Kapitel 26

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Am nächsten Morgen sah ich dann auch mal Thomas, dieser sprach gerade mit Stefanie, über irgendeine Aufgabe, die ihnen Mrs West aufgetragen hatte. Vielleicht bekam sie dann mal endlich ihren lang ersehnten Kuss. Tussig, wie ich mich in letzter Zeit benahm, stöckelte ich an ihnen vorbei. Wobei mir aber nicht entging das Thomas mir einen Moment zu lange hinterher starrte. Ich drehte mich halb um und sah, wie er ganz schnell seinen Blick abwandte. Wie leicht man Jungs den Kopf verdrehen konnte.

Als Eric mich sah klatschte er und wirbelte mich einmal im Kreis herum. Lachend umarmte ich ihn kurz und setzte mich dann auf meinen Platz. Jessi fielen die Augen halb aus dem Kopf, woraufhin ich kichern musste. "Glaubst du das hilft?", fragte ich neugierig und grinste sie an. "Ja ich schätze schon.", sagte sie etwas baff und trank einen Schluck Tee. Zufrieden holte ich mir mein Frühstück und verspeißte es dann. "Bella!", riefen meine Freundinnen und winkten mich zu sich, doch ich schüttelte stur den Kopf und lehnte mich zurück. Ich würde ganz bestimmt nicht zum Unterricht erscheinen, denn das hieße ich würde mich ihren Regeln beugen. Gut gelaunt machte ich mich dann auf den Weg zu Stefanies Zimmer und sprühte mit neongelber und schwarzer Farbe das Zeichen für Verstrahlung an die Tür. Darunter sprayte ich noch: Vorsicht ! Gefährlicher Bereich ! Grinsend schlenderte ich dann noch den Gang entlang und hinterließ hier und da noch ein paar Bilder, bis mich eine Durchsage aus meinen Gedanken und meinen Tätigkeiten riss. Ich sollte mal wieder in das Büro der Direktorin

"Wieso machst du das?!", fragte sie mich wütend und durchbohrte mich mit ihren Blicken. "Die letzten Monate hast du dich so gut benommen.", stellte sie fest und sah mich auffordernd an. "Ich werd schon so meine Gründe haben.", sagte ich ganz cool und kontrollierte meine Fingernägel. Mrs West atmete tief aus und richtete dann ihre grünen Augen auf mich. Ungerührt sah ich sie an und sie fragte:"Was sind deine Gründe?" Oh, sollte ich ihr jetzt meine ganze Geschichte erzählen? Ganz bestimmt nicht. Für wen hielt sich diese Frau? "Das geht Sie nix an!", fauchte ich und sie schien zu bemerken, dass es mir näher ging, als ich zugeben wollte. "Hat es mit einem Jungen zu tun?", wollte die jetzt Seelenklemptnerin spielen? Ungewollt spannte sich mein Körper etwas an und sie schien es gesehen zu haben. "Also hat es.", stellte sie ruhig fest und ich sah sie an. Die musste doch mal Psychatherin gewesen sein oder so... "Isabella.", sagte sie mit ruhiger Stimme und ich hätte sie am liebsten angeschrien und gefragt, warum sie nicht sauer auf mich war. Ich beschädigte Schuleigentum, trug nicht das was die anderen trugen und rauchte. Es ging mir einfach nicht ein, warum sie nicht ausgerastet war. "Wie gesagt. Es gab schon schlimmere als dich und die habe ich auch unter Kontrolle gebracht.", erklärte sie mir und ich hob eine Augenbraue. "Wen zum Beispiel?", fragte ich spöttisch und sie winkte mich zu sich. Zögerlich ging ich hinter ihren Schreibtisch und sah auf ihren Computerbildschirm. Ein Bild von Kelly ploppte auf und ich laß mir durch, was drunter stand. Anscheinend hatte sie früher mal ein klitzekleines Alkoholproblem, weil ihre Eltern sich ständig stritten. Bei Jessi und Linda sah es auch nicht anders aus. Wow, meine Freundinnen waren ja mal echte Junkies. Nun kam ein Bild von Eric. In seiner Akte stand schon wesentlich schlimmeres. Er hatte öfter Prügeleien und hatte mit Drogen gedealt. Tomate hatte auch eine schlimme Vergangenheit, aber jetzt auch nicht soo schlimm. Sie wurde von ihrem Vater geschlagen und hatte Jüngeren immer wieder mal das Pausengeld abgenommen. Sie war ja so ein Gangster. Meine Eltern hatten eigentlich überreagiert, schließlich war ich im Vergleich zu denen ja "normal". Unsere Direktorin sah mich mit einem siegessicherem Lächeln an, doch meine Aufmerksamkeit galt einer Akte. In fetten Buchstaben stand auf dem Bildschirm: Thomas Sangster
"Was hat er verbrochen?", fragte ich und deutete auf den Ordner. Sie guckte kurz auf den Bildschirm und schüttelte den Kopf. "Nein.", sagte sie schlicht und ich drehte mich zu ihr. "Was nein? Wieso darf ich diese Akte nicht ansehen?", wollte ich wissen und wurde mir, während ich mit Mrs West sprach, mein Ton klar. Ich hatte sie voll angefahren, wie ein tollwütiger Hund. "Du kannst ihn selber fragen.", meinte sie und ignorierte meine Aggressivität. War das ihr Ernst?! Anscheinend schon, denn sie schickte mich mit einer Handbewegung weg.

Aufgewühlt suchte ich Thomas im ganzen Schulhaus und sogar draußen, obwohl es regnete und ich mit den Schuhen nicht wirklich gut in dem Schneematsch vorwärts kam. Unteranderem froren mir meine Arme, Beine und Zehen ab. Es war echt ne Sche*ßidee ohne Jacke raus zu gehen, doch was sollte ich denn tun, wenn ich meine Neugier nicht zügeln konnte? Langsam wurde ich echt verzweifelt, weil ich mir für den Arsch hier meinen Arsch abfror. "Sangster?", rief ich. In der Zeit, in der wir uns nicht gesehen hatten, hatte ich mir angewöhnt nicht mehr Thomas zu sagen, sondern Sangster. Meine Haare hingen nass an mir herunter und ich sah wohl aus wie ein begossener Pudel. Wenn ich ihn nicht fand, dann musste ich mir die Informationen selber beschaffen. Entschlossen stapfte ich wieder nach drinnen und rannte dann in jemanden hinein. Es war nicht Sangster, sondern Eric. Lachend fing er mich auf und ich grinste ihn etwas verlegen an. "Gehts dir gut?", fragte er besorgt und ich nickte mit gerunzelter Stirn. "Morgen Abend Zeit zum Joggen?", fragte er und ich nickte wieder. Seit wann ging er denn gerne joggen? "Morgen um fünf.", beschloss ich und befreite mich aus seinen Armen. Wir hatten uns zwar lange nicht mehr gesehen, aber ich wollte ihn jetzt nicht in meiner Nähe haben, denn ich spürte einen Blick auf uns. Und als ich mich umdrehte sah ich wer es war. Thomas, verdammt! Sangster sah zu uns herüber und ging dann, als er sah, dass ich ihn gesehen hatte. Er verschwand in einem Seitengang und ich rannte ihm, so schnell es ging, nach. Ich musste wissen, warum er hier war. Er würde es nicht ewig vor mir verschweigen können. Ich sah ihn gerade um eine Ecke biegen und ich hetzte ihm nach. "Hey!", rief ich etwas atemlos, doch er ignorierte mich. "Sangster!", schrie ich, wieder keine Reaktion und ich sprintete. Es hörte sich vielleicht einfach an, aber probiert das mal mit hohen Schuhen aus. Ich hatte ihn gerade eingeholt und an der Jacke gepackt, da knickte ich um und fiel zu Boden. "Was willst du?!", fragte er wütend und sah auf mich runter. "Mit dir reden.", sagte ich etwas atemlos und richtete mich langsam auf. Thomas erwiderte kurzangebunden:"Hab keine Zeit." Und verschwand dann. Verdammt! Hinkend ging ich auf mein Zimmer und warf mich dort ins Bett.

Das Internat (Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt