Als Hux erwachte waren seine Kopfschmerzen so stark, dass er nicht sofort einen klaren Gedanken fassen konnte. Er öffnete kurz die Augenlider, schloss sie aber sofort wieder, weil das Licht zu grell war. Im nächsten Moment war da wieder das stechende Gefühl an seiner Halsbeuge und als er sich zwang die Augen zu öffnen, sah er noch den medizinischen Androiden, der sich von ihm zurückzog. Er brauchte nicht zu fragen wo er war. Er erkannte die Krankenstation der Finalizer.
„Er wacht auf", verkündete der Droide und noch während Hux sich fragte, wen das interessieren sollte, trat Kylo Ren an seine Bahre und sah auf ihn herab. Wenn Hux es nicht besser gewusst hätte, hätte er dessen Blick als besorgt gedeutet. Natürlich war es kaum denkbar, dass Ren um ihn besorgt sein könnte. Aber er war hier und wenn es nicht ein absurder Fiebertraum gewesen war, dann war Ren auch derjenige der ihn auf Felucia gefunden und gerettet hatte. Also vielleicht sorgte er sich aus irgendeinem Grund tatsächlich um ihn.
„Du warst lange ohnmächtig", sagte Ren. „Hast du noch Schmerzen?"
Hux wollte den Kopf schütteln, aber ein Stechen in seiner Schläfe ließ ihn innehalten. „Nicht wenn ich still liege." Seine Stimme klang ungewohnt rau und schwach. Es gefiel ihm nicht. Er hätte sich gerne aufgerichtet, aber der Kopfschmerz hielt ihn davon ab. „Wie lange war ich ohne Bewusstsein?"
„Drei Zyklen. Die ersten zwei hast du in einem Bactatank verbracht."
„Ist irgendetwas ... bin ich..."
„Drei gebrochene Rippen, eine schwere Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma", sagte Ren. Deine inneren Blutungen konnten rechtzeitig gestillt werden. Es kommt alles wieder in Ordnung. Du wirst vollständig heilen."
„Gut." Hux ließ sich etwas entspannter zurücksinken. Dann fiel es ihm ein und er richtete sich mit einem Ruck auf, die Schmerzen ignorierend. „Sie haben vor dich umzubringen, Ren. Der Rat. Sie wollen dich nicht als Obersten Anführer." Er kniff die Augen zusammen, weil das Licht ihn plötzlich so sehr blendete, dass es schmerzte. „Du bist hier nicht in Sicherheit."
Ren legte beide Hände auf seine Schultern und drückte ihn auf die Bahre zurück. „Hux. Denkst du ernsthaft ich hätte Angst vor ein paar reichen Männern? Glaubst du wirklich, dass sie mir etwas anhaben können?"
Hux schloss erleichtert die Augen. „Vermutlich nicht." Er atmete tief ein. Das Sprechen strengte ihn an und er war jetzt schon so erschöpft, dass er fürchtete wieder einzuschlafen. Es war so anstrengend zu sprechen und sein Hals war so trocken. Aber da war noch etwas Wichtiges. „Ich muss dir etwas sagen, Ren."
„Du solltest dich vor allem ausruhen. Dich erholen. Das ist das wichtigste. Wir reden später."
„Ren..."
Die Müdigkeit ergriff von ihm Besitz, so stark und heftig, dass er sich fragte, ob Ren die Macht benutzte, um ihn zum Einschlafen zu bringen. Er wollte protestieren, aber selbst dazu fehlte ihm die Kraft.
Als er das nächste Mal erwachte, fühlte es sich an als würde er an eine Wasseroberfläche schwimmen und mit einem tiefen Atemzug auftauchen. Der Schmerz in seiner Schläfe war fast verschwunden und er war dankbar dafür. Ren war sofort neben ihm und Hux fragte sich, ob er vielleicht nur wenige Minuten geschlafen hatte. Oder hatte Ren tatsächlich die Zeit an seinem Bett verbracht? Wie auch immer, dieses Mal musste er es schaffen, sich ihm mitzuteilen.
Er sah zu Ren auf, suchte seinen Blick. „Ich habe überlegt, ihren Wunsch zu erfüllen", brachte er hervor. „Sie wollten mich als Obersten Anführer und ich habe überlegt, dich zu verraten und mich ihnen anzuschließen."
„Und du hast dich dagegen entschieden", sagte Ren ruhig. „Genau wie du dich dagegen entschieden hast, mich in Snokes Thronraum zu erschießen."
Hux schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht, als der stechend Schmerz zurückkam. „Ich habe oft überlegt dich zu töten, Ren. Über kaum etwas habe ich in den letzten Jahren so oft nachgedacht."
„Und im entscheidenden Moment hast du die Gelegenheit nie ergriffen. Auch wenn du das als Schwäche empfunden hast. Auch wenn es deine Ziele zerstört hat."
Hux hatte es noch nie so betrachtet, aber er musste Ren Recht geben. Auch jetzt schien es ihm das Wichtigste zu sein dafür zu sorgen, dass Ren überlebte. Er nickte langsam.
„Du solltest so still wie möglich liegen", sagte Ren. „Also hör endlich auf, dich zu bewegen, sonst benutze ich die Macht."
„Du glaubst also, dass du ..., dass wir hier in Sicherheit sind?"
Ren zögerte. „Im Moment sind wir es", sagte er schließlich.
Hux wollte nachfragen, was er genau damit meinte, aber er hatte nicht mehr die Kraft dazu und fühlte, wie er bereits wieder einschlief.
Als Hux erneut an die Oberfläche seines Bewusstseins dämmerte fühlte er sich besser. Das Licht im Raum war gedämmt, was es ihm leichter machte, seine Augen zu öffnen. Er atmete auf, weil er spürte, dass die Schmerzen schwächer geworden waren und endlich war auch die erdrückende Erschöpfung verschwunden. Allerdings hatte er sehr großen Durst.
Er stellte fest, dass er nicht mehr auf einer Bahre lag, sondern in einem richtigen Bett, das sich allerdings ebenfalls auf der Krankenstation befand. Es war etwas höhergestellt, was es ihm einfacher machte, sich nach etwas zu trinken umzusehen. Er war angenehm überrascht, dass er einen seiner eigenen schwarzen Pyjamas trug, statt der weißen Kleidung der Krankenstation.
Überrascht sah er auf, als Ren an sein Bett trat.
„Wie fühlst du dich?" fragte er.
„Besser."
„Du hast einen weiteren Zyklus geschlafen."
„Ich nehme nicht an, dass du die ganze Zeit hier warst?"
Ren zögerte. „Nein. Die Macht lässt es mich wissen, wenn du nahe daran bist aufzuwachen." Er hielt Hux ein Glas Wasser hin, wie zum Beweis, dass er alle erdenklichen Informationen über Hux erhalten konnte. „Ich muss mir dir reden."
Hux konnte sich in diesem Moment nur auf das wunderbare Gefühl des kalten Wassers konzentrieren, das seine Kehle hinabrann. Es schmeckte süßer und frischer, als er Wasser in Erinnerung hatte und weckte seine Lebensgeister.
„Über den Rat?" fragte er schließlich und stellte den Becher neben dem Bett ab. „Falls du sie tötest, werden wir sehr bald finanzielle Schwierigkeiten bekommen. Aber da sie sich gegen dich gestellt haben, gibt es kaum eine andere Möglichkeit."
„Der Rat ist nicht unser größtes Problem."
„Die Rebellen? Haben wir ihren Aufenthaltsort gefunden? Haben sie Unterstützung bekommen?"
„Nein."
„Worum geht es dann?"
Ren zögerte für einen Moment bevor er sprach. „Du hast mich gefragt, was die Ritter von Ren von mir wollten."
„Und du hast dich geweigert mit mir darüber zu sprechen."
„Ich weiß." Ren trat noch näher an sein Bett. „Aber jetzt ist es wichtig, dass du die Wahrheit erfährst."
Hux richtete sich noch etwas mehr auf. „Snoke hat dich zu ihrem Anführer gemacht. Sie unterstehen deinem Befehl."
„Ja. Aber Snoke gibt es nicht mehr. Und die Ritter verlangen das gleiche von mir, was er vor seinem Tod von mir verlangt hat."
„Dass du die Vergangenheit hinter dir lässt und dich vollkommen hinter die Erste Ordnung stellst?"
„Ja. Und sie wollen ein weiteres Opfer von mir, das ich nicht bringen kann. Als Beweis dafür, dass ich mich ganz und gar der dunklen Seite verschrieben habe."
„Rey?" fragte Hux. „Leya?"
Ren sah ihn einen Moment lang schweigend an. Hux konnte den Ausdruck in seinem Gesicht nicht deuten. Hinter seinen dunklen Augen schien er einen Kampf mit sich selbst auszufechten, auch wenn er äußerlich vollkommen ruhig stand. „Verstehst du wirklich immer noch nicht?" Seine Stimme war dunkler als sonst. „Sie wollen, dass ich dich töte, Hux. Zuerst wollte Snoke es und jetzt die Ritter von Ren."
„Mich?" Hux' ganze Fassungslosigkeit lag in diesem einen Wort. Er sah Ren an, ohne im Geringsten zu verstehen. „Warum mich? Und warum hast du es nicht längst getan?"
Ren ließ sich auf der Bettkante nieder und seine gesamte große und imposante Gestalt sank in sich zusammen. „Zunächst war es als eine Art von Belohnung von Snoke gedacht, zumindest sagte er mir das. Nachdem ich Han Solo getötet habe, trug er mir auf, auch dich umzubringen. Er wusste von der Rivalität zwischen uns und vielleicht glaubte er wirklich, mir damit einen Gefallen zu tun."
„Und so war es nicht?" Hux war weniger entsetzt darüber, dass Snoke seinen Tod angeordnet hatte, als er selbst geglaubt hätte. Tief in seinem Innern hatte er gewusst, dass Snoke ihn nur als eine Art Werkzeug ansah, das man bei Gelegenheit entsorgen konnte. Was ihn allerdings tatsächlich erstaunte war, dass er unter diesen Umständen noch am Leben war.
„Nein." Kylo straffte sich etwas. „Zuerst dachte ich, dass es mir leichtfallen würde, aber dann erkannte ich, dass ich es nicht würde tun können. Han Solos Tod hat mich getroffen wie ein Schwerthieb und dein Tod ... dein Tod würde mich vollkommen zerreißen."
„Wieso das?"
„Ich begreife es selbst nicht. Ich kann dich genauso wenig töten, wie du mich töten kannst."
„Ja." Hux sah auf seine Hände, die auf der dünnen Bettdecke lagen. Er dachte daran, wie unmöglich es ihm erschienen war, den Wunsch des Rates auszuführen. Ihm, der schon so viele Tode angeordnet hatte, inklusive dem seines eigenen Vaters.
Er sah bevor er spürte, wie Ren nach seiner Hand griff und sie festhielt. Er trug schwarze Lederhandschuhe aber dennoch löste die Berührung eine Art kleinen Stromschlag in ihm aus. Es erinnerte ihn daran, wie Ren seine Schulter geheilt hatte und er saß vollkommen still, unfähig sich zu bewegen.
„Im Gegensatz zu unseren Geldgebern stellen die Ritter von Ren eine echte Bedrohung für uns dar", erklärte Ren und Hux musste sich erst an die Art gewöhnen, wie er den Plural verwendete, wie er ihn mit in seine Aussagen einbezog. „Sie haben mich wissen lassen, dass sie dich selbst töten werden, wenn ich es nicht tue. Sie sind der Meinung, dass es mir dadurch möglich werden wird, mich ganz auf die dunkle Seite zu stellen und ihr Anführer zu bleiben."
Hux war fassungslos. Er wagte es nicht aufzusehen und hielt den Blick auf Rens Hand gerichtet. Er hoffte, dass er sie nicht wegziehen würden. Er begriff nicht, wie irgendjemand auf die Idee kommen konnte, dass er irgendeine Art von Einfluss auf Ren hatte, dass sein Tod so viel in ihm bewirken konnte. Sie waren Konkurrenten, ja, aber wenn er ganz ehrlich zu sich war, war ihm immer klar gewesen, dass er Ren nicht ebenbürtig war. Snoke hatte ihm nur deswegen das Gefühl gegeben wichtig zu sein, weil er wusste, dass Hux am besten funktionierte, wenn man an seine Geltungssucht appellierte. Kylo Ren hingegen war derjenige, in dem Snoke wahre Macht gesehen hatte und großes Potential. Hux hatte sich vielleicht damals der Illusion hingeben können, dass auch er in Snokes Augen von Bedeutung war, aber tief in seinem Innern hatte er die Wahrheit gekannt.
„Sie glauben durch meinen Tod könntest du endgültig die Seiten wechseln?" fragte er, immer noch nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte. „Wenn es nicht einmal durch Han Solos Tod gelungen ist?"
„Ja." Ren zögerte. „Und ich glaube, dass sie Recht haben könnten."
Hux war nicht bereit sich jetzt mit dem auseinanderzusetzen, was das bedeutete. Es war für ihn nicht greifbar. Aber er musste zumindest versuchen zu verstehen in welcher Situation er sich befand. „Und trotzdem hast du mich gerettet als du mich einfach hättest sterben lassen können?"
„Ja." Ren hob seine Hand und legte sie an Hux' Wange. Eine Berührung deren Zärtlichkeit ihn vollkommen unerwartet traf. Das Leder an seiner Wange war kühl und angenehm. Er atmete tief ein, als sei plötzlich zu wenig Sauerstoff in seinen Lungen und genauso fühlte es sich auch an.
Das hier war nicht für ihn bestimmt. Kylo Ren war ein Wesen aus Dunkelheit und tiefen verborgenen Wünschen. Er trug eine Mischung aus Wut, Sehnsucht und übermenschlicher Stärke in sich, die Andere erschauern ließ. Selbst in seinen Momenten von Verletzlichkeit hatte er etwas Mystisches. Hux war ein Nichts gegen ihn, das hatte er im Grunde immer gewusst. Jemand, den Ren irgendwann im Staub zurücklassen würde, wenn er ihn nicht mehr brauchte, wenn er sich als unwürdig erwies.
Ren drehte sanft sein Gesicht so, dass er ihn ansehen musste und Hux war sich sicher, dass das hier nicht wirklich geschah. Dass es eine Art wirrer Fiebertraum war, aus dem er vielleicht nicht mehr erwachen würde.
Dann beugte Ren sich vor und küsste ihn auf die Lippen und es fühlte sich an, als würde eine Galaxie in seinem Innern explodieren. Nichts in seinem Leben hatte ihn auf diesen Kuss vorbereitet und er hatte nicht einmal gewusst, wie sehr er ihn gewollt hatte. Aber als Rens Hand in seinen Nacken wanderte und ihn näher zog, als er mit der Zunge seine Lippen teilte, überkam ihn ein solches Gefühl von Glück, wie er es noch nie in seinem Leben erfahren hatte. Das ist es, dachte er, vollkommen überwältigt. Das ist der Moment, in dem ich alles bin, was ich immer sein wollte und noch mehr. Nichts wird sich jemals besser anfühlen.
Bis zu diesem Augenblick war er vollkommen bewegungslos gewesen, aber jetzt öffnete er seine Lippen für Ren, küsste ihn zögernd zurück, während Schauer um Schauer über seinen Rücken lief. Niemals hatte er zu hoffen gewagt, dass sich etwas so anfühlen konnte. So endgültig alle Mauern durchdringen konnte, die er um sich herum aufgebaut hatte.
Als Ren sich schließlich von ihm zurückzog kam er ihm nach, unfähig das Gefühl gehen zu lassen. Ren umschloss sein Gesicht mit beiden Händen und Hux schlug die Augen nieder, fühlte, dass er am ganzen Körper zitterte. So verwundbar hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er sich als Fünfjähriger vor den Kindersoldaten seines Vaters versteckt hatte, sicher dass sie ihn töten würden, wenn sie ihn in die Hände bekamen.
„Es ist also wahr", sagte Kylo Ren ruhig. „Es ist so, wie ich vermutet habe und dir geht es genauso."
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Fear of the Dark
FanfictionNachdem General Hux auf Snokes Auftrag hin Kylo Ren von der Starkiller Base rettet, spürt Hux, dass seine Beziehung zu Kylo Ren sich auf verwirrende Art verändert. Das und auch die Tatsache, dass Ren zahlreiche Geheimnisse vor ihm zu haben scheint...