„Mädchen, was machst du denn?!", ihr Vater platzte in den Raum und ruckartig sprang Felix, mit dem sie eben noch einträchtig im Bett gelegen und YouTube-Videos geschaut hatte, auf.
„Hallo Papa", lächelte Anna, spürte aber die plötzliche Kälte neben sich nur allzu deutlich. Felix fuhr sich mit der Hand nervös über den Nacken und gab Bernard Meißner dann die Hand. Dieser schenkte ihm nur einen kurzen Blick und kam dann direkt zum Bett seiner Tocher. Anna sah, wie ihre Mutter durch die Tür trat, in der Hand ein Tablett mit Kaffee.
„Hallo Mama", sie lächelte.
„Dass du den Kerl, der dich angefahren, hier och noch bei dir sitzen lässt", Bernard schüttelte den Kopf, „aber du hattest ja immer schon ein Herz für Idioten", ein Grinsen huschte über das Gesicht ihres Vaters, während er zu Felix schaute, aber Anna sah auch, dass er sauer war.
„Ick hab Kaffee mitgebracht", ihre Mama drückte Felix einen in die Hand, „Sie sehen so aus, als könnten sie einen gebrauchen", ihr Blick war eher mitleidig. Felix fehlten offenbar die Worte. Anna wurde schlagartig klar, dass er ihre Eltern gestern Abend informiert haben musste. Und dass er sie wohl auch heute Morgen angerufen hatte, als sie nochmal eingeschlafen war. Ein warmes Gefühl machte sich in ihr breit und sie tastete nach seiner Hand.
„Vielleicht ist das ein guter Moment, um euch meinen Freund vorzustellen. Ähm, das ist Felix."
Drei ungläubige Blicke streiften sie und Anna musste ein bisschen lachen. Ihr Vater verschluckte sich an seinem Kaffee, während ihre Mama nur wissend lächelte.
„Ich hab mir schon sowas gedacht, als er uns heute Morgen wieder angerufen hat. Dit is jetzt ja nüscht die Regel, dass der Unfallverursacher die ganze Nacht bei dem Opfer im Zimmer bleibt, wa? Hat es dir die Sprache verschlagen, Bernard?", sie grinste ihren Mann an.
„Ne. Also ja. Hallo, ich bin Bernard", stellte er sich nochmal bei Felix vor, „ick meen, dit weeßte ja eigentlich schon. Tut mir leid, dass ich dich gestern angeschrien hab."
„Felix. Dit Anschreien war schon in Ordnung.Tut mir leid, das alles. Ich hab nicht aufgepasst."
Bernard nickte und wollte gerade noch etwas sagen, als laute Stimmen auf dem Flur ertönten.
„Vielleicht schläft sie noch, Papa, du kannst da jetzt nicht einfach so reinrennen!", das war Julian.
„Ich muss jetzt gucken, dass es ihr gut geht, wenn dein Bruder schon so eine Scheiße baut!"
Anna schaute zu Felix, der sich fassungslos mit der Hand an die Stirn fasste und musste lachen. Ihre Mutter beobachtete die beiden amüsiert.
Die Tür flog auf und Frank stand im Raum, hinter ihm Julian, der zwischen seinem Vater und dem Türrahmen hindurchlugte und sich offensichtlich das Grinsen verkniff.
„Anna, geht es dir gut?", Frank kam, jede Förmlichkeit vergessend, zu ihrem Bett gelaufen und starrte sie an. Felix würdigte er keines Blickes.
„Wie man's nimmt", antwortete Bernard Meißner und reichte Frank die Hand.
„Bernard", brummte der Busfahrer mit dem braunen Bart und dem dicken Bauch. Er war ungefähr so groß wie Frank.
„Frank Lobrecht. Tut mir wirklich leid für den da", er nickte zu seinem Sohn, der sich in diesem Moment wieder in seine Schulzeit versetzt fühlen musste. „Ich weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll."
„Es ist doch nichts passiert... und Felix tut es doch selber Leid. Habt ihr noch nie gepennt beim Autofahren?", versuchte Anna, Felix Vater zu beschwichtigen. Der gab seinem Sohn einen halbernsten Nackenklatscher, lachte aber nicht. Julians Blick war währenddessen auf ihre verschränkten Hände gefallen.
„Seid ihr wieder zusammen?", fragte er laut.
„Ja, und brüll hier nicht so rum, sie hat eine Gehirnerschütterung", antwortete Felix.
„Wie, zusammen? Mädchen, bist du sicher, dass dein Kopf doch keene Schäden hat?", fragte Frank und lächelte Anna lieb an. Sie schüttelte vorsichtig den Kopf, gleichzeitig mit ihrem Vater.
„Wollen wir nicht mal in der Cafeteria gucken und die jungen Leute ein bisschen in Ruhe lassen?", fragte Annas Mama in mildem Ton und lächelte die beiden Männer an. „Bis auf den Unfall hat sich Ihr Sohn rührend um meine Tochter gekümmert. Alles haben Sie wohl nicht verkehrt gemacht", besänftigte sie Frank, der skeptisch zu Felix sah.
„Mit dem Autofahren war bei ihm immer schon so eine Sache", gab er an Annas Mutter gewandt zu, die die beiden Männer dann langsam aus dem Raum komplimentierte und ihrer Tochter verschwörerisch zublinzelte. Erleichtert atmete Anna auf, als die drei den Raum verlassen hatten.
„Nicht son guter Start beim neuen Schwiegervater", kommentierte Julian trocken und Anna musste lachen.
„Ach, halt die Fresse, Julian", Felix nahm einen Schluck Wasser, „ich hab ja auch echt Scheiße gebaut, er hat jedes Recht, sauer zu sein."
„Der beruhigt sich schon wieder", sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, „er kann mir ohnehin nichts abschlagen, deswegen wird er dich wohl in sein Herz schließen müssen."
„Urgh, seid ihr kitschig."
„Dann hau doch ab, Julian", Felix legte sich wieder zu Anna aufs Bett und bedachte seinen Bruder mit einem genervten Blick.
„Nö, eigentlich gefällt es mir hier. Isst du den Pudding noch?", Julian nickte zu dem Vanillepudding, den sie als Nachtisch zu dem Mittagessen, das Anna kaum angerührt hatte, gebracht hatten.
„Ne, nimm ruhig."
Felix schüttelte den Kopf, als Julian sich über den Pudding hermachte, aber Anna musste nur lachen. Es tat so gut, die beiden wieder um sich zu haben. Zu lachen, sich zu freuen. Sie wollte Felix Hand nicht loslassen, auch nicht, als ihre Eltern wieder ins Zimmer kamen. Frank und Bernard unterhielten sich gerade über den Berliner Verkehr und waren sich in irgendetwas sehr einig, zumindest lachte Bernard sehr laut, als Felix' Vater irgendetwas sagte.
„Ick hab übrigens Becci angerufen, die hat alles nächste Woche abgesagt", Julian erhob sich.
„Gut", antwortete Felix schlicht.
„Julian, komm, ick muss jetzt dit Heikchen abholen. Wir sprechen uns noch", drohend blickte Frank zu Felix, der das Gesicht verzog. „Gute Besserung, Anna. Vielleicht kannst du ja, wenn du hier raus bist, wirklich mal zum Bolo-Essen kommen", er grinste sie an.
„Auf jeden Fall."
Julian gab seinem Bruder einen Klaps auf den Rücken, nickte Anna und ihren Eltern zu und verschwand dann. Ihre Mutter setzte sich auf die Bettkante, Bernard zog sich einen weiteren Stuhl heran. Nach einem skeptischen Blick zu Felix und ihren verschränkten Händen schüttelte er wieder den Kopf.
„Wie habt ihr euch denn eigentlich kennengelernt?", fragte Annas Mama und lächelte.
Anna grinste. „Na ja, Felix wohnt bei Sven im Haus."
„Dit war och een Lackaffe, jut, das de den los bist", Bernard nickte beim Gedanken an ihren Exfreund und lächelte Felix zum ersten Mal an.
Am späten Nachmittag machten sich ihre Eltern endlich auf den Weg und Felix war ein bisschen erleichtert, dass der Vater ihn nachher noch kurz in den Arm geschlossen hatte. Vielleicht hatte er doch nicht alles falsch gemacht, zumindest hatte er die beiden ein paar Mal zum Lachen gebracht, vielleicht würden sie ihm ja verzeihen, dass er fast ihre Tochter totgefahren hätte. Wenn er sich das selber jemals verzeihen konnte.
Er betrachtete Anna, die schon wieder kurz vorm Eindämmern war und spürte eine Ruhe in sich, die er bisher noch nicht kannte. Sie wusste nun alles von ihm, sie kannte seine Macken. Und sie nahm es anscheinend einfach hin, sie hatte ihm einfach gesagt, dass sie ihn liebte. Auch wenn sie gedachte hatte, dass er schon schlief. Vorsichtig strich er ihr durch die Haare und versuchte, sich möglichst nicht zu bewegen, auch, wenn sein Arm langsam einschlief. Bei ihrem Anblick, wie sie da lag, die porzellanweiße Haut, die dunklen Haare, die Lider geschlossen, durchfuhr ihn der Gedanke, dass das jetzt so bleiben würde. Dass sie irgendwie alles hinbekommen würden, mit Annas unaufgeregter, aber unerschrockener, selbstbewusster Art. Dass sie es auf jeden Fall wert war, einen weiteren Versuch zu starten. Und dass er damit leben konnte, dass er sich für sie verletzlich gemacht hatte. Anna atmete leise und regelmäßig. Irgendwann musste er auch eingeschlafen sein.
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Weiber, oder? Gemischtes Hack - Felix Lobrecht x OC
Fanfiction„Ziemlich teuer hier", bemerkte Tommi, der durch das viele Treppensteigen ein wenig außer Atem zu sein schien. „Ja, mein... Freund hat sie gemietet..." „Achso", Tommi schwieg, „kannst du ihn nicht anrufen wegen des Schlüssels?", fragte er dann. Sie...