„Du bist wach", stellte er leise fest und fuhr sich mit der Hand über die schlaftrunkenen Augen.
„Ja", Annas Mund war immer noch trocken.
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Stille breitete sich aus und Anna blickte ihn in dem dämmrigen Licht an. Sorge und Bestürzung zeichneten sich in Felix Zügen ab, aber auch etwas anderes, das sie nicht deuten konnte. Eine Art Entschlossenheit? Sie legte ihre kalte Hand auf seinen Unterarm und konnte sehen, wie er bei der Berührung kurz die Augen schloss.
„Es tut mir so leid", murmelte er und konnte ihrem Blick nicht standhalten.
„Hast du die ganze Zeit hier gewartet?", fragte Anna gerührt.
„Ich... deine Eltern waren hier. Aber du warst um halb zwei immer noch nicht wach, und deine Mutter ist irgendwann einfach auf dem Stuhl da eingeschlafen und dann sind sie wieder nach Hause gefahren, ich sollte sie direkt anrufen, wenn..."
„Wie spät ist es eigentlich?"
Felix blickte kurz auf die Uhr. „Fünf Uhr, also morgens. Du warst die ganze Zeit am Schlafen. Sie haben gesagt, dass das bei Kopfverletzungen schon mal sein kann, aber...", er atmete tief durch, „es tut mir so leid. Ich hab dich einfach nicht gesehen."
„Du musstest die Gelegenheit nutzen... wolltest mich doch nur wiedersehen", witzelte sie und hustete dann. Sie hatte so einen Durst. Felix Mundwinkel zuckten, doch er konnte nicht wirklich darüber lachen.
„Willst du was trinken?", fragte er führsorglich und nahm die Flasche Wasser von einem Tisch in der Nähe, um ihr etwas einzuschütten. Er reichte ihr vorsichtig das Glas Wasser und schaute sie dann wieder so komisch an.
„Danke", jetzt, wo sie einen Schluck getrunken hatte, fühlte sich ihr Mund auch wieder normal an.
„Es tut mir so leid", wiederholte Felix, er vergrub das Gesicht in den Händen. Anna irritierte dieses Bereuen, diese Scham, sie kannte ihn so noch gar nicht. „Ich dachte wirklich, du...", setzte Felix an, schluckte. „Ich hatte eine scheiß Angst."
„Ich bin doch hier", beruhigte sie ihn, „und du hast mich ja nicht absichtlich umgefahren. Dann wäre ich sicher ein bisschen sauer."
Wieder ging er nicht auf ihren Witz ein, sondern schluckte wieder hart. Felix schüttelte den Kopf, sah weg, sah sie wieder an.
„Und dann noch dieser bescheuerte Streit... ich..."
Abwartend blickte Anna ihn an. Vielleicht würde er ihr endlich sagen, was vor dieser Kneipe vorgefallen war. Vielleicht würde er ihr erklären, warum er sich so benommen hatte. Vielleicht... Sie schaute Felix an, wie er da saß und nicht wusste, was er sagen sollte. So unsicher kannte sie ihn nicht. Irgendwie fand sie ihn niedlich, wie er herumdruckste. Eine abstruse Lust, zu lachen, befiel sie, zusammen mit einem Funken wirklich ernstzunehmender Hoffnung, dass sie es vielleicht wieder versuchen würden.
„Hör zu", er atmete tief und ernst durch und schien sich zu wappnen.
„Ich höre zu", grinste sie.
„Hör auf, zu grinsen, ich bin hier kurz vor einem lebensverändernden Schritt", seine Mundwinkel zuckten.
„Bin schon ruhig", Anna wurde wieder ernst.
„Ich... diese Sache in der Kneipe. Ich bin ein... weiß auch nicht. Ich fand mich besoffen halt einfach mal wieder zu geil und hab dann mit diesen Schlampen geredet und... mir von der einen die Nummer geben lassen. Aber ich hab sie sofort wieder gelöscht und... das war einfach eine beschissene Aktion", er kratzte sich am Arm.
„Das war's?", fragte Anna verblüfft.
„Wie, das war's?", fragte er verwirrt.
„Na, ich meine, das ist alles? Deswegen der ganze Aufstand? Klar, ich hätte das sicher nicht toll gefunden, aber... mein Gott, wir sind doch keine sechzehn mehr. Ich habe mir die ganze Zeit ausgemalt, wie du die blonde Tussi an der Kneipenwand vögelst", sie schüttelte den Kopf.
Er lächelte halb. „Ne, das jetzt nicht."
„Aber warum hast du mich dann rausgeschmissen?"
Beschämt richtete er den Blick auf die Bettdecke. „Ich glaube, ich hatte einfach Angst, dass das wieder ausartet. Dass ich irgendwie...Dass ick mir irgendeine Story überlege und..."
Annas fragender Blick begegnete seinem.
„Ich bin nicht stolz drauf, okay? Ich hab meine Exfreundin richtig verarscht, aber so richtig. Deswegen auch das Tattoo. 4 : 44 eben nicht nur wegen Neukölln, sondern wegen dem Lied von Jay-Z."
Anna kannte das Lied und versuchte, sich den Songtext in Erinnerung zu rufen. Überlegte einen Moment und schluckte dann.
„Okay, scheiße."
„Ja, ziemliche Scheiße", stimmte er ihr zu, „und ich kann auch verstehen, wenn du jetzt sagst, dass dir das zu krass ist, also..."
Anna blickte ihn an, wie er da saß. Dreckverschmiert, im Shirt, mit Gänsehaut. Wie er sie anblickte, so flehend, so gar nicht selbstbewusst. Die ganze Nacht hatte er sich hier um die Ohren gehauen. Und wie durch einen bescheuerten Wink des Schicksals hatte er ausgerechnet sie umgefahren, von den Millionen Menschen in Berlin, die es hätte treffen können. Sie lächelte, dann zog sie Felix zu sich und drückte ihre Lippen auf seine.
Sanft küssten sie sich, vorsichtig, dann immer fordernder. Anna fuhr mit den Händen durch seine Haare, über seinen Nacken und zog ihn näher an sich. Sie hatte ihn so vermisst, seinen Geruch, das Gefühl seiner Hände auf ihrer Haut. Ein reißender Schmerz an ihrer Hand ließ sie zusammenzucken.
„Was ist passiert?"
„Nichts, ich hätte mir nur fast die Nadel aus der Hand gerissen."
Natürlich hörte er trotzdem auf, sie zu küssen und Anna ärgerte sich, dass sie etwas gesagt hatte. Blöde Nadel. Vorsichtig nahm Felix ihre Hand zwischen seine und untersuchte die Einstichstelle, streichelte sanft über ihre Finger. Das Gefühl jagte wie ein Blitz durch ihre Adern.
„Sieht aus, als wäre noch alles dran", er lächelte. Dann küsste er sie wieder, diesmal ganz vorsichtig.
„Wo wolltest du eigentlich hin, als du mich umgefahren hast?", fragte sie, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten.
„Zu Papa", Felix schloss die Augen, „wie du da lagst, ich... es tut mir so leid."
„Ist schon gut. Wenigstens bist du jetzt wieder da."
„Meinst du, das war es wert?", fragte er skeptisch und Anna zuckte lächelnd mit den Schultern.
„Au", wimmerte sie, als ein stechender Schmerz vom Nacken in ihren Kopf fuhr.
„Vielleicht müssen wir mal nach einer Krankenschwester klingeln", fiel Felix plötzlich ein und er drückte ohne Abzuwarten den roten Knopf neben Annas Bett.
Ein paar Minuten später ging das Licht im Zimmer an und Anna musste die blauen Punkte, die vor ihrem Auge erschienen, wegblinzeln. Felix wirkte in diesem grellen Neonlicht noch blasser als zuvor.
Eine junge Krankenschwester mit rötlichen Haaren und großen, blauen Augen kam in den Raum und schien einen Moment verwirrt, Felix zu sehen. Sie warf ihm einen Blick zu und errötete vom Hals bis zum Haaransatz. Anna verdrehte die Augen, aber er beachtete das Mädchen gar nicht. Noch immer musterte er ihr Gesicht mit diesem komischen Ausdruck in den Augen.
Die Schwester besann sich wohl plötzlich wieder ihrer Rolle. „Sie sind wach, das ist gut", stellte sie fest, „ich hole eben den Arzt, Dr. Olbrich hat heute Nachtdienst, der kann ihnen mehr sagen, Brauchen Sie noch irgendwas gegen die Schmerzen?"
„Ich habe furchtbare Kopfschmerzen", gab Anna zu.
„Ich gebe dem Doktor bescheid", sie lächelte Felix, der immer noch Anna anstarrte, an und verließ den Raum.
„Oh Mann, die stand voll auf d...", setzte Anna an.
„Ich glaube, ich liebe dich", sagte er plötzlich.
„Was?", fragte Anna gerade, als der Arzt hereinkam.
„Guten Tag, ich bin Dr. Olbrich. Und Sie sind Anna Meißner?"
„Ja, genau", sie beobachtete den jungen Mann, der ein Klemmbrett in seiner Hand studierte und es fiel ihr schwer, sich auf ihn zu konzentrieren. Felix' Satz kreiste weiter in ihrem Kopf und sie fragte sich, ob sie richtig verstanden hatte oder doch härter aufgeschlagen war, als gedacht.
„Sie hatten Glück im Unglück. Ein paar Prellungen, vor allem die Rippen und das linke Bein sind ziemlich mitgenommen. Das wird ordentlich blau. Außerdem haben sie eine leichte Gehirnerschütterung und die Platzwunde an der Schläfe haben wir genäht", er schaute sie an, „wir behalten Sie noch ein paar Tage zur Beobachtung hier, aber ansonsten fehlt ihnen nichts. Das Arschloch, das sie umgefahren hat, muss gerade noch rechtzeitig gebremst haben. Hier sind ein paar Schmerzmittel, bitte nicht mehr als vier Tabletten am Tag nehmen und immer nur einzeln. Morgen im Verlauf des Tages kommt meine Kollegin und sieht nochmal nach Ihnen."
Er nickte Felix knapp zu und verließ dann den Raum.
„Was hast du da gerade gesagt?", wisperte Anna, als der Mann die Tür geschlossen hatte und Felix sich auf den Weg machte, um das Licht wieder auszuknipsen. Er kehrte zurück und legte sich wieder halb auf ihr Bett, das Gesicht ihr zugewandt.
„Ich liebe dich", wiederholte er schlicht und lächelte dann wie ein kleiner Junge.
„Meinst du das ernst?"
„Ja. Sonst würde ich's nicht sagen. Ich habe gerade nochmal daran gedacht, wie du... wie du da lagst und dann...", er beendete den Satz nicht. Anna starrte ihn immer noch an.
„Schon gut, du brauchst da nichts drauf antworten. Es reicht ja schon einmal, dass ich das weiß", sagte er müde und schloss die Augen, „wollen wir noch ein bisschen schlafen?"
Anna nickte und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Er hatte die Augen wieder geschlossen, während sie noch eine der Schmerztabletten nahm. Im Dunkeln beobachtete sie Felix dann noch eine Weile und musste lächeln, weil er mit geschlossenen Augen so friedlich aussah, so verletzlich. Sie beugte sich zu ihm vor, so weit, wie der Tropf es erlaubte.
„Ich liebe dich auch", wisperte sie an sein Ohr und meinte, ihn in der Dunkelheit lächeln zu sehen.
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Weiber, oder? Gemischtes Hack - Felix Lobrecht x OC
Fanfiction„Ziemlich teuer hier", bemerkte Tommi, der durch das viele Treppensteigen ein wenig außer Atem zu sein schien. „Ja, mein... Freund hat sie gemietet..." „Achso", Tommi schwieg, „kannst du ihn nicht anrufen wegen des Schlüssels?", fragte er dann. Sie...