Lexi ließ auch die nächsten Tage nicht locker, dass ich mich mit meinen Eltern aussprechen sollte. Ich sagte ihr zwar immer wieder, dass sie es gut sein lassen sollte, aber sie tat es nicht.
Ein paar Tage später fragte sie mich morgens beim Frühstück - ich hatte bei ihr geschlafen - wieder ob ich mich nicht mit meinen Eltern aussprechen wolle.
Ich verdrehte die Augen „irgendwann vielleicht"
„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen", maßregelte sie mich.
„Seit wann so frech?", ich küsste sie unter ihrem Ohr „Willst du etwa bestraft werden?"
Sie keuchte erschrocken.
„Ich will garnicht wissen, was er gesagt hat", Ivy verdrehte die Augen.
„Ich kann auch mitkommen wenn du willst", bot sie an „Dann musst du nicht allein mit den reden"
„Du hattest erstmal vor nicht mitzukommen?", meine Stimme klang genauso überrascht wie ich war. Alleine würde ich das definitiv nicht machen.
„Ich wusste nicht ob du das willst", sie zuckte mit den Schultern.
„Natürlich!"
„Ok, dann komm ich mit. Aber wirklich nur, wenn du tatsächlich mit ihnen redest!"
Es gefiel mir nicht, dass sie sich so sehr in eine ziemlich private Sache von mir einmischte. Sie war zwar meine Freundin und ich liebte sie, aber es war meine Entscheidung, wann ich was mit meinen Eltern klären wollte.
Ich sprach sie jetzt aber auch nicht darauf an, dass ich das nicht wollte, denn auf Streit mit ihr konnte ich sehr gut verzichten.
„Ist Ja gut", ich verdrehte die Augen. Es würde eh nichts bringen, dass ich mit meinen Eltern sprach. Am Ende würden wir uns nur wieder anschreien und dann nicht mehr miteinander reden.
*
Bei mir zu Hause angekommen musste ich erst tief durchatmen. Ihre Schuhe standen im Flur, was bedeutet, dass sie da waren.
„Sie sind nicht da", ich ging Richtung Treppe und zog Lexi mit. Gerade dann kam Tati aus dem Wohnzimmer.
„Mom und Dad planen gerade das Abendessen. Esst ihr mit?", sie lächelte ihr Zahnlücken Lächeln.
„Du hast gelogen", Lexi schlug mir auf den Arm.
Ich brummte nur. Eigentlich liebte ich meine Schwester ja, aber das gerade war sehr unpassend.
Wir gingen ins Wohnzimmer. Meine Eltern schauten gerade Fernsehen und redeten leise miteinander.
„Hi Ryder, Wie war dein Tag?", Mom lächelte mich glücklich an, als sie uns sah.
„Lexi will, dass ich mit euch rede", meine Stimme klang genauso genervt wie ich war.
Lexi und ich setzten uns auf Sofa.
„Über was?", mein Vater schaltete den Fernseher aus und sah mich ruhig an.
„Azriel und Naomi", ihre Gesichter wurden traurig als ich ihre Namen erwähnte.
„Ryder-", fing Mom an.
„Nein! Ihr werdet nichts runterspielen! Azriel ist tot und das ist eure Schuld!", rief ich wütend.
„Das ist doch nur ein Hirngespinst von dir", schimpfte mein Vater „ihr wurdet von einem anderen Autofahrer angefahren uns das hat ihn umgebracht!"
„Nein, das wart ihr!", schrie ich „Ohne euch wären wir früher losgefahren!"
„Du weißt nicht was passiert ist", seufzte Mom. Tränen standen in ihren Augen.
„Natürlich weiß ich das! Ihr habt mit Az über irgendwas gestritten, weil ihr nichts anderes könnt außer zu meckern! Dann sind wir losgefahren um von euch wegzukommen!", der einzige Grund weswegen ich nicht komplett ausrastete war Lexis Hand, die auf meinem Oberschenkel lag, am liebsten würde ich nämlich die ganze Wohnung auseinander nehmen.
„Hat er dir das so erzählt?", die Stimme meiner Mutter blieb sanft.
„Nein natürlich nicht! Er wollte später mit mir über den Streit reden", aber das konnte er nie. „Ich will von euch aber auch keine Ausreden! Ihr wolltet ihm nicht helfen! Genauso wenig wie ihr Naomi jetzt helfen wollt! Ich habe doch gehört wie er euch gebeten hat ihn zu verstehen und zu helfen!"
„Das ist nicht wahr!", die Stimme meines Vaters war wütend.
„Natürlich!", rief ich wieder laut. Ich lass mich doch nicht für dumm verkaufen.
„Naomi möchte keine Hilfe Ryder", Mom's Stimme blieb noch immer sanft und das machte mich noch wütender
„Welcher Drogenabhängige will auch Hilfe? Sie will einfach nur nicht mit einem klaren Kopf in eure Gesichter blicken müssen, weil ihr unseren Bruder umgebracht habt!", ich schrie so laut, dass meine Stimme brach.
Mom sah seufzend zu Dad, der nickte und sagte dann mit Tränen in den Augen: „Und den Vater ihres Kindes"
„Was?", alles in mir wurde still. Es sind nur Az und ich gestorben.
„Azriel und Naomi hatten eine Beziehung", erklärte Mom „Sie haben ein Kind erwartet und als er uns das gesagt hat, haben wir gesagt, dass wir ihn nicht unterstützen. Da hast du recht. Aber das war unsere erste Reaktion. Am Ende hätten wir sie doch unterstützt"
Ich lehnte mich geschockt zurück. Fuck was?
„Mein Bruder und meine Schwester hatten eine Beziehung", wiederholte ich langsam. Mom und Dad nickten. Lexi neben mir war genauso erstarrt. „Sie haben ein Kind erwartet", wieder ein Nicken meiner Eltern „Und das hat sie wahrscheinlich verloren, als sie zwei Wochen später wegen einer Überdosis im Krankenhaus lag", meine Eltern nickten und meine Mom schluchzte auf. „Mein Bruder und meine Schwester haben Inzucht betrieben", wiederholte ich nochmal. Fuck.„Nicht ganz", Mum knetete ihre Finger „Azriel war nicht unser leiblicher Sohn"
Tränen stiegen in meine Augen. „Azriel war nicht mein Bruder?"
„Doch, das war er!", widersprach Mum sofort „Er war dein Bruder, aber nicht unser leiblicher Sohn. Wir haben ihn trotzdem als Sohn gesehen"
„Aber wenn wir schonmal darüber reden", fuhr Dad fort und unterbrach uns somit „Wir möchten Azriel's Sachen ausmisten. Einige vielleicht verkaufen oder verschenken"
„N scheiß", nun wurde ich doch wieder wütend. „Nein. Das sind seine Sachen und sie bleiben seine Sachen"
„Ryder", wieder ein trauriger Seufzer von Mom „Du musst damit abschließen. Es ist schon drei Jahre her und wir wollen auch abschließen"
„Wollt ihr mich verarschen? Wollt ihr mich gerade ernsthaft veraschen! Nur weil ihr ihn einfach so vergessen könnt, weil ich ja noch zwei andere Söhne habt, heißt es nicht, dass ich es auch kann!"
„Ryder!", jetzt hob Dad seine Stimme „Wir haben genug von deinen Vorwürfen! Du bist nicht der einzige der Trauer verdammt! Wir müssen auch noch lernen damit klarzukommen. Das ist ein wichtiger Schritt! Deine Mutter", er deutete auf sie „kann an manchen Tagen nicht an seinem alten Zimmer vorbeigehen oder in den Keller, in dem einige seiner Sachen stehen! Wir müssen abschließen! Er ist tot und kommt nicht zurück!"
„Also wollt ihr ihn einfach aus unseren Köpfen streichen? Einfach so wegwischen?", ich konnte meine Tränen nicht mehr verstecken. „Als wäre er nie da gewesen?"
„Nein Ryder! Nicht wegwischen!", mein Vater war wütend „mit der Sache abschließen"
„Ihr könnt mich doch alle mal", ich stand einfach auf und ging. Ignorierte die Rufe nach mir. Wenn ich länger bleiben würde, würde jemand verletzt werden.
„Komm in den Park ich brauch Ablenkung"
Das Gespräch war wahrscheinlich die schlimmste Idee, die je jemals hatte- abgesehen von dem Autofahrer, der betrunken gefahren ist
Deswegen wollte ich jetzt einfach abgelenkt werden.
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Loving the blind girl
Teen Fiction„Wer blind ist, sieht mit dem Herzen" Ryder Mason James. Ein Mitglied einer bekannten, nicht sehr angesehenen Gruppe Jugendlicher. Jeder weiß, dass dieser Name, vor allem in Verbindung mit denen seiner Freunde, Probleme bedeutet. Sein Leben ist g...