Eine gefühlte Ewigkeit später

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Die folgenden Wochen und Tage waren der Horror. Ich hatte kaum geschlafen, viel geweint und war nur rausgegangen, um zu arbeiten. Ich fühlte mich so leer und ausgelaugt wie noch nie zuvor. Nicht mal der Krieg hatte so an meinen Nerven gezerrt. Ich verfluchte die Entscheidung, die Draco und ich getroffen hatten. Ich verfluchte seine Familie und ich verfluchte es ihn überhaupt jemals kennen gelernt zu haben. Kein Tag war vergangen, an dem ich nicht an ihn gedacht hatte, mich nicht nach seinen Küssen gesehnt hatte und nicht gewünscht hatte, dass er bei mir wäre. Gesehen hatten wir uns seitdem nicht mehr. Auch Ginny, die mittlerweile tatsächlich mit Blaise in einer Beziehung war, hatte mir nichts über Draco sagen können. Alles was sie von Blaise erfahren hatte, war das Draco wieder ganz der alte war. Mürrisch, egoistisch und gemein. Ich vermisste ihn so unmenschlich doll. Meinen Draco, nicht den der er zu sein vorgab. Doch es half nichts, ich musste mich wohl oder übel mit der Situation abfinden. An diesem Montag fiel es mir besonders schwer das Bett zu verlassen. Ich zog mir das erste an, was ich in meinem Kleiderschrank fand und bemühte mich gar nicht meine Haare vernünftig aussehen zu lassen, sondern band sie einfach zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen. Als ich schließlich im Büro ankam, ließ ich mich motivationslos in meinen Schreibtischstuhl fallen. Ich war müde. So verdammt müde. Resigniert starrte ich vor mich hin. Plötzlich vernahm ich das Klicken der Tür und hob meinen Blick. Im Türrahmen stand mein Chef. „Miss Granger, guten Morgen. Ich habe einen Auftrag für sie", begann er und ich lenkte meine gesamte Aufmerksamkeit auf ihn. „Der Zaubereiminister schlug vor, dass sich Mitarbeiter aus verschiedensten Abteilungen besser kennenlernen und in diesem Zuge verschiedene Konzepte in Hinsicht auf die verschiedenen Arbeitsbereiche zusammen überarbeiten sollten", er machte eine kurze Pause. „Nun in ihrem Fall ist es etwas komplizierter. Als ich sie vorschlug, kam die Idee auf, dass sie mit zwei ihnen sehr wohl bekannten Männern in eine Gruppe kommen. Das hat folgenden Grund. Diese beiden Männer liegen seit sie sich kennen miteinander im Klinsch und auch sie sind dabei nicht ganz außenstehend, doch ich hege großes Vertrauen in sie und ihre Fähigkeiten und denke mit ihnen in der Gruppe wird es den beiden möglich sein, auch in Zukunft, gut zusammen zu arbeiten. Ich gehe recht in der Annahme, dass sie wissen von wem ich spreche?", beendete er seinen Vortrag. Mein Mund wurde trocken und meine Kehle schnürte sich zu. Es konnten nur zwei Menschen gemeint sein und ich hatte nicht die geringste Lust einem von beiden unter die Augen zu treten. Nicht so. Ich nickte mechanisch. „Blendend. Mr. Malfoy und Mr. Potter erwarten sie in zehn Minuten im Büro von Mr. Malfoy", flötete mein Chef und war ebenso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war. Wie versteinert saß ich da. Die ganze Welt schien still zu stehen. Doch plötzlich spürte ich eine Energie, die wie aus dem Nichts in meinen Körper strömte. Draco durfte mich keinesfalls so sehen. Ich sprintete zu einem Schrank in meinem Büro, in dem ich schicke Kleidung für unvorhersehbare Situationen versteckt hatte. Dann raste ich weiter in einen Waschraum. Spritzte mir Wasser ins Gesicht und bändigte meine Haare mit einem Zauber. Nachdem ich mich umgezogen hatte, schaute ich mich noch einmal prüfend im Spiegel an. Schon viel besser. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich mich auf der Stelle zum Treffpunkt, also zu Dracos Büro, begeben sollte, um nicht zu spät zu kommen. Ich warf meine restlichen Kleidungsstücke in mein Büro und eilte zu einem der Aufzüge. Meine Absätze klackerten laut auf dem harten Steinboden. Bevor ich in der Nähe von Dracos Büro wieder aus dem Aufzug ausstieg, straffte ich noch einmal meine Schultern und wischte meine verschwitzten Hände an meinem Bleistiftrock ab. Dann ging ich so elegant wie ich konnte auf den Raum zu. Die Tür war offen und ich konnte schon aus einiger Entfernung hören, dass Harry und Draco lautstark miteinander diskutierten. Einen Moment lang blieb ich im Türrahmen stehen. Harry bemerkte mich zuerst. „Hermine, schön dass du da bist", er sprang aus seinem Sessel auf und zog mich in eine stürmische Umarmung. „Granger", presste Draco heraus, als Harry sich wieder von mir gelöst hatte. Oh wow, der hatte gesessen. Wir taten also so, als wäre nie etwas gewesen. „Malfoy, es ist auch schön dich zu sehen", meine Stimme klang kühl und fest, doch innerlich kämpfte ich mit den Tränen. Ich setzte mich in einen freien Sessel. „Schön, jetzt wo wir uns hier alle versammelt haben, können wir ja starten", säuselte Draco herablassend. „Hailey", rief er laut und eine junge und sehr hübsche Assistentin betrat den Raum. „Ja Mr. Malfoy", quiekte sie, als freue sie sich auf seinen Auftrag. „Kaffee", war alles was Draco sagte, doch sie verstand sofort und stürmte wieder aus dem Raum. „Sind ganze Sätze zu viel verlangt?", fragte ich sarkastisch. Draco warf mir einen seltsamen Blick zu, antwortete dann aber: „Es ist ihr Job mir jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, also ja". Jeden Wunsch? Wirklich jeden? In meinen Gedanken sah ich Bilder, die ich niemals hatte sehen wollen. Draco und Hailey, die genau die Dinge taten, die Draco und ich getan hatten. Prüfend sah ich ihn an, doch ich konnte auf seinem Gesicht nichts lesen. „Was genau ist unsere Aufgabe?", mischte sich nun Harry in das Gespräch ein. Draco verdrehte die Augen, doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich dazwischen: „Das primäre Ziel, dieses Treffens ist, dass ihr beide es schafft zusammen zu arbeiten. Getarnt wird dieses Ziel von der Aufgabe ein Konzept zu überarbeiten. Welches Konzept wurde mir nicht eröffnet". Erneut rollte Draco mit den Augen. „Ein bisschen Vorbereitung hätte euch auch nicht weh getan", sagte er abfällig und ließ ein Blatt Papier von seinem Schreibtisch heranschweben. Am liebsten hätte ich ihn angebrüllt und ihm erklärt, dass ich vor wenigen Minuten erst davon erfahren hatte und das ich sowieso nur der Babysitter sei, doch ich hielt an mich. Diesen aufgeblasenen Arsch würde es sowieso nicht interessieren. In diesem Moment betrat Hailey wieder den Raum. Sie trug ein Tablett, auf dem drei Tassen und eine Kanne mit Kaffee standen, daneben noch ein Kännchen mit Milch und ein Behälter mit Zucker. Sie beugte sich zu dem kleinen Tisch in der Mitte hinunter, um das Tablett abzustellen, dabei stellte sie sich so hin, dass Draco beste Sicht auf ihr tiefes Dekolletee hatte. Das war mit Sicherheit Absicht und Draco schien es zu gefallen, denn er starrte ungeniert genau dorthin. Ich hätte mich am liebsten übergeben. Hailey ließ sich Zeit. Während sie uns Kaffee einschenkte, blieb sie weiterhin gebückt an dem Tischchen stehen. Abartig. Als sie fertig war erhob sie sich und sah Draco an, dieser nickte mit dem Kopf in Richtung des Nebenraums und Hailey verschwand wieder. Ich war so wütend. Und eifersüchtig. Wieso konnte ich nicht diese Hailey sein? Jeden Tag in Dracos Nähe... Nein, ich wollte nicht in der Nähe von diesem Draco sein. Harry, der von dem ganzen offensichtlich nichts mitbekommen hatte, schaufelte gerade löffelweise Zucker in seinen Kaffee. Entgeistert beobachteten Draco und ich ihn dabei. „Harry!", fuhr ich ihn an, als er zum fünften Löffel ansetzte. Er hob den Kopf und fragte verwirrt: „Was denn, so wirkt der schneller". Ich schüttelte angeekelt den Kopf, sagte aber nichts mehr. Ich griff nach dem kleinen Kännchen mit Milch und goss einen Schluck in meinen Kaffee. Draco trank seinen Kaffee schwarz. Nach Stunden von ewigen Diskussionen und vielen beschwichtigenden Worten meinerseits hatten wir beschlossen erstmal eine Pause einzulegen. Harry war sofort davon gestürmt. Ich saß noch in meinem Sessel und starrte auf das Blatt in meiner Hand, dass voll mit Notizen war. Wie sollte man das bloß alles unter einen Hut kriegen. Draco war im Nebenraum verschwunden. Von dort war das Kichern von Hailey zu vernehmen. Ich wollte gar nicht wissen was die beiden wohl da drinnen machten. Ich schloss die Augen. Reiß dich zusammen Hermine. Du bist eine starke Frau und du wirst ganz sicher nicht wegen so eines Idioten traurig sein. Ich versuchte mich weiter auf den Zettel zu konzentrieren, doch das gelang mir nur mäßig gut. Draco trat wieder in den Raum. Ich musterte ihn argwöhnisch. Er sah noch immer perfekt gestylt aus. Nichts deutete auf einen Quickie im Nachbarraum hin. Aber ein Blowjob wäre bestimmt drin gewesen, oder? „Ist was?", fragte Draco kühl, als ich nicht aufhörte ihn anzustarren. „Nein, nichts. Ich habe nur einen Moment an deiner Professionalität gezweifelt", antwortete ich ihm mit einer hochgezogenen Braue. „So? Glücklicherweise ist das ganz allein meine Sache. Was ich mit meiner Assistentin anstelle und was nicht hat dich erst dann zu interessieren, wenn sie sich in einen Kobold verwandelt", antwortete er herablassend. Ich schnappte nach Luft. Plötzlich öffnete sich die Tür des Nebenraums erneut und Hailey kam mit offener Bluse und zerzausten Haaren hinaus. „Mr. Malfoy, ich...", sie stockte als sie mich sah. „Oh, tut mir leid", presste sie dann heraus und verschwand wieder. Da war sie meine Bestätigung. Wow. Das war an Rücksichtslosigkeit fast nicht zu übertreffen. Mit leerem Blick schaute ich auf die Tür, durch die Hailey wieder verschwunden war. Meine Lippen waren fest aufeinandergepresst und ich kämpfte mit den Tränen. Auf keinen Fall würde ich jetzt Schwäche zeigen. Draco räusperte sich und wischte sich mit der Handfläche über das Gesicht. „Wie auch immer, jetzt weißt du ja was du wissen wolltest", ächzte er sichtlich genervt. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Wie konnte er schon wieder mit anderen Frauen zusammen sein? Ich meine mal ganz im Ernst, ließ ihn die Sache völlig kalt? Er hatte doch auch Tränen vergossen. Wieso tat er so, als sei nichts gewesen? Ich befreite mich aus meinem Gedankenchaos. Wie hieß es so schön? Gleiches mit gleichem bekämpfen. Ganz genau das würde ich tun. Ich stand auf. „Ich gehe mich kurz frisch machen", erklärte ich sachlich und verließ den Raum ohne ein weiteres Wort. Ich huschte in den Waschraum und richtete meine Haare ein weiteres Mal an diesem Tag. Dann zupfte ich etwas an meiner Bluse herum und öffnete den obersten Knopf. Jetzt war der Ausschnitt ganz schön tief, viel zu tief für meine Verhältnisse, doch das musste heute einfach so sein. Ich verließ den Waschraum wieder. Der Zufall spielte mir in die Karten, ich traf Harry noch vor Dracos Büro. Ich atmete einmal tief durch und hielt ihn dann am Arm fest. „Harry, kannst du mir einen Gefallen tun?", fragte ich, obwohl ich die Antwort längst kannte. Er nickte. „Gut, spiel einfach mit", erklärte ich ihm. Er schaute mich verständnislos an, nickte dann aber erneut. Ich hakte mich bei ihm ein und gemeinsam gingen wird zurück in Dracos Büro. Ich strahlte so übertrieben wie es ging, als wir eintraten und lehnte meinen Kopf gegen Harrys Arm. Erst als wir uns wieder setzten ließ ich von ihm ab. Dann beugte ich mich zu seinem Sessel rüber und offenbarte ihm so einen hervorragenden Blick in meinen Ausschnitt. Harry sah zwar völlig überfordert aus, guckte aber hin, genauso wie ich mir das erhofft hatte. Draco saß uns gegenüber und beobachtete das ganze aufmerksam. „Ich freue mich sehr auf heute Abend, Harry", säuselte ich ihm zu. Er schien kurz zu überlegen und antwortete dann: „Ähm, ja ich auch, ich hoffe du wirst dich gut mit Simon verstehen". Äh, das war nicht das was ich mir gewünscht hatte, aber fast schon noch besser. Draco hätte uns niemals abgekauft, dass wir ein Date haben würden, aber dass Harry mich mit jemandem verkuppeln wollte war nicht auszuschließen. „Er wirkte wirklich nett eben", stieg ich also auf Harrys Geschichte mit ein. „Ist er. Und sportlich, sehr sportlich hast du gesehen", Harry schien nicht besonders kreativ zu sein. „Natürlich wie hätte mir das entgehen können", kicherte ich. Draco räusperte sich. „Könntet ihr euch vielleicht wieder der Sache widmen, statt hier herum zu flirten?", presste er hervor. Auf seinem Gesicht lag ein wütender Ausdruck. Scheinbar hatte ich ins Schwarze getroffen. Ich richtete mich in meinem Sessel wieder auf und beugte mich vor zu dem kleinen Tischchen, auf welches ich meinen Zettel abgelegt hatte. Nun konnte Draco tief in meinen Ausschnitt sehen, was er natürlich prompt tat. Ich sah, wie er seine Hände zu Fäusten ballte und sie wieder entspannte. Es ließ ihn also keineswegs kalt, was hier vor sich ging. Er überspielte es nur besser. Zufrieden mit mir und meiner Leistung griff ich nach meinen Notizen und lehnte mich in meinem Sessel wieder zurück.Es waren wieder einige Stunden der Diskussion vergangen. Wir hatten beschlossen für heute Feierabend zu machen. Fertig waren wir allerdings nicht, daher beschlossen wir gleich morgen weiterzumachen. Wie immer war Harry der erste der aus dem Raum stürzte. Ich suchte in Ruhe meine Sachen zusammen und erhob mich dann um zu gehen. Die ganze Zeit über beobachtete Draco mich dabei. Doch als ich gehen wollte, hielt er mich zurück. „Wer ist Simon?", fragte er kühl. Triumphierend drehte ich mich wieder zu ihm um. „Hmm, lass mich überlegen. Ich würde sagen, dass hat dich erst etwas anzugehen, wenn Simon ein Zaubertrank ist, oder?", ich grinste ihn an. Er kniff seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Granger", knurrte er und kam gefährlich auf mich zu. „Wir sehen uns morgen, Malfoy", seinen Namen betonte ich ganz besonders. „Ich muss mich jetzt schick machen für Simon", setzte ich dem ganzen noch eine Krone auf. Hinter mir hörte ich ihn schnauben. Ich verließ den Raum und schloss die Tür hinter mir. Ich hörte, wie er gegen etwas trat oder schlug, das konnte ich nicht klar sagen. Ich hoffte nur er würde seine Laune jetzt nicht an Hailey auslassen.


-Irgendwie schreibe ich im Moment so viel, dass ich gar nicht abwarten kann, dass wieder Sonntag ist... In diesem Sinne, hier noch ein Kapitel für euch. Ich hoffe es gefällt euch! <3

Die Nacht - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt