"Welches Jahr haben wir denn?"

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"Was ist mit dir?", schrie er ihr hinter her und rannte ebenfalls ins Bad, aus dem die Würgereize kamen. Als er im Bad ankam schaltete er schnell das Licht ein um etwas sehen zu können. Seine Verlobte hing schlapp über der Kloschüssel und übergab sich fürchterlich. "Natsuki.", hauchte er und eilte zu ihr hin, um ihr die blonden Haare hoch zu halten. Als er gerade nach ihnen griff spürte er wie etwas von ihrem Erbrochenen auf seiner Hand landete. "Es tut mir so leid.", wimmerte sie zwischen ihrem Würgen. Doch es ekelte ihn überhaupt nicht. Stattdessen sammelte er alle ihrer welligen Haare auf und hielt sie in ihrem Nacken zusammen, während er mit der anderen Hand beruhigend über ihren Rücken fuhr. "Alle gut Nani.", flüsterte er, "Mach dir keine Sorgen, lass einfach alles raus." Sie hatte schon öfter ab und zu mit Übelkeit in der Schwangerschaft zu kämpfen, doch das sie mitten in der Nacht davon wach wurde war neu. Das es sich dabei aber nicht um das ganz normale Erbrechen bei einer Schwangerschaft handelte wurde ihm allerdings schlagartig klar, als seine Augen seine Hand streiften. Sofort geriet sein Atem ins Stocken. "Natsuki, ich-", presste er hervor. Auf seiner Hand schmierte dunkelrotes Blut, das absolut nicht gesund aussah. "Irgendwas stimmt nicht mit mir.", brachte sie zwischen ihren schmerzerfüllten Hustern hervor. Das war genau sein Gedankengang gewesen. Etwas war hier falsch. Besorgt lehnte er sich etwas vor, um einen kurzen Blick in die Toilette zu erhaschen. Die ganze Schüssel war voller Blut. Schwarzes Blut und seltsame Blutklumpen. So etwas hatte er noch nie gesehen. 

Langsam verstummte ihr Würgen und ihr Kopf kippte erschöpft nach vorne. Mit einem geschickten Handgriff hatte er sie von der Klobrille weggezogen, setzte sich auf den kalten Boden aus Fließen und schloss sie schützend in seine Arme. Natsuki fing unaufhörlich an zu zittern und ihr ganzer Körper verkrampfte sich bis auf den Anschlag. "Ist ja gut, Prinzessin.", schluchzte er und Tränen brannten in seinen Augen. Was hat sie sich nur zugezogen? "Es wird alles wieder gut.", schniefte er und presste sie nah an sich ran. Dann floss ihm auch schon eine Träne über seine Wange und fiel nieder auf ihre blasse Haut. "Hast du gehört Natsuki? Bald geht es dir wieder gut.", versprach er ihr und noch weitere Tränen rannen über sein Gesicht. Vor zwei Tagen war sie doch noch so putzmunter und jetzt hatte sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt. Hat das etwas mit dem Kind zu tun? Würden die beiden wieder gesund werden? Alles in ihm zog sich zusammen bei dem Gedanken daran sie zu verlieren. Das durfte einfach unter keinen Umständen passieren. 

Es war noch stockdunkel draußen als er mit ihr im Arm die Wohnung verließ. Er hatte sie in eine Wolldecke gepackt und rannte jetzt mit ihr durch die Nacht. Länger hätte er einfach nicht warten können. Er musste einfach wissen was mit ihr und dem Kind ist. Irgendjemand wird ihm im Krankenhaus schon helfen! Deswegen lief er so schnell wie in seine Beine trugen. Keine Sekunde dürfte verschwendet werden. Es kam ihm fast so vor, als würde er um ihr Leben rennen wie er so geschwind durch die kalte Dunkelheit lief. Der kühle Wind der wehte trieb ihm noch mehr Tränen in die Augen, die schier endlos über seine Backen kullerten. Aber was sollte er auch dagegen tuen? Natsuki war krank und er wusste nicht was sie hatte, was ihm Angst bereitete. Große Angst. Der Ninja hatte sich schon tapfer den schwierigsten Missionen angenommen und schlimme Dinge gesehen, die überhaupt nicht für das menschliche Auge bestimmt waren. Doch das übertraf alles. In ihm wucherte die blanke Panik und Furcht vernebelte seinen Verstand. Furcht davor, das sie etwas gefährliches haben könnte, etwas das ihr langzeitig schaden könnte, oder sie gar umbringt. Nein, nein. Diesen Gedanken muss er von sich abschütteln. Seine Liebe zu ihr würde sie beschützen, würde sie stützen und sie am leben halten. So wie ihre Liebe es mit ihm tat. Ohne sie würde er einfach nicht mehr auf dieser Welt sein wollen. Und was würde er überhaupt ihren Eltern sagen? Die vertrauten ihm Natsuki doch an! "Kakashi, hör auf schon wieder so viel nachzudenken und dir die grausamsten Dinge auszumalen.", wisperte die dünne Stimme und eine eiskalte Hand legte sich an seine Wange und wischte ihm die Tränen weg. "Natsuki ich hab-", setzte er an und sie beendete den Satz führ ihn: "Angst. Ja, ich weiß, die hab ich auch." Wenigsten war sie wieder wach. Bis eben war sie bewusstlos gewesen und hatte auf nichts reagiert. Und sie hatte Recht. Er sollte nicht gleich über reagieren und direkt ihre Beerdigung planen. Noch war sie doch am Leben und es bestand immer noch die Möglichkeit das sie nichts ernstes hat. Aber wenn es um sie geht schlugen bei ihm einfach die Alarmglocken zusammen. Er konnte es nicht haben wenn es ihr schlecht ging und versuchte immer alles, damit sie wieder fröhlich durch ihre Wohnung tanzen würde und sie mit ihrer lieblichen Singstimme freudige Melodien summt. Das brauchte er einfach um glücklich zu sein.

Das helle Krankenhauslicht flackerte wie angestachelt und wieder zogen sich Blitze über sein Blickfeld. Dieses Mal waren es grüne Blitze, die ganz schnell von links nach rechts huschten. Immer und immer wieder. Auch der hohe Ton war wieder da, von dem er immer noch nicht aus machen konnte, woher er kommt. Er schien nahe zu überall gleichzeitig zu ertönen und kam immer näher an sein Ohr. Kakashi meinte die Schwingungen seines Trommelfells regelrecht spüren zu können, welches stark in seinem Gehörgang pulsierte. Das Geräusch wurde noch lauter und jetzt fühlte es sich so an, als würde dieses schrille Schleifen direkt seinem Ohr entspringen. "Herr Hatake?", auf einmal war alles wieder verstummt. Keine Blitze mehr, kein Fiepen. Er starrte noch einen Moment auf die Tür hinter der Natsuki vor einigen Minuten mit ihrem Bett verschwunden war und drehte sich dann gerädert zu der Krankenschwester um. "Herr Hatake?", wiederholte sie sich noch einmal, "Geht es Ihnen nicht gut? So ein plötzlicher Anfall eines geliebten Menschen kann oft eine Art Angstzustand auslösen. Wenn Sie medizinische Betreuung brauchen, sagen Sie es einfach." Medizinische Betreuung? Plötzlicher Anfall? Angstzustand? "Mir geht es gut, danke.", wehrte er schnell ab. Stand da eine Frau vor ihm oder zwei? Er sah zwei, aber sie sehen so gleich aus. "Dann würde ich Sie bitten, das Sie ein Formular für ihre Freundin ausfüllen und sich als Kontaktperson eintragen.", alles kam nur gedämpft bei ihm an, doch er nickte zustimmend und folgte der Frau zur Rezeption. Oder den beiden Frauen. "Sind wir hier in einem Tunnel?", fragte er interessiert nach und sie Krankenschwester drehte sich irritiert zu ihm um. "Nein, wir sind hier ein einem ganz normalen Krankenhausgang.", verneinte sie seine Überlegung, "Wie kommen Sie darauf?" "Ach, nur weil es aussieht wie ein Tunnel. Ich mein außen ist es so dunkel und in der Mitte von dem Weg so hell, das ist doch komisch. Wer baut sowas bitte?", lachte er gespielt. Die schwarzen Wände machten ihm Angst und er fühlte sich, als würden sie immer näher kommen. "Herr Hatake, Sie scheinen mir sehr durcheinander. Hier ist alles hell erleuchtet und nirgendwo ist es dunkel.", klärte sie ihn skeptisch auf und drückte ihm ein Papierbogen und einen Stift in die Hand. Kein Tunnel? Hell erleuchtet? "Füllen Sie einfach Ihren Namen, den Name Ihrer Verlobten, das Datum und den Grund warum sie hier hergekommen sind aus. Mehr ist gar nicht zu tun.", fuhr sie fort und er nickte wieder. Also los. Name: Nani Hatake. Nein Natsuki Setsuka. Nein, er ist doch Kakashi. Also Kakashi Hatake. Patientin: Natsuki Setsuka. Grund: Blut. Viel Blut in der Toilette. Wie war das noch mal genau? Erbrechen. Nein Blut. Erbrochenes Blut in der Toilette. Datum: 26.4. 200. 200. 26.4. 2010. 2009. Oder doch 2011? "Welches Jahr haben wir denn?", gab er auf und ließ den Stift achtlos aus seiner Hand fallen. "2004", beantwortete die Schwester besorgt seine Frage. "Ja richtig.", murmelte er und hielt ihr eine Hand hin: "Ich hab noch gar keinen Stift." Perplex sah ihn die Frau an: "Doch, den habe Sie gerade eben auf den Boden geworfen?" "Also bitte, hören sie mir auf so etwas zu unterstellen!", entgegnete er entrüstet. "Sehen Sie doch selbst, er liegt direkt vor ihren Füßen.", musterte sie ihn intensiv. Auf dem Boden? Vor seinen Füßen? Verwirrt schaute er zu ihnen runter. Er trug ja gar keine Schuhe! "Sie haben recht, ich bin wirklich barfuß.", musste er eingestehen und hielt ihr wieder die Hand vor die Nase: "Aber ich brauch immer noch einen Stift." "Auf dem Boden.", wiederholte sie sich und er schaute sie fragend an: "Was auf dem Boden." "Der Stift, er ist runter gefallen.", erklärte sie geduldig. Ein Stift ist also irgendwo da unten. Er bückte sich und suchte akribisch den Boden vor sich ab. Da meinte er rot von rechts zu hören und tatsächlich. Da lag ein roter Stift. Triumphierend hob er ihn auf und wollte ihn der Frau geben. Es war nur noch eine. "Wo ist denn ihre Kollegin hin?", fragte er beiläufig, während er mit dem Stift vor ihrem Gesicht rumfuchtelte. "Ausfüllen.", erinnerte sie ihn, "Und ich bin schon die ganze Zeit alleine." Ausfüllen, da war ja was. Also wo war er stehen geblieben? Datum. 12.2.2010. Und nur noch die Unterschrift. Doch was war noch mal sein Name? Genervt atmete er aus und schweifte mit dem Blick über das Formular. Dr. Suzuki. Nah geht doch. Schwungvoll setzte er die paar Buchstaben auf das Papier und hielt es dann stolz der Krankenschwester hin. "Ich geh jetzt mal nach meiner Ehefrau sehen!", teilte er ihr mit und versuchte sich aus dem Staub zu machen, doch die Frau hielt ihn am Arm fest. "Sie gehen nirgendwo hin. Ich checke Sie jetzt erst einmal durch Sie sind komplett neben der Spur.", entschied sie. Neben der hellen Spur? Gab es etwas doch einen Tunnel und er stand jetzt im Schatten? 

Kakashi, stirb mit mir.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt