Kapitel 23

2.4K 132 15
                                    

Wir saßen an dem Tisch und ich starrte zum Fenster raus. Diesem behindertem Arschloch würde ich nie wieder in die Augen sehen. Ich bestellte bei der Bedienung mein Essen, Reis mit irgendner komischen Soße und mein Getränk, dann starrte ich sofort wieder hinaus. "Bella.", flüsterte er, doch ich ignorierte ihn. "Beella!", flüsterte er nun eindringlicher und ich trat ihm gegen sein Schienbein. Er fluchte leise und ich zischte:"Geschieht dir ganz recht!" Verwirrt sah er mich an, ich jedoch wandte meinen Blick schnell ab, nur um seinen braunen Augen nicht zu verfallen. Die anderen am Tisch kriegten von unseren kleinen Kabbeleien nichts, aber wirklich rein garnichts, mit. Meine Mutter war ganz in ein Gespräch mit seiner Mom und seiner Schwester vertieft. Es ging um Klamotten und unsere Väter unterhielten sich über die neusten Autos.

Das Essen schmeckte einfach köstlich und unsere Eltern verstanden sich bestens. "Kann ich ein bisschen raus?", fragte ich und sah meine Eltern bittend an. "Ich hab Kopfschmerzen.", fügte ich hinzu und meine Mom nickte. "Ich komme mit!", sagte Thomas und ergänzte:"Nur zur Sicherheit." Mein Vater nickte und ich unterdrückte ein aufstöhnen. Schlecht gelaunt ging ich nach draußen und er folgte mir. "Lass mich in Ruhe!", knurrte ich angepisst, als er mir seine Hand auf die Schulter legte. Ich ließ meine Jacke hängen und stürmte hinaus. Was bildete er sich nur ein?! "Schatz deine Jacke!", rief mein Vater, doch ich ignorierte ihn. Wieso ließ er einen sich völlig fremden Jungen, seine Tochter begleiten? Der Butler des Hauses hielt mir die Tür auf und ich schritt nach draußen. Der Himmel war dunkel und die Wolken verdeckten sowohl die Sterne, als auch den Mond. Eiskalt blies mir der Wind den Schnee ins Gesicht und ich atmete die kalte Winterluft ein. Als ich ausatmete kam weißer Rauch aus meinem Mund und ich fing an zu zittern. Jemand legte mir einen Mantel um die Schultern und ich drehte mich halb um. Braune Augen trafen auf blau-grüne. Bockig warf ich den Mantel auf die Straße und fragte wütend:"Was ist an verpiss dich, so schwer zu verstehen?! Du bist doch so schlau!" "Ich verstehe was du meinst, aber willst du mir nicht mal dein Verhalten erklären?", fragte er zurück und ging einen Schritt auf mich zu. Er hatte mich vor gerade mal 24 Stunden geküsst und kurze Zeit darauf verletzt. "Wenn du das fragen musst dann kannst du doch nicht so schlau sein, wie immer alle sagen!", sagte ich und wich einen Schritt zurück. Er hob meinen Mantel auf und klopfte den Schnee von ihm ab. Keine Ahnung warum, aber es machte mich wütend. "Hör auf so nett zu sein!", blaffte ich ihn an und entriss ihm den Mantel. "Bella.", versuchte er es nochmal, mit ruhigem und sanftem Ton, doch ich sprang nicht darauf an. Stattdessen sagte ich:"Hör auf mich so zu nennen!" Verwirrt sah er mir in die Augen, wahrscheinlich weil er mich sonst immer so genannt hatte. "So dürfen nur meine Freunde mich nennen! Und DU!", ich tippte auf seine Brust. "Bist nicht länger mein Freund!" Es tat mir weh, das zu sagen, doch wer mich verarschte war nicht mehr mein Freund. Seine Augen sahen verletzt zu mir runter und ich erwiderte seinen Blick kalt. "Wenn du dich irgendwann mal wieder gefangen hast, kannst du mir deine Launen ja erklären.", sagte er leise und drehte sich um. Mit hochgezogenen Schultern machte er sich auf den Weg nach drinnen und ich stand draußen. Ich hatte ihm unsere Fakefreundschaft gekündigt... Aber wer konnte mir das schon übel nehmen? Galant zog ich mir meine Jacke an und kramte nach meinem Handy. In meinen Kontakten suchte ich nach Jessi und rief sie an. Ich brauchte dringend jemandem zum reden und sie eignete sich am besten dafür. "Helleo.", hörte ich ihre fröhliche Stimme und musste lächeln. Sogar in dieser Situation konnte sie mir ein lächeln entlocken. Ich erzählte ihr jedes Detail und sie meinte, dass sie genauso gehandelt hätte und meine Reaktion völlig angebracht fand. Es tat gut, zu hören, dass jemand meiner Meinung war, denn innerlich führte ich einen Kampf mit mir selbst.

"Da bist du ja.", sagte mein Vater erleichtert und rückte mir meinen Stuhl zurecht. "Danke.", flüsterte ich und ließ mich sinken. Betrübt starrte ich auf meinen Nachtisch und erntete von allen einen besorgten Blick, bis auf Thomas. Der stocherte lustlos in seiner Nachspeise herum und seine Schwester stieß ihn an, worauf er verwirrt auf blickte und seine Schwester zischte:"Das Essen hat dir nichts getan! Und wenn du keinen Hunger mehr hast, dann gibs mir!" Sein Blick glitt zu seinem zerstörten dritten Gang und er schob ihn seiner kleinen Schwester hin. "Ja, früher war Thomas sehr rebellisch.", lachte seine Mutter und ich horchten auf. Was unser kleiner Perfektling war mal so wie ich? Das konnte ich ja gar nicht glauben. Fragend warf ich ihm einen Blick zu, den er nur mit einem Schulternzucken ab tat. Ihm war es also egal, was ich von ihm hörte. Gut, mir nämlich auch. Trotzdem wurmte es mich, dass er mir das nicht erzählt hatte. Wieder ein Beweis, dass alles nur gestellt war. Sie unterhielten sich weiter, doch ich ignorierte jeden Versuch eines Gesprächs.

"Vielen Dank, für diesen tollen Abend. Das nächste mal können wir euch ja einladen.", schlug meine Mutter vor. Ach, jetzt waren wir schon per du. Genervt rollte ich mit den Augen und handelte mir einen Stoß in die Rippen ein. Wütend schaute ich zu meinem Vater und er warf mir einen strengen Blick zu. "Mom können wir nach Hause?", fragte Thomas genervt und sah sie abwartend an. "Thomas!", sagte sein Vater empört und nickte uns zu. "Wir gehen dann mal. Gute Nacht.", auch der Rest der Familie verabschiedete sich von uns und sie fuhren weg. Wir machten uns ebenfalls auf den Heimweg und ich schaute zum Fenster hinaus. Jetzt fielen mir die Zeichnungen von ihm ein. Die musste ich schleunigst verbrennen oder so. Der Typ war keins meiner Blätter wert.

Zuhause zog ich mir meine Joggingshose und mein Top an, dann kramte ich die Zeichnungen hervor. Sogar jetzt verzauberten mich seine Augen noch irgendwie. Ich saß am Boden und sah mir die Zeichnungen genau an. Hier und da fand ich noch kleine Makel, doch ansonsten fand ich es perfekt. "Schatz?", fragt meine Mom und klopfte gleichzeitig an die Tür. "Hm?", machte ich und versuchte die Zeichnungen schnell zu verstecken, doch sie sah, was ich tun wollte und schnappte sich die beiden Blätter. "Das ist doch Thomas!", lachte sie. Keine Ahnung, ob sie es gewusst oder einfach seinen Namen auf dem Blatt gelesen hatte. "Wieso hast du ihn denn gezeichnet?", fragte sie neugierig und zog eine Augenbraue hoch. Aber nicht spöttisch sondern eher frech. "Wir waren mal Freunde.", murmelte ich und setzte mich auf mein Bett. "Waren?", sie setzt sich zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Ja... für ein paar Minuten vielleicht sogar mehr.", flüsterte ich schon fast und sie sah mich total erstaunt an. "Sag mir jedes Detail!", forderte sie und ich begann zu erzählen. Vom ersten Tag, bis zu unserer Streiterei draußen, vor dem Restaurant heute Abend. Am Schluss war ich den Tränen wieder nahe und ich musste mich echt zusammen reißen nicht schon wieder los zu heulen. "Bist du verliebt?", fragte sie mich sanft und ich nickte etwas zögerlich. Ja wahrscheinlich war ich verliebt. "Aber was wenn du da was falsch verstanden hast?", wollte sie wissen und ich schüttelte den Kopf. Mom zog mich an sich und ich schlang meine Arme um sie. So nahe waren wir uns schon seit Jahren nicht mehr und ich atmete ihren vertrauten Geruch ein. "Das wird wieder.", sagte sie und löste sich von mir. "Jetzt geh schlafen.", riet sie mir noch und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Wieso nahm mich unser Gespräch grade so mit?

Das Internat (Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt