Yes, I do

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Nachdem theVoice seit zwei Monaten vorbei ist (Mael und Jonas haben leider nicht gewonnen), hat sich relativ schnell der Alltag wieder eingestellt. Naja, fast. Nicos Album kam heraus und weil er ein paar Songs über mich geschrieben hat, bekomme ich immer wieder Anfragen zu Interviews. 90% davon sage ich ab, ohne genaueres zu lesen. Immerhin ist es Nicos Album und damit auch zu 100% sein Erfolg und Verdienst. Er sollte bald von der Aufzeichnung eines Interviews (dem ich abgesagt hatte) zurückkommen, weshalb ich einen prüfenden Blick in den Ofen werfe. Die Lasagne ist in ca. 10 min fertig. Heute essen wir bei mir - meist wechseln wir uns ab, denn eine unserer Wohnungen wäre aufgrund des hohen Bedarfs an Arbeitsplatz zu klein für uns beide. Auch, wenn ich sagen muss, dass wir keinen Tag, an dem wir beide in Berlin waren, getrennt voneinander geschlafen haben. Eine gemeinsame Wohnung oder ein Haus wäre sicher nicht schlecht, aber bisher sind wir mit der Übergangslösung zufrieden. Zu unserem Glück sind wir direkte Nachbarn.
Ich habe mich gerade umgezogen, damit ich Nico nicht stinkend empfangen muss, als ich die Haustüre höre.Der Mann hat aber auch ein perfektes Timing.
"Hey", gehe ich ihm entgegen. Er legt einen Order auf die Kommode und gibt mir einen kurzen Kuss.
"Hey, mi corazon.", ein zusätzlicher Kuss auf die Stirn, dann lässt er mich los, weil die Küchenuhr piept.
"Rieche ich Lasagne?", ruft er mir hinterher, was mich zum Grinsen bringt.
Seine Nase ist kaum zu täuschen, wenn es ums Essen geht. Während er Hände waschen geht, verteile ich zwei Portionen der Lasagne auf Teller und stelle sie zu Besteck und Getränken auf den Esstisch. Mir entgeht nicht, dass Nico den Ordner mit an den Esstisch genommen hat. Beim Essen klären wir keine Dinge, die mit der Arbeit zu tun haben, aber vorerst sage ich nichts -immerhin weiß ich nicht, was in dem Ordner ist und ob er ihn nicht nur für später dort abgelegt hat. Nach dem Essen räumen wir wie immer gemeinsam die Küche auf, aber bevor wir uns der Abendplanung widmen können hält Nico mich auf. Er malträtiert seine Unterlippe mit den Zähnen und die Falte auf seiner Stirn ist nicht zu übersehen.
"Hast du einen Moment?", fragt er. Ich weiß nicht, was er erwartet hat, aber das "Natürlich" scheint ihm einen Teil seiner Ruhe zurückzugeben. Wir setzen uns an den Esstisch und er hält den Ordner fest umklammert. Was auch immer der Grund für seine plötzlich auftretende Nervosität ist, ich bin mir sicher er steht dort drin.
"Also, wir haben ja schon ein paar Mal darüber gesprochen zusammenzuziehen und, dass wir dann mehr Platz brauchen. Und....", er verliert für einen Moment den Faden, doch ich unterbreche ihn nicht, sondern nicke ihm bestätigend zu. "Und wir haben auch darüber gesprochen, dass wir, weil es mit eigenen Kindern schlecht aussieht, ein Kinderheim oder eine Jugend-WG zu gründen." Wieder nicke ich. Das Thema hatten wir kurz vor den Battles bei theVoice das erste Mal und seitdem haben wir immer mal wieder darüber gesprochen. In welche Richtungen es gehen könnte und welche Möglichkeiten wir ohne pädagogische Ausbildung haben, aber noch keine Details für die Umsetzung.
"Also, ich hab mich ein wenig beraten lassen. Und mir alles aufgeschrieben und Flyer und so mitgenommen, wenn es was gab und mich auch nach Räumlichkeiten umgeschaut und... Ich hoffe, es ist okay?" unterbricht er sich selbst. Ich lächle und nehme seine Hand, die nervös an dem Order rumhantiert.

"Ich freue mich, ehrlich!", sage ich und greife nach dem Ordner. Gleich am Anfang ist ein Überblickszettel in Nicos Handschrift, den ich zuerst lese. Dann arbeite ich mich nach und nach vor, immer wieder beeindruckt von der Ordnung und Sorgfalt mit der Nico die Notizen gemacht hat. Er beobachtet mich, sagt aber nichts und lässt mich in Ruhe alle Optionen ansehen. Als ich bei der letzten angekommen bin, breitet sich ein Lächeln im meinem Gesicht aus.
"Das hier, das ist es."
Ein Blick in Nicos Augen und ich weiß, dass er es wusste. Aber er hat mir trotzdem alle Optionen gezeigt, damit wir gemeinsam entscheiden können. Er steht auf, geht um den Tisch zu mir herüber und nimmt die Seiten aus dem Ordner. Mit erhobener Augenbraue sehe ich ihn dabei zu. Als er dann auch noch vor mir auf die Knie geht, möchte ich ihn zurechtweisen, doch er schüttelt den Kopf und schaut mich ernst an. Ich bleibe stumm.
"Lilly. Ich weiß, das geht alles ein wenig schnell. Aber bisher ging alles an unserer Beziehung sehr langsam und wir kennen und lieben uns schon viel länger als die Beziehung ausdrückt. Möchtest du mir also die Ehre erweisen und mit mir einen alten Bauernhof kaufen. Damit wir ihn umbauen, selbst drin leben und Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen ein Zuhause bieten können."
Ich lache: "Verdammt, warum machst du das so förmlich?"
Mir gefällt der Gedanke gut - wirklich gut. Auf einem alten Bauernhof ist genug Platz für uns beide. Zusätzlich können wir Wohnungen ausbauen, in denen Jugendliche, die während ihrer Ausbildung nicht bei ihren Eltern wohnen können, gemeinsam leben können. Wie eine riesige Familie, in der aber trotzdem jeder seinen Rückzugsort hat.
"Du musst schon antworten, mi corazon.", reißt mich Nico aus meinen Gedanken. Stimmt, er kann meine Gedanken nicht lesen.
"Ja, verdammt", sage ich also, "Ja, ich will."

I'll be your wings to fly Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt