Kapitel 10

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"Mir tun jetzt schon die Füße weh", jammerte ich, "Kann ich nicht einfach meine Turnschuhe anlassen?"

Jazmin sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, während Delfi mich auslachte.

"Du musst nur neunzig Minuten durchhalten, danach kannst du wieder eine ganze Woche lang in Turnschuhen rumlaufen." Delfi hielt mir meine Pumps entgegen, die sie gerade aus meinem Beutel gefischt hatte.

Geknirscht nahm ich sie ihr ab und zog sie an. Im Endeffekt hatte ich sowieso keine Wahl.

Es war wieder Montag, also hieß es wieder erste bis zweite Stunde Tanzunterricht. Außerdem war es mittlerweile genau eine Woche her, dass Matteo mich nach Hause gefahren hatte.

Die restliche Woche hatte er immer mal wieder versucht, mich in ein Gespräch zu verwickeln, aber ich war ihm so gut wie möglich aus dem Weg gegangen; wenn ich nicht gerade darauf angewiesen war, dass er mich nach Hause fuhr, war das sehr viel leichter.

Ein wenig tat er mir ja leid, weil ich ihn so ignorierte. Zu mir war er immer nett. Aber ich wusste, wie er wirklich war und nachdem ich sein wahres Ich damals bereits kennen gelernt hatte und nun auch noch das Arschloch Simón in meinem Kopf rumspukte, würde ich mich garantiert von ihm fernhalten. Noch mehr Arschloch- oder Fuckboyfaktor könnte ich zur Zeit einfach nicht verkraften. Erst Recht nicht unter dem Gesichtspunkt, dass wir uns unwissentlich bereits geküsst hatten und er nun nach mir suchte. Gesucht hatte... - ich wusste nicht, ob er es immer noch tat; zumindest hätte ich nichts davon mitbekommen.

Nachdem ich meine Pumps angezogen hatte, machten Delfi, Jazmin und ich uns auf die Suche nach unseren Jungs. Okay, das klang irgendwie falsch. Wir machten uns auf die Suche nach unseren Tanzpartnern klang da schon besser und richtiger.

Pedro, der natürlich mit Delfi tanzte, und Nicó, Jazmins Tanzpartner, standen schon zusammen in einer Ecke der Turnhalle und hielten nach uns Ausschau. Den beiden war wohl klar, dass wir drei Freundinnen unbedingt nebeneinander tanzen wollten und sie gar keine andere Wahl hatten, als sich schon mal zusammenzustellen. Für die beiden war das aber sicher kein Problem, da sie recht gut miteinander befreundet waren und sogar schon mal gemeinsam in unserer Schulband gespielt hatten.

Nur meinen Tanzpartner hatte ich noch nicht entdeckt, weshalb ich erstmal mit Delfi und Jazmin mitlief, um von unserer Ecke aus gemeinsam mit ihnen und den Jungs nach ihm Ausschau zu halten. Allerdings war das dann gar nicht nötig, da er mich entdeckt hatte und auf dem Weg zu Nicó und Pedro meinen Namen rief, sodass ich stehen blieb, damit er zu mir aufschließen konnte. 

"Hey, Benicio!" Ich umarmte ihn zur Begrüßung kurz, bevor wir gemeinsam zu den anderen liefen.

Benicio war der Typ, mit dem ich auf Pedros Party vor drei Wochen geflirtet hatte. Bis zum ersten Schultag wusste ich nicht mal, dass er auf unsere Schule ging. Als wir uns im Schulhaus zufällig über den Weg gelaufen waren und beide sehr überrascht gewesen waren, den jeweils anderen zu sehn, hatte er mir erzählt, dass er erst letztes Jahr nach Buenos Aires gezogen war. Folglich konnten wir uns nicht kennen. 

Wir waren ähnlich gestrickt und verstanden uns ganz gut, also willigte ich ein, als er mich letzte Woche Dienstag nach Geografie fragte, ob ich mit ihm tanzen will. Er war einer der wenigen Kandidaten, der nicht schon an seine Freundin als Tanzpartner vergeben war, kein komplettes Arschloch war und sich allem Anschein nach wenigstens halbwegs zum Rhythmus der Musik bewegen konnte. Außerdem schien ihm klar zu sein, dass das zwischen uns nicht mehr als ein belangloser Flirt auf einer Party war, denn er versuchte nicht sich mir weiter als freundschaftlich anzunähern - und damit machte er aus meiner Sicht alles richtig, denn auch wenn er ein netter Kerl war, war er nicht mein Typ... was auch immer ich für einen Typ hatte. Abgesehen davon war ich noch nicht wieder bereit für eine neue Beziehung. So gesehen war er also ein absoluter Hauptgewinn.

Solo Un Beso [Laufend]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt