drei

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Ich dachte, nach unserer gemeinsamen Nacht würde ich sie nie wieder sehen. Eine einmalige Sache ohne irgendwelche Folgen.

Aber hier stand sie nun. Ihre kurzen, pechschwarzen Haare lagen perfekt, die knallroten Lippen zu einem Grinsen verzogen und in ihrer Hand ein einsame orange Rose.

Oh sie passt so gar nicht in dieses kleine Café.

Gerade wirkte sie wie eine rote Rose mit spitzen Stacheln und wunderschönen Blütenblättern, in einem Feld voller verwelkter Kornblumen; einfach alles an ihr war anders.

„Hey, Beth." Der Spitzname aus ihrem Mund klingt so einzigartig und besonders.

Ich starre sie an, kein Wort verlässt meine Lippen. Unsere letzte, und gleichzeitig erste, Begegnung ist mir immer noch ein wenig unangenehm. Sie hätte mich nicht so sehen sollen; so schwach und beschämend.

„Woher kennst du meinen Namen?", frage ich dann.

Sie grinst bloß und deutet auf das Namensschild an meinen braunen T-Shirt, auf dem in geschwungener Schrift Elisabeth steht. Oh verdammt! Ich Dummkopf!

Mit roten Wangen sehe ich sie zaghaft an. „Und wie heißt du? Ich habe letzte Woche völlig vergessen, dich nach deinem Namen zu fragen."

Ich bin etwas stolz auf mich, nachdem die Wörter meine Lippen verlassen haben. Und gleichzeitig bin ich unglaublich erleichtert.

„Ich bin Gwendolyn. Gwendolyn Borghese."

Ich lächle sie leicht an. „Dein Name ist wirklich schön."

Gwendolyns Grinsen verwandelt sich in ein strahlendes Lächeln. Und ihr Lächeln gehört zu der Sorte, bei dem man sofort mit Lächeln muss. Es ist ansteckend und berauschend und für einen kleinen Moment scheint die Welt in Ordnung zu sein.

Ich liebe ihr Lächeln!

Und plötzlich sind dort wieder diese Stimmen in meinem Kopf, die mir klar machen, dass ich nicht mit ihr mithalten kann. Jetzt ist mir mein braunes T-Shirt, mit dem Aufdruck dieses Cafés, in dem ich aussehe wie eine Kartoffel, unangenehm. Gwendolyn gehört bestimmt nicht zu den Mädchen, die wie ich, nach der Schule noch arbeiten gehen müssen, um über die Runden zu kommen.

„Ähm... hör zu, Elisabeth. Ich sag es einfach ganz direkt, ich find dich wirklich toll, obwohl wir uns erst einmal getroffen haben." Gwendolyn lacht kurz auf, was auch mir ein kleines Schmunzeln entlockt. „Und deshalb würde ich dich gern noch einmal treffen."

Etwas überfordert sehe ich sie an. Meine Hände werden schwitzig, weshalb ich sie schnell am meiner cremefarbenen Schürze abwische. „Ich würde mich sehr gerne nochmal mit dir treffen."

Ihre meerblauen Augen werden groß und strahlend drückt sie mir dann die orange Rose in die Hand, glücklicherweise ohne Stacheln. „Super! Ich hol dich morgen ab!"

Und mit diesen Worten dreht sie sich um und verlässt das Café. So plötzlich wie sie gekommen ist, ist sie auch wieder verschwunden.

Ich will ihr noch hinterherrufen. Fragen über Fragen haben sich in meinem Kopf eingenistet. Aber es ist bereits zu spät.

Und so lässt sie mich sprachlos und mit der orangenRose in der Hand zurück.

Rot-Oranger RegenbogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt