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Noch nie war es mir so unangenehm eine Frage zu stellen

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Noch nie war es mir so unangenehm eine Frage zu stellen. Normalerweise denke ich gar nicht darüber nach, sondern frage einfach, aber jetzt, am Tisch mit Elisabeths Familie, kommt es mir unhöflich vor.

Sowas kann man doch nicht einfach fragen! Außerdem ist es das erste Mal das ich hier bin. Vielleicht mag Beth es auch gar nicht, wenn jemand hier übernachtet. Oder ihre Eltern.

Wieso muss mein Mund auch immer schneller sein als mein Kopf! Ich darf das mit Beth nicht versauen. Schon nach dieser kurzen Zeit bin ich süchtig nach ihr; abhängig. Sie ist die Einzige die mir morgens den Mut gibt aufzustehen und weiterzumachen.

„Du kannst gerne hierbleiben.", sagt Beth schließlich. Mein Blick schießt zu ihr und ich brauche ein paar Anläufe bis ich ihr antworten kann. „Wirklich?"

Grinsend nickt sie. Ihre Blick verhakt sich mit dem meinen und ich versinke in den unterschiedlichen Nuancen ihrer braunen Augen. Wie jedes Mal, wenn ich ihr in die Augen sehe, werde ich auch dieses Mal von Wärme erfüllt; Elisabeths Augen erinnern mich an den Herbst. An verregnete Tage, an denen draußen der Regen gegen die Fenster prasselt und innen der Ofen ein warmes Feuer beherbergt.

Irgendwann muss ich so einen Tag mal mit ihr verbringen.

Elisabeth reißt ihren Blick schließlich von mir los und sieht zu ihrer Mum, die uns lächelnd betrachtet. „Oder, Mum? Ist das in Ordnung?"

Marylin Lauder sieht ihre Tochter kurz überrascht an, bevor sie schnell nickt, sodass ihre kleinen goldenen Kreolen leicht auf- und ab wippen. „Ja, natürlich!"

Erleichterung durchflutet mich und wandert in jede Ecke meines Körpers. „Vielen Dank!" Meine Worte sind eigentlich an die gesamte Familie gerichtet, die gar nicht weiß, wie glücklich ich bin, aber meine Augen ruhen nur auf Beth.

„Ach, nicht dafür, Gwendolyn." Beths Vater erhebt sich schließlich lächelnd von seinem Stuhl am anderen Ende des Tisches. „Geht ruhig schonmal hoch. Heather und ich räumen ab."

Das große Blondhaarige Mädchen sieht ihren Vater genervt an, aber trotzdem widerspricht sie ihm nicht. Ich stelle mir diese Situation bei uns Zuhause vor, mit meinen Onkel Dexter und Astaroth, meinem Bruder. Fast hätte ich laut aufgelacht; sowas würde bei uns niemals vorkommen. Undenkbar!

Im gleichen Atemzug muss ich auch an Beths Eltern denken, die meine Familie unbedingt mal kennenlernen möchte. Der Gedanke an dieses Treffen bereitet mir jetzt schon Sorgen und vermeiden werde ich es wohl nicht können, wenn ich will, dass das mit Elisabeth klappt, aber gerade hat mein Onkel es nicht verdient, dass meine gute Laune wegen ihm schwindet, also verbanne ich die Gedanken an ihn für den heutigen Tag in die hinterste Ecke meines Gehirns; denn dort gehört er hin.

Neben mir erhebt sich nun auch Beth. Heather flüstert ihr noch schnell etwas ins Ohr, das ich leider nicht verstehen kann, aber ihre roten Wangen entgehen mir nicht, als ihre große Schwester schließlich die Teller einsammelt und hinter dem Küchentresen verschwindet.

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Ich kuschle mich tiefer in die weichen Laken von Elisabeths Bett, nehme den Geruch von Lavendel und Zimt in mir auf, der mich hier überall umgibt und schließe meine Augen. „Es ist wirklich toll mit deinen Eltern und es tut mir echt leid, dass ich sie so vollgelabert habe.", sage ich schließlich in die Stille hinein. Ich habe selten so einen freien Abend erlebt seit ich bei meinem Onkel wohne.

„Oh glaub mir, sie haben es genossen. Es ist schon Ewigkeiten her, dass ich das letzte Mal jemanden mit nach Hause gebracht habe und am liebsten hätte Mum dich mit tausend Fragen auf einmal bombardiert.", antwortet Elisabeth mir leise. Ich kann das Schmunzeln praktisch aus ihrer Stimme heraushören, stelle mir ihre hellrosa Lippen vor, während sie dies sagt.

Ich muss leise lachen, als ich an Mrs. Lauder, oder nein, an Marylin, denken muss. Sie und Elisabeth sind sich so ähnlich und gleichzeitig sind sie komplett verschieden. „Aber ich glaube, wenn ich noch mehr erzähle, werde ich deine Familie wohl verstören. Dein Vater sah ziemlich überfordert aus.", flüstere ich.

„Keine Sorge, er war nur überrascht, dass es noch mehr Menschen gibt, die so viel reden können wie meine Mum und Heather." Elisabeth lacht leise. Ihr warmer Atem kitzelt dabei mein Gesicht und entlockt auch mir ein Lachen.

„Es tat gut mal mit jemandem so ungezwungen zu reden." Unter der Bettdecke greife ich nach Elisabeths Hand. „Vielen Dank, Elisabeth, du weißt gar nicht wie sehr ihr mir heute Abend geholfen habt."

Ich merke wie Beth sich neben mir bewegt und plötzlich spüre ich ihren warmen Atem auf meiner Wange. „Du bist hier jeden Abend willkommen, wenn dir das wenigstens ein paar deiner Lasten nimmt." Sie seufzt leise. „Du denkst vielleicht, dass es niemand bemerken würde, aber ich sehe es. Ich sehe dich. Und ich sehe, dass es da etwas gibt, was dir das Leben schwer macht, Gwen. Und irgendwann, wenn du dazu bereit bist, werde ich da sein und dir zuhören."

Ich drücke ihre Hand einmal fest, das einzige Zeichen meiner Dankbarkeit, zu dem ich gerade in der Lage bin.

Oh, wenn sie doch nur wüsste.

„Schlaf gut, Elisabeth." Zart berühren meine Lippen ihre Wange.

„Gute Nacht, Gwendolyn." Ihre Stimme ist dabei so zart, wie das Rauschen eines einzelnen Blattes im Wind.

Und so kann auch ich einmal in meinem Leben friedlich einschlafen.

Rot-Oranger RegenbogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt