10. Mai 2011

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Tsukishima POV

Zwar mag Bokuto ein komischer Kautz sein, doch ich find es bewundernswert wie sehr er es zu lieben schien und dabei seine Bestimmung im Leben gefunden zu haben. Irgendwo beneide ich ihn vielleicht auch ein wenig, denn er scheint so viel mehr zu besitzen, wie ich. Er wirkt nicht einsam, hat eine Leidenschaft und ganz bestimmt hat er auch Träume und Wünsche für die Zukunft.

Doch ich befinde mich irgendwo im Nirgendwo, sitze genervt auf einer Bank vor der Unterkunft unserer Zimmer und schaue in den Wolken bedeckten Himmel. Ob es wohl regnen würde?

Gerade haben wir noch ein wenig Freizeit, die meisten der anderen Spieler sind noch in der Mensa und frühstücken, doch ich habe heute keinen Hunger, weshalb ich mich nach einer Weile nach draußen verzogen habe, und Musik höre, so wie immer. Jedoch scheint es mich heute nicht so zu entspannen, wie es sonst immer der Fall war. Über die Worte von dem Grauhaarigen habe ich die ganze Nacht nachgedacht, doch ich bin zu keinem Entschluss gekommen, ob ich seinen Grund auch auf mich übertragen konnte.

Für mich war das alles hier nur ein Zeitvertreib, eine Möglichkeit meiner über fürsorglichen Mutter zu entkommen und einfach mal eine Weile normal zu wirken. Sofern ich denn normal bin, denn ich habe das Gefühl das viele mich immer falsch verstehen, was auch daran liegen kann, weil ich sie alle von mir fernhalte. Es war leichter allein zu sein, als Menschen um sich zu haben, welche einem bemitleideten und bisher war es immer so gewesen. Statt mir ihr Mitgefühl zu schenken, hätte diese einfach mal versuchen können mit mir im hier und jetzt zu leben und meine damalige Krankheit zu ignorieren, dies ich auch ein Grund, wieso ich Yamaguchi oft meide. Er ist bestimmt kein verkehrter Mensch, aber es nervt mich, dass er mich immer so hinstellt, als läge ich immer noch im Krankenhaus und könnte jeden Moment sterben.

Für einen gesunden Menschen ist es schwer zu verstehen, wie man sich fühlt, wenn man krank war. Die Tatsache, dass man einmal dem Tod gewichen war, bedeutet nicht, dass man diesem auf ewig trotzen kann. Auch ich hatte lange Angst gehabt, der Krebs könnte wieder kommen. Ganz klar ist es ein Irrglaube zu sagen man würde es akzeptieren, nein man lernt nur damit zu leben, weil es einen sonst zerfressen würde.

Meiner Mutter hatte es damals den Boden unter den Füßen weggerissen, immerhin war ich noch zu klein gewesen, um genau zu verstehen, was mit mir passierte und warum ich nicht mehr raus durfte und mit den anderen Kindern spielen konnte. Ein Elternteil durchlebt in dem Moment, wo es die Diagnose bekommt die Hölle, es fühlte sich von der ganzen Welt verraten und stellte sich bestimmt immer wieder die eine Frage: wieso mein Kind? Auch wenn es nicht gerecht ist, dass man es anderen Kindern wünschte, man wollte es aber noch weniger bei seinem eigenen Leib und Blut.

Wenn das Kind vor einem selbst sterben könnte, muss wahrscheinlich mit der Schlimmste sein, was die Grausamkeit der Welt für uns bereithalten konnte.

Jahre später hatte ich immer noch die Angst, dass es wieder passieren könnte, doch nun... nun habe ich keine Angst mehr zu sterben.

Das mein Vater uns dann auch noch verlassen hatte, war der Tropfen auf dem heißen Stein gewesen, aber ich denke, es ist seine Art damit klarzukommen und er weiß ja, dass es mir gut geht. Dieses Wissen scheint ihm zu genügen.

Die Ärzte damals hatten meinen Eltern gesagt, dass es ja immer noch Wunder geben würde und wahrscheinlich hatte ich mich so sehr an diesem Leben festgekrallt, dass ich genau dieses Wunder erschaffen habe. Das Wunder leben zu dürfen!

Während ich versuche, sorglos in die Zukunft zu streiten, blieb meine Mutter in der Vergangenheit stehen und stellte sich nie der Angst, sie ließ sich von dieser gefangen und in Besitz nehmen. Sie ist eine gute Mutter, auch wenn sie mich manchmal nervt, aber abends, wenn sie denkt, dass ich schlafe, dann höre ich sie oft weinen. Dabei gibt es doch keinen Grund dazu. Sah sie es denn nicht, dass ich gesund und munter bin, oder war die Sorge so groß mich verlieren zu können und dieses Mal vielleicht für immer?

Der Mond, die Offenbarung & das SterbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt