london nights

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Stickige Luft, laute Musik und Stimmengewirr empfing die Vier, als sie die Bar betraten. Nowi hatte aussuchen dürfen und war auf dem gesamten Hinweg auch nicht müde geworden, das zu erwähnen. Die anderen dagegen hatten ihn nur belächelt. Natürlich hatte er aussuchen dürfen, immerhin kannte er sich als einziger wirklich im Londoner Nachtleben aus und diese Bar hätten sie ohne ihn vermutlich nie gefunden. Sie lag versteckt in einer Seitenstraße nahe der Shoppingmeile hinter einer unscheinbaren Tür. Nicht einmal der Name der Bar ließ sich unter den vielen Stickern erahnen. Stefanie zuckte zusammen, als einer der Barkeeper absichtlich die Lampe über dem Tresen anstieß und diese mit einem lauten Knall gegen die Halterung schlug. Sie hatte eigentlich entspannt etwas trinken gehen wollen, aber nachdem sie in den spontanen Wochenendtrip eingewilligt hatte, war ihr fast schon klar gewesen, wie es enden würde. „Ich hol Getränke", Thomas musste beinahe schreien, um gegen die Lautstärke anzukommen. Steff nickte nur und ließ sich von Nowi in eine Ecke ziehen. Immerhin war hier noch ein winziger Tisch mit zwei Hockern frei. Erleichtert wollte sie sich auf einen davon setzen, doch Johannes hielt sie auf. „Wir wollen erst kickern!" Sie verstand ihn nur, weil er dabei auf den Tischkicker in der Nähe deutete. Wenig später kam Thomas mit den Getränken zurück. „Freunde, auf einen unvergesslichen Abend", rief er und sie stießen an.

Zwei Stunden später war Stefanies Laune um einiges besser. Sie hatte sich langsam an die Lautstärke gewöhnt und beinahe jede der Kickerpartien gewonnen. Letzteres lag eventuell auch daran, dass Jonny37 nach eigener Aussage ein hervorragender Teampartner war, doch das störte sie nicht. Auch der Alkohol hatte bei ihnen allen schon Wirkung gezeigt und die Stimmung wurde immer ausgelassener. Schade, dass Nowi so gut wie nie Locations aussuchte, in denen man auch tanzen konnte. Eben dieser kam gerade von der Bar zurück, wurde jedoch kurz bevor er den Tisch erreichte, angerempelt. Erschrocken schrie Steff auf, als sich der Großteil von gleich zwei Gin Tonic über ihre Bluse ergoss. „Sorry", stieß Nowi entschuldigend hervor, doch er konnte ja nichts dafür. „Passt schon", winke Steff ab, „klebt nur echt widerlich." „Hier zieh das an!" Thomas hatte das schlichte, olivgrüne Hemd, welches er über seinem T-Shirt trug, ausgezogen und reicht es ihr. Dankend nahm Stefanie es an und bahnte sich einen Weg in Richtung der Toiletten. Wenigstens gab es hier keine Schlange. Sie stieß die Tür mit dem Fuß auf und erstarrte. In dem kleinen Raum, welcher nur aus einem Waschbecken und einer separaten Kabine bestand, war bereits jemand.

Die langen braunen Haare der anderen Frau flossen ihr in leichten Wellen den Rücken hinab. Ihre Beine steckten in einer hautengen dunklen Jeans und die schlanken Finger ihre Hände bemühten sich gerade den Verschluss ihres BHs zu öffnen. „Scheiß Teil!" Schimpfte die andere auf Deutsch und fügte wie beiläufig an Steff gewandt hinzu. „Would you close the door, please?" Errötend tat diese wie ihr geheißen. „S-sorry, ich wollte nicht..." Sie merkte, wie die andere Frau sie völlig aus der Bahn warf. „Was wolltest du nicht? Ein Grund, hier hereinzukommen, musst du ja wohl gehabt haben." Da Steff Deutsch sprach, war die andere auch wieder ins Deutsche gewechselt. Nach diesen Worten drehte sich die Langhaarige um und Stefanie traute ihren Augen kaum. „Yvonne? Was? Also... krass... was machst du denn hier?" „Steff?!", auch der anderen war die Überraschung deutlich anzumerken. „Wow, wie schön dich zu sehen! Ich würde dich ja super gerne in den Arm nehmen, aber leider hat mir so ein Vollidiot gerade als Begrüßung ins Dekolleté gekotzt." Angewidert blickte sie erst an sich hinab und sah dann erneut Steff an. „Du siehst aber auch nicht gerade besser aus", ein leichtes Schmunzeln war zu hören. Da erinnerte sich auch Steff wieder daran, warum sie eigentlich zur Toilette gegangen war. „Jaa... typisch wenn man mit den Jungs unterwegs ist." Nervös strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. Schon bei ihrem letzten Treffen mit Yvonne in Berlin hatte sie gemerkt, was für eine Wirkung die andere Frau auf sie hatte. Gerade sah diese jedoch ziemlich verzweifelt aus. „Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte Stefanie, um endlich wieder ein normales Verhalten an den Tag zu legen. „Das wäre super!", Yvonne atmete erleichtert auf. „Erst einmal könntest du mir diesen BH aufmachen, der Verschluss klemmt und ich muss den wirklich ausziehen, der hat alles abbekommen." Steff schluckte hart, trat jedoch an Yve heran, die ihr wieder den Rücken zuwandte und bemühte sich, den Verschluss zu öffnen. Als ihre Finger auf die warme Haut der anderen trafen, wäre sie beinahe zurückgezuckt und auch über Yvonnes Körper lief ein leichter Schauer. Der Verschluss klemmte wirklich und als sie ihn endlich aufbekam, blieben Steffs Hände vielleicht einen Moment zu lange auf Yvonnes Rücken liegen. Welche Gefühle die Schauspielerin in ihr auslöste, war Steff schon vor über einem Jahr bewusst geworden, als sie noch bei The Voice zusammen ein Team gebildet hatten. Doch als sie jetzt beobachtete, wie Yvonne den dreckigen BH entsorgte und begann, sich notdürftig sauber zu machen, wurde ihr klar, wie sehr sie diese Frau wollte. Um auf andere Gedanken zu kommen, begann auch Steff endlich damit, ihre klebrige Bluse auszuziehen. Das schwarze Spitzentop was sie darunter trug, war erstaunlicherweise noch ziemlich trocken geblieben. „Ich hatte mir meinen letzten Abend hier ja eigentlich anders vorgestellt", Yvonne betrachtete hilflos ihr ebenfalls verschmutztes Oberteil. „Zieh das an, ich brauche es nicht so dringend!" Steff streckte ihr das Hemd von Thomas entgegen und bemühte sich dabei, ihren Blick nicht auf Yvonnes nackten Oberkörper zu richten. Dankbar schlüpfte diese in das Hemd und lachte auf. „Du bist echt meine Rettung!" Überrascht keuchte Steff auf, als Yvonne sie jetzt doch noch in die Arme schloss. „Kein Problem", nuschelte sie und erwiderte die Umarmung. „Verrätst du mir jetzt, was du in London machst?" Zu ihrer Enttäuschung löste sich Yvonne wieder von ihr und begann damit ganz langsam Thomas Hemd von unten nach oben zu zuknöpfen. „Ich hab hier gedreht", ihre Augen fixierten Steff. Nächster Knopf. Steff konnte ihren Blick nicht von Yves Händen lösen. Nächster Knopf. „Darf aber offiziell noch nicht sagen wofür, das erfährst du dann schon noch." Nächster Knopf. In Steffs Ohren rauschte das Blut, am liebsten hätte sie Yvonnes Hände festgehalten und sie daran gehindert, dieses verfluchte Hemd weiter zu zuknöpfen. Nächster Knopf. „Und du?" Yvonnes Stimme klang so unschuldig, dabei musste sie doch merken, was in der andern Frau vorging. Nächster Knopf. Das Hemd schloss sich über Yvonnes Brüsten und Stefanie wandte ihren Blick ab. „Wochenendtrip mit den Jungs. Einfach mal wieder feiern und den Kopf frei kriegen, du weißt schon." „Aha den Kopf frei kriegen nennst du das also." Yvonne hatte sich blitzschnell vorgebeugt und ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter von Steffs Ohr entfernt. „Ich denke", flüsterte sie, „ich weiß ganz genau, wo deine Gedanken gerade sind." Steff entfuhr ein leises Keuchen, als Yvonne ihr im Anschluss einen Kuss auf die Wange gab und ohne ein weiteres Wort wieder zurück in die Bar ging. Wie versteinert blieb sie noch ein paar Minuten einfach stehen. War das gerade wirklich passiert? Yvonne hatte so eindeutig mit ihr geflirtet, doch konnte das wirklich sein? Mit einem Mal war Steff voller Adrenalin. Sie würde herausfinden, was genau das eben gewesen war. Was Yvonne konnte, konnte sie schon lange.

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