die Schiffsberichte ansehen?" fragte ein Unteroffzier, der neben ihm aufgetaucht war und Hux griff abwesend nach der tragbaren Konsole, die ihm hingehalten wurde. „Wünscht Snoke mich zu sprechen?"
„Nein Sir."
Er nickte und machte sich auf den Weg in sein Quartier. Erst als sich die Sicherheitstür hinter ihm schloss, erlaubte er sich, die Augen zu schließen und für einen Moment wirklich über das nachzudenken, was geschehen war. Die Konsole glitt ihm aus der Hand und er merkte es erst, als sie auf dem Boden aufschlug und der Bildschirm zersplitterte. Für einen Moment stand er vollkommen regungslos, bemüht darum seine Kontrolle wiederzufinden. Er war nicht Kylo Ren, der Dinge zerstörte, wenn etwas nicht so funktionierte, wie er es sich wünschte. Es war seine große Stärke, dass er sich niemals gehen ließ, ganz egal was geschah. Auch wenn alles, was er aufgebaut hatte in Schutt und Asche hinter ihm lag und er nicht wusste, was die Zukunft für ihn bereithielt. Aber Starkiller Base war nicht das einzige, was er erreicht hatte.
Er ging zu den Monitoren, die abgesehen von dem Kommandosessel der davorstand und einem halbrunden Sofa in der Mitte alles waren, was diesen Raum einnahm und schaltete sie an. Sie waren so montiert, dass sie einen Halbkreis um ihn bildeten und seine Finger flogen über das Keyboard, bis er alle Informationen aufgerufen hatte, die er benötigte. Zunächst machte er sich mit allem vertraut, was auf dem Schiff vor sich ging, überflog die Logbücher der letzten Tage und studierte Kurswechsel und Schadenberichte. Dann rief er das Programm auf den Schirm, mit dem er sich in den letzten Zyklen befasst hatte, nachdem die Planungen an Starkiller Base abgeschlossen waren. Er musste seine Gedanken davon abhalten, sich mit deren völliger Zerstörung zu befassen.
Erst als sein Kopf schmerzte und seine Finger steif wurden, ließ er von dem Programm ab. Er ließ sich eine Essensration bringen, weil er wusste, dass er Nahrung zu sich nehmen musste und verspeiste sie, ohne irgendetwas davon zu schmecken. Das tat er fast nie. Er wusste auch, dass er würde schlafen müssen, so sehr es ihn auch störe, dass sein Körper auf diese lächerlichen menschlichen Bedürfnisse angewiesen war. Aber er konnte sich erst niederlegen, wenn er vollkommen sicher war, dass der Schlaf sofort zu ihm kommen würde. Die Minuten im Dunkeln, bevor er wegdämmerte waren die schlimmsten und er versuchte sie so kurz wie irgend möglich zu halten.
Nach einem kurzen Zögern legte er seinen Mantel ab. Er fühlte sich besser, wenn er dieses Kleidungsstück trug. Sicherer, als sei er eine Art Schutzschild. Er gab seinem persönlichen Androiden den Auftrag ihn zur Reinigung abholen zu lassen und verschloss die Tür seines Waschraums hinter sich. Alle anderen Kleidungsstücke, die er trug, inklusive der schweren Stiefel ließ er nacheinander in den dafür vorgesehenen Schacht fallen. Nachher würden von allem Ersatzstücke bereitliegen. Er vermied es, in den Spiegel zu sehen, bevor er in die Hygienekabine stieg, die sich mit einem leisen Zischen hinter ihm schloss. Es war ihm bewusst, wie schmal und bleich sein Körper ohne die Kleidungsstücke war. Nackt fühlte er sich mehr als verletzlich. Er fühlte sich ausgeliefert. Zumindest konnte er jetzt immer allein sein, wenn er es wollte. Er musste sich keinem anderen Menschen mehr zeigen.
Die Hygienekabine konnte mit Wasser genutzt werden, er bevorzugte allerdings eine andere Funktion und betätigte den Knopf auf der rechten Seite. Schnell füllte sich die Kabine mit undurchsichtigem Dampf, der auch von Verstrahlungen reinigte. Er lehnte sich mit einer Hand gegen die Wand der Kabine und senkte den Kopf, genoss das Gefühl, ganz von dem Dampf umgeben zu sein. Er mochte sogar den chemischen Geruch und manchmal hielt er sich viel zu lange darin auf, bis seine Haut rau wurde. Er schloss die Augen und fühlte im selben Moment, dass etwas hinter ihm war. Für einen Moment hielt er den Atem an und bewegte sich nicht. Dann drehe er sich langsam um. Durch den dichten Nebel sah er etwas aus der Ferne auf sich zukommen. Dunkel, gesichtslos und gefährlich. Er wusste, was ihn erwartete, wenn er die Gestalt herankommen ließ. „Nein." Seine Hände tasteten über die Armaturen, fanden den richtigen Knopf und ein kalter Wasserstrahl ergoss sich über ihn. Der Dampf verschwand und mit ihm das Trugbild. Er strich sich mit beiden Händen die Haare zurück und ließ das Wasser so lange über seinen Körper laufen, wie er es aushielt.
Dann verließ er die Kabine und hüllte sich sofort in einen schwarzen Bademantel. Neue Kleidung lag bereit, als er den Waschraum verließ, aber er hielt inne als er die zerbrochene Konsole auf dem Boden liegen sah. Er war der Meinung den Befehl gegeben zu haben, sie weg zu räumen.
Sein Blick hing an den Monitoren während er sich ankleidete und er versuchte alles aufzunehmen, was auf der Supremacy passierte. Dabei wurde ihm klar, dass sein Gehirn noch nicht abschalten würde. Er brauchte Schlaf aber er würde noch nicht schlafen können. Mit einer ungeduldigen Bewegung nahm er einen seiner Mäntel aus der in die Wand eingelassenen Garderobe neben der Tür und gab seinen Code ein, um seine Räume zu verlassen. Sein Quartier auf der Supremacy ähnelte dem auf der Finalizer so sehr, dass er beinahe den falschen Weg eingeschlagen hätte. Das zeigte ihm, dass sein Geist tatsächlich nicht mehr mit Höchstleistung arbeitete.
Die Sicherheitsvorkehrungen auf der Krankenstation waren hoch, aber ihm wurde schnell Zutritt gewährt. Mit hinter dem Rücken verschränkten Händen stand er kurz darauf vor dem Fenster, das den Blick auf den Behandlungsraum freigab. Kylo Ren lag mit entblößtem Oberkörper auf der Bahre. Zwei Druiden standen links und rechts von ihm, damit beschäftigt, mit höchster Präzision seine Wunden zu versorgen. Ansonsten war niemand auf der Station. Natürlich. Wer hätte auch bei Ren sein sollen? Hux' Blick glitt über seine muskulöse Brust bis hin zu dem Schnitt, der sich über sein Gesicht und seinen Hals bis zu seinem Schlüsselbein zog. Er fragte sich, wieviel tiefer er hätte sein müssen, damit Ren ihn nicht überlebt hätte. Und wie sehr er schmerzen musste. In diesem Augenblick öffnete Ren die Lider und sein Blick traf Hux. Wut flammte in seinen Augen auf, so heftig, dass Hux einen Schritt zurückwich.
Er glaubt, dass ich aus Schadenfreude hier bin, dachte er, während er sich eilig umdrehte und den Rückweg antrat.
Und warum war er wirklich hier?
Als er die Station verließ machte sich plötzlich eine solche Erschöpfung in ihm breit, dass er dankbar gewesen wäre jetzt einfach in sein Bett sinken zu können. Ihm fiel ein, dass er seit mehr als 48 Stunden nicht geschlafen hatte, weil er auf der Starkiller Basis bereits vor dem Angriff das Aufladen der Waffe hatte überwachen wollen. Die Müdigkeit, die ihn jetzt ergriff war so bleiern, dass er sich fragte, wie er es noch zu seinem Quartier schaffen sollte.
„General Hux?"
„Was gibt es Lieutenant?"
„Der oberste Anführer wünscht sie zu sprechen."
„Ausgezeichnet, Lieutenant."
Hux hielt sich davon ab, sich mit der Hand über das Gesicht zu fahren. Wenn es nötig war, konnte er auch noch ein paar Stunden wach bleiben. Er war es gewohnt. In diesem Zustand Snoke Rechenschaft über das abzulegen über das, was auf der Starkiller Basis passiert war, war allerdings alles andere als eine angenehme Vorstellung.
Snoke wollte jedes Detail wissen. Es war keine Erleichterung nicht vor einer übergroßen Holoprojektion zu stehen, wenn Snoke dafür leibhaftig vor ihm saß. Als er ihn gegen eine Wand schleuderte, war er beinahe dankbar dafür, weil es ihn wieder etwas wacher werden ließ. Auch über Kylo Rens Zustand ließ Snoke sich von ihm berichten, obwohl Hux sicher war, dass Snoke die Macht genutzt hatte, um jedes Detail von Rens seelischem Zustand auszuleuchten. Dennoch beantwortete Hux jede Frage so gut er konnte und verbot sich, seinen schmerzenden Hinterkopf zu reiben. Er wusste, dass er in Snokes Augen versagt hatte, auch wenn die Zerstörung der Starkiller Basis nicht seine Schuld gewesen war. Aber er hatte keinen Erfolg gehabt und Erfolge waren alles, was für Snoke zählte. Einen Augenblick lang überlegte er, Snoke von seinem neuen Projekt zu erzählen, aber er entschied sich dagegen. Noch war der Moment nicht gekommen.
Als er schließlich wieder in seinem Schlafzimmer war, einem halbrunden Raum, in dem sich außer seinem Bett nur ein weiterer Bildschirm befand, hörte er bereits das Rauschen in seinen Ohren, das ihm sagte, dass es höchste Zeit war zu schlafen, wenn er nicht riskieren wollte, sich lächerlich zu machen. Er zog nur seinen Mantel und die Stiefel aus und kroch zwischen die dünnen Laken. Dem Computer befahl er, das Licht auf fünf Prozent zu dimmen, da er es nicht ertragen konnte, wenn es vollkommen dunkel war. Aber der Schlaf wollte nicht kommen, auch wenn er die Erschöpfung jetzt in jeder Faser seines Körpers fühlte. „Zeig mir unsere Route und das Logbuch" befahl er und beides leuchtete umgehend auf den Monitoren auf. Als auch das nicht half, öffnete er schließlich eine der Schubladen in der Kabinenwand und nahm eine Spritze mit einem Schlafmittel heraus. Er griff ungern zu diesem Mittel, da er für Notfälle auch während seiner Ruhezyklen erreichbar sein wollte, aber jetzt brauchte er Schlaf, wenn er in absehbarer Zeit wieder einsetzbar sein wollte.
Das Mittel wirkte fast sofort nachdem er es sich in die Armbeuge gespritzt hatte und er sank auf sein Kissen zurück. Das letzte was er sah waren dunkle Augen, die ihn wütend anblickten.
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Fear of the Dark
FanfictionNachdem General Hux auf Snokes Auftrag hin Kylo Ren von der Starkiller Base rettet, spürt Hux, dass seine Beziehung zu Kylo Ren sich auf verwirrende Art verändert. Das und auch die Tatsache, dass Ren zahlreiche Geheimnisse vor ihm zu haben scheint...