Ein Date?!

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Der Nachmittag war noch richtig anstrengend. TheVoice hatte auf einige Interviews bestanden. Tosi und ich gemeinsam, nur Tosi, nur ich, Nico und ich gemeinsam, sogar Mark musste wegen meinem Teamwechsel in ein Extrainterview. Hätte ich gewusst, welch extremen Rattenschwanz diese Aktion hinter sich herzieht, hätte ich... Ich hätte es trotzdem genauso wieder gemacht. Erst nach zehn abends ist der Drehtag zu Ende und wir können alle zurück ins Hotel. Nico hat mich und alle anderen gebeten, einen kurzen Moment in der Hotellobby zu warten, bevor wir ins Bett gehen.

"Hey Leute, ich weiß, es ist spät. Ich will euch nur kurz den Ablauf für die nächsten Tage erklären, dann könnt ihr alle in euren wohlverdienten Feierabend verschwinden. Erstmal natürlich Glückwunsch, dass ihr es bis hierher geschafft habt. Jeder einzelne von euch hat das mehr als verdient." Neben mir schnaubt ein Mädchen und flüstert dem Jungen neben ihr ein leises "Ja ne, is klar" zu. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass sie dabei mehr als offensichtlich zu mir rüber schaut. Ich weiß genau, was sie denkt. Und es ist in Ordnung. Früher oder später werden diejenigen, die an der Wahrheit interessiert sind, diese erkennen und die Meinung der anderen interessiert mich nicht.

Schnell fokussiere ich mich wieder auf Nicos Worte: "Ich hab für morgen ab drei eine kleine Bar gemietet, da können wir uns alle ein wenig besser kennenlernen, gemeinsam etwas essen, trinken und natürlich singen. Da erkläre ich euch dann auch den genauen Terminplan für die nächsten Wochen. Es wird natürlich für jeden einzelnen Vocalcoachings geben, ich sage euch, wie die nächste Runde abläuft und ihr werdet den zweiten Coach auch schon kennenlernen. Gute Nacht und bis morgen!"

Aufgeregtes Getuschel beginnt, sobald er fertig ist. Aber die meisten machen sich auch gleich auf den Weg in ihre Zimmer, sodass ziemlich schnell nur noch Nico und ich in der Lobby stehen. Nachdenklich blicke ich den anderen hinterher. Hoffentlich denken nicht alle so wie das Mädchen vorher, sonst wird das keine schöne Zeit für mich. Eigentlich bin ich mehr als nur hundemüde, aber das Bedürfnis, noch ein paar Worte mit Nico zu wechseln, hält mich noch hier.
"Alles okay?", ich erschrecke, als ich Nicos Stimme plötzlich direkt neben mir höre. Meine linke Hand fährt unwillkürlich zu meiner Brust und ich taste nach dem Anhänger meiner Kette.
"Klar, ich bin nur ziemlich müde.", wie zur Bestätigung muss ich genau jetzt gähnen. Na super. Nico lacht nur, nimmt meine Hand, die immer noch mit der Kette spielt und zieht mich in Richtung Aufzug. Die unerwartete Nähe bringt mein Herz zum Rasen und macht mich etwas wacher. Das Lächeln in meinem Gesicht, als ich auf unsere Hände schaue, ist wahrscheinlich nur als verliebt zu beschreiben, aber ich kann nicht damit aufhören. Nico spielt unterdessen mit meinen Fingern und beobachtet mich einen Moment lang, dann legt er den Kopf in den Nacken, beißt sich auf die Lippen und atmet langsam aus. Warum ist er denn jetzt noch nervös?

"Was ist los Nico? Du hast absolut keinen Grund mehr, vor Nervosität so rumzuzappeln", ich gähne und lehne meine Stirn an seine Schulter. Ich spüre wie seine Schulter bebt, als er lacht und schaue ihn fragend an.

"Weißt du... Ich möchte alles richtig machen mit dir. Ich will, dass du weißt, dass du alles für mich bist. Und ich will, dass das zwischen uns gleichzeitig so normal wie möglich und so außergewöhnlich wie möglich ist... Ich will, dass es perfekt ist."

"Scheiß auf perfekt, Nico. Es gibt so etwas wie 'die perfekte Beziehung' nicht. Es muss nur echt sein, wir müssen wir selbst sein, dann ist es perfekt. Für uns - und das ist alles was zählt."

Wie um meine Worte zu unterstreichen kommt genau jetzt der Aufzug und die Türen öffnen sich mit einem leisen Pling. Wir steigen ein und lächeln uns an.

Dann ergreift Nico wieder das Wort: "Ich möchte es trotzdem richtig machen. Ich will mit dir all diesen Quatsch erleben, über den Geschichten geschrieben werden. Ich...", ein entsetzter Ausdruck huscht über sein Gesicht, bevor er weiterspricht, "Wir hatten noch nicht einmal ein Date, mi corazon."

Ich muss grinsen. Er macht sich so unglaublich viele Gedanken und hat so viel Angst, irgendetwas falsch zu machen, dass er völlig übersieht, dass er bereits alles richtig macht.

" Ein Date?! Nico, wir haben schon so viel miteinander unternommen. Wir waren gemeinsam Essen, Picknicken, im Kino und und und. Meinst du nicht, das zählt schon?"

"Nein, das war alles freundschaftlich.", er überlegt kurz, holt dann tief Luft und schaut mir in die Augen, "Lillian, möchtest du mit mir ausgehen?" Die Ernsthaftigkeit und Intensität seines Blicks rauben mir den Atem. längst sind wir auf dem richtigen Stockwerk angekommen und stehen nun vor dem Aufzug auf dem Flur. Aber das ist egal. Alles, was ich wahrnehme, ist der Mann vor mir, der mich -mal wieder- umhaut. Ich liebe ihn dafür, dass er sich solche Gedanken macht und die Dinge dann auch umsetzt. Ich liebe ihn für diese Spontanität und seinen Perfektionismus.

Noch während ich an all die Dinge denke, die ich an ihm liebe, höre ich mich selbst "Natürlich gehe ich mit dir aus" sagen. Wie könnte ich auch nicht mit ihm ausgehen.

"Freitagabend? Bis dahin sind noch drei Tage. Ich überlege mir etwas Schönes und sag dir dann, was du anziehen sollst." Und noch ein Punkt auf der Liste mit Gründen, warum ich ihn liebe: Er kennt mich. Er weiß, dass -egal wie gelassen ich gerade auch wirken mag- spätestens kurz vor dem Date die große Panik ausbricht. Und ich bin ihm unendlich dankbar dafür, dass er mir zumindest einen Auslöser der Panik so beiläufig nimmt.

"Ich freu mich schon.", strahle ich ihn an und schlinge meine Arme um ihn. Mit einem geflüsterten "Ich mich auch" erwidert er meine Umarmung und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

"Gute Nacht, mi corazon."

I'll be your wings to fly Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt